Film Daten

Titel:
Clerks
Originaltitel:
Clerks
Land & Jahr:
USA 1994
Laufzeit ca.: ?
92 Min.
Regie:
Kevin Smith
Darsteller:
Brian O'Halloran
Jeff Anderson
Marilyn Ghigliotti
Lisa Spoonhauer
Jason Mewes
Kevin Smith
Scott Mosier
Walter Flanagan
Scott Schiaffo
Al Berkowitz
David Klein
Ed Hapstak
Pattijean Csik
Ernest O'Donnell
Kimberly Loughran
Alternativtitel:
Clerks - Die Ladenhüter
Weitere Infos:
IMDB  OFDB

DVD Daten

DVD Cover - Miramax
Label:
Miramax
Regionalcode / Norm:
1 / NTSC
Bild / Zeit:
1.85:1 (anamorph) / 91:35
Sprachen/Ton:
Englisch - DD 5.1
Französisch - DD 5.1
Untertitel:
Englisch, Spanisch
Extras:
  • Clerks: The First Cut
  • Klassischer Audiokommentar (1995)
  • Audio- und Videokommentar (The First Cut)
  • Enhanced Trivia Playback (Kinofassung)
  • Clerks: The Lost Scene (animated)
  • Kurzfilm: The Flying Car
  • MTV Spots mit Jay & Silent Bob
  • Kinotrailer
  • Musikvideo: Soul Asylum - I Can't Even Tell
  • Restauration(Sound & Bild)
  • Original Clerks Auditions
  • Snowball Effect: The Story of Clerks
  • Mae Day: The Crumbling of a Documentary
  • 10th Anniversary Q&A Session
  • Snowball Effect Outtakes
  • Still Photo Gallery
  • Kevin Smiths Tagebücher
  • Articles and Reviews
  • DVD-Rom Content (Screenplay)

Clerks

(Ein Review von Frank Meyer)

Dante Hicks arbeitet im Quick Stop Minimarkt und eigentlich hätte er heute frei. Aber als er sich von seinem Chef dazu überreden lässt, für einige Stunden auf den Laden aufzupassen, nimmt das Schicksal seinen Lauf, und ein ganz normaler Tag im Leben eines Einzelhandelsangestellten eskaliert zur ausgewachsenen Lebenskrise…

Nicht genug, dass er mit den Unwägbarkeiten des Alltags und der nervigen Kundschaft zu kämpfen hat, ganz nebenbei erfährt er Dinge aus dem (Liebes-)Leben seiner Freundin Veronica, von denen er vielleicht doch lieber nichts gewusst hätte. Und dann rückt ihm auch noch die eigene unbewältigte Vergangenheit in Form von Ex-Freundin Caitlin zu Leibe. Doch wozu hat man schließlich beste Freunde, die einem zur Seite stehen? Kumpel & Kollege Randal aus der Videothek gegenüber macht die Sache für Dante zwar nicht unbedingt leichter, aber hat zumindest immer einen schlauen Spruch parat und kommentiert Dantes Leben manchmal treffsicherer als dieser das wahrhaben will.

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Clerks - Kevin Smiths gefeiertes Debüt und der erste Film seines Jersey-Zyklus (auch Jersey Chronicles genannt), den er mit Mallrats (1995) und Chasing Amy (1997) fortsetzte und ursprünglich mit Dogma (1999) abschließen wollte, auf den dann aber wiederum der Nachklapp Jay and Silent Bob Strike Back (2001) folgte. 10 Jahre, 4 Filme und eine Zeichentrickserie später ist für dieses Jahr nun doch ein "echtes" Sequel geplant, das in Originalbesetzung die weitere Leidensgeschichte von Dante und Randal erzählen soll: The Passion of the Clerks.

Mag sich Kevin Smiths Erstlingswerk optisch auch offensichtlich als billigste No-Budget-Komödie präsentieren, ist er zugleich nach wie vor der raffinierteste und wohl beste seiner Filme. Was hier an abgedrehten Dialogen und kuriosen Einfällen aufgefahren wird, ist einfach bemerkenswert. Und dort, wo andere geschwätzige Komödien irgendwann einfach nur noch so vor sich hin plätschern oder noch schlimmer sich in pseudointellektueller Verbalmasturbation verlieren, erreicht Clerks für einen Film, in dem eigentlich nur geredet wird, ein enormes Tempo. Dabei reichen ihm eine knappe handvoll Locations (fast ausschließlich in, auf und vor’m besagtem Quick Stop Supermarkt), um allein durch Wort- und Dialogwitz eine erstaunliche Dynamik zu entwickeln. Ohne jetzt zuviel über die Gesprächsinhalte verraten zu wollen, aber wo sonst bekommt man bspw. schon moralische Grundsatzdiskussionen zum Thema Star Wars geboten? Besagte Thematik hat übrigens in Amerika eine solche Popularität erreicht, dass George Lucas höchstpersönlich sie im Audiokommentar zur Episode II aufgegriffen hat. Außerdem beweist Clerks, dass die Diskussion darüber, wo genau „Sex“ im eigentlichen Sinne des Wortes anfängt, nicht erst im Zuge der Clinton-Lewinsky-Affäre geführt wurde. Oder wer weiß: vielleicht hatte der gute Bill den Film ja auch gesehen und sich unter Eid einfach daran erinnert!

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Darüber hinaus erