Film Daten

Titel:
Spider Baby
Originaltitel:
Spider Baby
Land & Jahr:
USA 1964
Laufzeit ca.: ?
81 Min.
Regie:
Jack Hill
Darsteller:
Lon Chaney Jr.
Carol Ohmart
Quinn K. Redeker
Beverly Washburn
Jill Banner
Sid Haig
Mary Mitchel
Karl Schanzer
Mantan Moreland
Alternativtitel:
• Attack of the Liver Eaters
• Cannibal Orgy, or the Maddest Story Ever Told
• Spider Baby, or the Maddest Story Ever Told
• The Liver Eaters
Weitere Infos:
IMDB  OFDB

DVD Daten

DVD Cover - Image Entertainment
Label:
Image Entertainment
Regionalcode / Norm:
0 / NTSC
Bild / Zeit:
1.66:1 / k.A.
Sprachen/Ton:
Englisch - DD 1.0
Untertitel:
-
Extras:
  • Audiokommentar von Jack Hill
  • 8 Minuten von verloren geglaubten Szenen
  • Aufnahmen von einer Wiederaufführung in einem Kino mit der Reunion fast aller Beteiligten
  • Filmographien

Spider Baby

(Ein Review von Carsten Henkelmann)

Ein Bote muß einen Brief zu dem abgelegenen Merrye Anwesen bringen. Die Nachbarn geben vor keine Merryes in der Gegend zu kennen und so muß er notgedrungen das Haus selber suchen. Schließlich findet er es auch und geht zu dem Haus um dort den Brief abzugeben. Ihm öffnet allerdings niemand die Tür. Als er dann auf der Suche nach den Bewohnern durch ein offenes Fenster in das Haus schauen will, klemmt ihn das Fenster von oben ein und das junge Mädchen Virginia (Jill Banner) wirft ihm ein Netz über den Kopf. Sie stellt sich vor, daß sie eine Spinne ist und der Bote im Netz ihr Opfer. Mit zwei Messern führt sie dieses Spiel blutig zum Ende...

Spider Baby - ScreenshotSpider Baby - Screenshot

Kurze Zeit später kommt der Chauffeur Bruno (Lon Chaney Jr.) aus der Stadt wieder. Er ist wenig erfreut über Virginias Tat und darüber das ihre Schwester Elizabeth (Beverly Washburn) nicht auf Virginia aufgepasst hat. Ralph (Sid Haig), der Bruder der beiden Mädels findet schließlich den Brief des Boten und gibt ihn Bruno. Der erfährt darin, dass ein Anwalt namens Schlocker mit entfernten Verwandten des verstorbenen Vaters der Kinder bei ihnen auftauchen wird. Die Verwandten erben das Haus und werden zum Vormund der Kinder, da es sonst keine näheren Angehörigen mehr gibt. Die Kinder und auch Bruno sind darüber nicht erfreut, denn Bruno mußte seinem Herrn vor seinem Tod versprechen für immer auf die Kinder aufzupassen. Da die Kinder an einer seltenen Krankheit leiden und geistig immer mehr degenerieren, fürchtet Bruno, dass die Kinder in eine Anstalt gesteckt werden.

Als dann Emily Howe (Carol Ohmart), die letzte Verwandte, mit ihrem Bruder Peter (Quinn K. Redeker) auftaucht, hat sie auch schon gleich eine unliebsame Begegnung mit Ralph, der sie fürchterlich erschrickt. Als dann der Anwalt Schlocker (Karl Schanzer) mit seiner Assistentin Ann (Mary Mitchel) eintreffen begeben sie sich schließlich alle zusammen zu dem Haus. Sie werden zwar herzlich von Bruno und den Kindern empfangen, merken aber gleich, dass etwas nicht stimmt. Bruno erklärt ihnen, dass sie an einer Krankheit leiden, die die geistigen Fähigkeiten mehr und mehr verkümmern lässt, was mit zunehmenden Alter immer schlimmer wird. Die Besucher lassen sich aber so schnell nicht davon abschrecken und wollen sogar die Nacht in dem Haus verbringen, wovon Bruno sie auch nicht abhalten kann. Das Abendessen fällt dann ebenfalls sehr komisch aus, mit einem undefinierten Stück Hasenbraten (in Wirklichkeit eine Katze die Ralph gefangen hat) und Gemüse das nicht wirklich lecker aussieht.

Spider Baby - ScreenshotSpider Baby - Screenshot

Da es nicht genug freie Zimmer in dem Haus gibt, fährt Peter Ann zu einem Motel in die Stadt. Währenddessen erkundet Schlocker heimlich das Haus. Er findet nichts wertvolles, gerät im Keller aber in die Hände der Töchter, die ihn umbringen. Emily probiert derweil einige Kleider in ihrem Zimmer an, die sie dort in einem Schrank gefunden hat. Sie entdeckt schließlich, dass sie die ganze Zeit von Ralph beobachtet wurde und flüchtet erschrocken aus dem Zimmer und sieht die Mädels, wie sie gerade Schlockers Leiche entsorgen wollen. Vollkommen in Panik versucht sie aus dem Haus zu fliehen, verfolgt von den Mädchen. Draußen ist es schließlich Ralph der sie schnappt und sich an ihr vergeht. Für Bruno nehmen die Geschehnisse überhand und kommt, selbst langsam dem Wahnsinn nahe, zu einer endgültigen Lösung. Ann und Peter tauchen schließlich auch wieder auf, weil das Motel geschlossen war und geraten ebenfalls in die Hände der wahnsinnigen Familie...

Es gab eine Zeit, da drehten ein paar motivierte amerikanische Jung-Regisseure einfach drauf los und schufen ungewollt beinahe-Klassiker, an die man hier und dort noch erinnert wird, auch wenn die meisten davon fast in der Versenkung verschwunden sind. Dazu zählen Romeros Night of the Living Dead, Herk Harveys Carnival of Souls, James Landis The Sadist und eben auch Jack Hills Regiedebüt Spider Baby. Wie viele Filme aus der Zeit wird der Geschichte ein pseudo-dokumentarischer Touch gegeben, indem man vor der eigentlichen Geschichte einen Sprecher einsetzt, der über das Merrye-Syndrom aus einem wissenschaftlichen Buch vorliest. Etwas ähnliches findet man Jahre später noch bei Deranged und The Texas Chain Saw Massacre, nur mit dem Unterschied das bei diesen Filmen reale Geschehnisse die Grundlage der Filmhandlung bilden.

Spider Baby - ScreenshotSpider Baby - Screenshot

Spider Baby lebt vor allem von seinen eigentlichen Hauptdarstellern, den drei Kindern Elizabeth, Virginia und Ralph. Virginia hat den größten Schlag weg mit ihrem Spinnenfimmel und identifiziert sich mit der Rolle so sehr, dass sie den Tod ihrer "Opfer" gar nicht als Mord wahrnimmt. Elizabeth hat zwar nicht so einen Tick, ist aber dadurch nicht weniger psychotisch als ihre Schwester und kann auch nicht wirklich wahrnehmen was richtig und was falsch ist, auch wenn Bruno es immer wieder versucht den Kindern zu erklären. Bei Ralph ist die Krankheit am fortgeschrittensten, er kann nicht mal mehr richtig sprechen und verhält sich häufig wie eine Art Hund. Das auch er nicht vor körperlicher Gewalt zurückschreckt zeigt seine Tat an Emily als sie aus dem Haus flüchtet. Bruno erscheint auf den ersten Blick als ein normaler Mensch, der sich wegen eines Versprechens rührend um die Kinder kümmert. Aber auch bei ihm kommen im Verlauf der Handlung Spuren von Wahnsinn durch.

Es fällt auf, dass es viele Parallelen zu Alfred Hitchcocks Klassiker Psycho gibt. Allerdings ist es fraglich, ob der Film Jack Hill beim Schreiben seines Scriptes in irgendeiner Art beeinflußt hat. In beiden Filmen kommen normale Leute von außerhalb zu einem einsam gelegenen Haus, in dem die Bewohner sich schnell als Psychopathen herausstellen. Auch ist die Szene der toten Mutter von Norman Bates in einer abgewandelten Form ebenfalls in Spider Baby vorhanden. Jack Hill geht aber bei seinem Film ein Stückchen weiter indem er das ganze Geschehen etwas kranker und überspitzter darstellte. So findet sich noch was ganz anormales im Keller und das Haus und die Familie haben einen größeren Touch von Verfall und Ungepflegtheit, etwas das auch 10 Jahre später The Texas Chain Saw Massacre aufgriff.

Spider Baby - ScreenshotSpider Baby - Screenshot

Aber gerade dadurch macht der Film ganz besonders Spaß. Da Hill wohl wußte das er mit einem total ernsthaften Film nicht weit kommen wird, gab er dem Ganzen noch eine gute Prise unterschwelligen Humors bei. Nicht nur, dass die Familie an sich, und wie sie lebt, etwas irreales an sich hat. Hill verstand es auch die Handlung mit einigen lustigen Szenen aufzulockern. So wie z. B. der Beginn des Abendessens. Schlocker ist der erste am Tisch, aber den Stuhl den er immer gerade besetzen will, wird Bruchteile vorher von jemand anders eingenommen, so dass er fast um den halben Tisch wandert um sich endlich hinsetzen zu können. Auch wird durch den vollständigen Titel des Films, Spider Baby, or the maddest story ever told (der Titel entstand übrigens an den Film The greatest story ever told), schon eine nicht ganz alltägliche und ernsthafte Geschichte angedeutet. Was zudem noch durch den schrägen Titelsong, im übrigen von Lon Chaney persönlich gesungen, verstärkt wird. Die Produzenten des Films, Gil Lasky und Paul Monka, wollten unbedingt in das Filmgeschäft einsteigen und da kam ihnen Jack Hills Script gerade recht. Denn vom Horrorgenre versprachen sie sich einen schnellen Erfolg und ließen Hill weitestgehende Freiheiten bei seinem Werk.

Jack Hill wollte eigentlich ursprünglich als Musiker ins Filmgeschäft einsteigen und Soundtracks komponieren. Aber während seines Studiums nahm er auch an einem Kurs über das Schreiben von Drehbüchern teil und war so gut, dass er ermutigt wurde in diesem Bereich weiterzumachen. Er drehten dann ein paar Studentenfilme und schlitterte so eher ungeplant als Regisseur ins Filmgeschäft. Seine ersten Arbeiten waren keine kompletten Filme, sondern Zusatzaufgaben für Nachdrehs von anderen Filmen. So arbeitete er als Produktionsassist für Francis Ford Coppola bei Battle beyond the Sun und drehte einige zusätzliche Minuten für Roger Cormans Streifen The Wasp Woman. Nach Fertigstellung von Spider Baby dauerte es 4 Jahre bis der Film vernünftig in die Kinos kam, da die Produzenten, die hauptberuflich Immobilienmakler waren, plötzlich mit dem Zusammenbruch des Immobiliengewerbes zu kämpfen hatten und bankrott gingen. In der Zeit war Hill quasi arbeitslos und arbeite für John Lamb als Kameramann an Nudie Cuties, Nudistenfilme. Aus mehreren dieser Kurzfilme wurde schließlich ein 80-minütiger Kinofilm namens The Raw Ones fertiggestellt, der als erster seiner Art komplett nackte Menschen zeigte. Bei allen anderen Filme vorher wurde die Geschlechtsteile meistens durch gute Plazierungen von Tüchern, Büschen etc. verdeckt, Jack Hill und John Lamb wagten als erste den entscheidenden Schritt alles zu zeigen. Sie fürchteten zwar deswegen verhaftet zu werden, aber nichts geschah. Hill war danach noch mit weiteren kleineren Jobs beschäftigt, bis er dann wieder für größere Projekte herangezogen wurde.

