Film Daten

Titel:
Baise-moi - Fick mich!
Originaltitel:
Baise-moi
Land & Jahr:
Frankreich 2000
Laufzeit ca.: ?
77 Min.
Regie:
Virginie Despentes
Coralie Trinh Thi
Darsteller:
Karen Lancaume
Raffaela Anderson
Céline Beugnot
Adama Niane
Christophe Claudy Landry
Tewfik Saad
Delphine MacCarty
Ouassini Embarek
Patrick Kodjo Topou
Lisa Marshall
Hacène Beddrouh
Patrick Eudeline
Ian Scott
Philippe Houillez
Steven Jhonsson
Alternativtitel:
Rape me
Weitere Infos:
IMDB  OFDB

Baise-moi - Fick mich!

(Ein Kurzreview von Carsten Henkelmann)

Nadine (Karen Bach) lebt mit einer Freundin in einer WG und verdient ihr Geld als private Nutte. Ihr bester und eigentlich auch einziger Freund ist Francis (Patrick Eudeline), ein Junkie. Ihre Freundin, mit der sie sich in letzter Zeit eigentlich nur noch streitet, kann ihn überhaupt nicht leiden und zieht nur über ihn her. Nadine, die von ihrer Freundin mittlerweile die Schnauze voll hat, bringt sie um. Francis bittet sie darum, für ihn wichtige Papiere zu einer Freundin zu bringen. Als er das Haus verläßt um etwas einzukaufen, wird er auf offener Straße erschossen.

Manu (Raffaela Anderson), ein Mädchen von der Straße, das keine wirkliche Perspektive in ihrem Leben sieht, wird zusammen mit einer Freundin von drei Kerlen entführt und brutal vergewaltigt. Im Gegensatz zu ihrer Freundin ist ihr das aber egal, so abgestumpft ist sie mittlerweile vom Leben. Ein Barkeeper, die einzige Person, die sich ein bißchen um sie kümmert, will sie rächen, aber stattdessen erschießt sie ihn.

Nadine und Manu treffen sich zufällig und Manu bietet ihr ein Auto an, unter der Bedingung, daß sie mitgenommen wird. Unterwegs zieht sie den Revolver des Barkeepers, aber Nadine beeindruckt das herzlich wenig. Mit der Zeit freunden sie sich an und starten mit Sex und Gewalt einen brutalen Feldzug gegen die Männerwelt...

Baise-moi war bei seiner Premiere in Frankreich ein großer Skandal. Schon die literarische Vorlage (von der Regisseurin Virginia Despentes selbst geschrieben) sorgte für viel Wirbel im Lande. Schon kurze Zeit nachdem der Film in die Kinos kam, wurde er auf staatliche Anordnung hin wieder aus dem Programm genommen, was ihn plötzlich von einem Film frei ab 16 zu einem Film der Kategorie X - Porno - machte. Sowas hatte es seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben!

Das muß natürlich seinen Grund haben. Ich bekam vom Film vorher nur soviel mit, das es sich um eine heftigere Variante von Thelma and Louise handeln würde, sprich vermischt mit einer guten Spur Natural Born Killers. So dachte ich und wanderte recht unbefangen ins Kino (wobei ich es mir noch gerade verkneifen konnte, der Dame an der Kasse "1x Fick mich" zu sagen, sondern besann mich noch rechtzeitig auf den Originaltitel...). Thelma und Louise paßt vom Grundthema her schon, aber Natural Born Killers würde ich durch Caligula (Sex) und dem japanischen Film Kichiku (Gewalt) ersetzen. Schon in den ersten 10 Minuten wird man mit der heftigsten Vergewaltigungsszene konfrontiert, die mir bislang in einem Film begegnet ist (Irreversible war da noch nicht raus). Dagegen können selbst Extremfilme wie The Last House on the Left oder Ich spuck auf dein Grab nicht mithalten. Der Sex ist sehr direkt, dreckig und in keinster Weise erotisch. Hardcore-Szenen sind wie selbstverständlich drin, was dem Film bei konservativen Kritikern den Ruf eines Gewaltpornos einbrachte.

Sex ist auch das Mittel, mit dem Nadine und Manu erst die Männer anlocken, um sie dann hinterher brutal niederzuschießen oder auf andere Art und Weise umzubringen. Ein Mann, der in Manus Augen eine Lusche ist, weil er ein Kondom benutzen will, wird zu Tode getreten. Nur ganz wenige Menschen denen sie begegnen kommen ungeschoren davon, ganz wenige Männer dürfen Sex mit ihnen haben ohne hinterher umgebracht zu werden. Dabei sind die Morde, ähnlich wie die Hardcore-Szenen, ein scheinbar ganz normaler Bestandteil der Geschichte. Diverse Menschen sterben durch eine Kugel in den Kopf, Gehirnmasse verteilt sich auf die Wände hinter den Personen, ein Macho, der die beiden auf offener Straße anmacht wird stumpf von Manu erschossen und irgendwie erwartet man auch gar nichts anderes. Seltsamerweise kommen die beiden Hauptcharaktere trotz ihrer Taten recht glaubwürdig rüber. Zudem vermutet man nicht, daß eigentlich beide Hauptdarstellerinnen im Pornogeschäft zuhause sind, denn die schauspielerischen Leistungen sind nicht schlecht. Auch die Co-Regisseurin Coralie Trinh Thi kommt aus diesem Bereich.

Dabei ist Baise-moi nicht mal ein besonders gut gefilmter Film. Das Bild ist körnig (auf Digital-Video gedreht und auf 35mm aufgeblasen), die Kamera teilweise recht wackelig, aber immer nah an den Charakteren. So bleibt aber eine sehr realitätsnahe Stimmung, ungefähr vergleichbar mit dem belgischen Reality-TV-Thriller Mann beißt Hund. Dadurch verliert man als Zuschauer auch die sichere Distanz zum Film und sieht sich direkt mit den Ereignissen konfrontiert. Definitiv ein ganz schwerer Brocken, der nur den wenigsten gefallen dürfte. Die meisten werden sich sicherlich angewidert abwenden, denn Baise Moi reiht sich problemlos in die Reihe von Filmen wie z.B. 120 Tage von Sodom ein. Männerhassende Frauen werden mit diesem Film aber wohl ihren Spaß haben...

Autor: Carsten Henkelmann
Film online seit: 11.12.2000
Letzte Textänderung: 25.03.2004

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