Spider Baby - ScreenshotSpider Baby - Screenshot

Von den Schauspielern ist natürlich Lon Chaney jr. am bekanntesten. Er begann seine Filmkarriere bereits 1932, stand aber immer im Schatten seines Vaters, ein Star des Stummfilmkinos. Richtig bekannt wurde Chaney dann mit seinen Rollen in den Universal Horrorklassikern The Wolf Man, Ghost of Frankenstein, The Mummy's Tomb und Son of Dracula. Mit den Jahren wurde er aber mehr und mehr zu einem B-Movie Schauspieler, auch wenn er zwischendurch mal für große Produktionen wie High Noon gecastet wurde. Zur Zeit der Dreharbeiten von Spider Baby hatte er bereits ein großes Alkoholproblem und starb schließlich 1973 nach einer langen Krankheit. Für seine Rolle als der Chauffeur Bruno bekam er damals nur 2500$, eigentlich recht wenig. Aber da er wie viele andere von dem Script begeistert war, machte er trotzdem für den Preis mit. Jill Banner erwies sich als wahrer Glücksgriff, denn im Gegensatz zu Beverly Washburn verfügte sie über keinerlei Erfahrungen als Schauspielerin als sie für den Film engagiert wurde. Sie spielt die Rolle der Virginia aber so natürlich und passend, dass man hier eigentlich nur von einem Naturtalent sprechen kann. Beverly Washburn stand dagegen schon mit 7 Jahren das erste Mal vor der Kamera. Leider sind beide nie in anderen bekannteren Produktionen aufgetaucht. Sig Haig wurde von Jack Hill als ein so guter Schauspieler angesehen, dass er ihn gleich für mehrere seiner weiteren Filme verpflichtete, darunter The Big Doll House, The Big Bird Cage und die Blaxploitation Klassiker Coffy und Foxy Brown. Zu seinen aktuellsten Rollen gehören Parts in Jackie Brown und in dem Horrorstreifen House Of 1000 Corpses von Rob Zombie. Außerdem hatte er unzählige Gastrollen in amerikanischen TV-Serien. Carol Ohmart kann auch nicht gerade viele Rollen vorweisen, allerdings hat sie mit House on Haunted Hill ebenfalls einen Gruselklassiker in ihrer Filmografie. Mit ihrer Rolle in Spider Baby schafft sie es sogar einen guten Hauch von Erotik in den Film zu bringen. Quinn K. Redeker distanziert sich heutzutage eher von Spider Baby, da er den Film nicht sonderlich mag und seine Leistung in dem Film auch eher schlecht findet. Deswegen hat er es nie verstanden, warum für viele Leute Spider Baby mittlerweile zu einem Kultklassiker geworden ist. Neben einigen mehr oder weniger bekannten Filmen kann er auch viele Auftritte in TV-Serien vorweisen und ist seit einigen Jahren ein gefragter Soap-Opera Star. Zu Mary Mitchell kann ich auch nicht viel mehr sagen, außer das in ihrer Filmkarriere Panik in Year Zero! zu den bekanntesten Einträgen gehört und Roger Corman sie wegen ihres Aussehens als "the perfect victim" bezeichnete, womit er nicht ganz unrecht hat.

Spider Baby - ScreenshotSpider Baby - Screenshot

Die amerikanische DVD von Image Entertainment ist die mir zur Zeit einzige bekannte DVD von diesem Film. Trotz seines Alters ist die Bildqualität überraschend gut. Zwar muß man mit einigen Defekten vom Ursprungsmaterial leben, aber das hält sich in sehr ertragbaren Maßen. Vielmehr ist es erfreulich, wie scharf das Bild ist. Besitzer eines 16x9 TVs werden sich wohl über die fehlende anamorphe Abtastung ärgern, aber das sollte kein Grund sein die DVD stehen zu lassen. Leider kann der Ton nicht ganz mit den Qualitäten des Bildes mithalten, da er stellenweise etwas dumpf geraten ist und ein paar Sätze schwer verständlich macht. Der Audio-Kommentar von Jack Hill ist recht informativ und eigentlich sogar recht unterhaltsam. Er macht den Zuschauer sogar auf Fehler im Film aufmerksam. Wer Lust hat sollte doch mal darauf achten, wo man Jack Hill unfreiwilligerweise in einer Spiegelung zu sehen bekommt. Zusätzlich gibt es noch ca. 8 Minuten an Filmmaterial, was als verschollen angenommen wurde und erst vor wenigen Jahren wiederentdeckt wurde. Diese Szenen zeigen längere Dialogszenen als die Besucher beim Haus ankommen. Als letztes gibt es dann noch Aufnahmen von einer Kinovorführung anlässlich des 30. Jubiläums des Films. Dazu wurde auch ein Großteil der Schauspieler eingeladen und es ist schon witzig zu sehen, wie die sich in den Jahren verändert haben. Insgesamt also eine würdige Präsentation eines Films, der allen Freunden schrägen Humors ans Herz gelegt sei.

Autor: Carsten Henkelmann
Film online seit: 28.05.2002
Letzte Textänderung: 03.01.2005

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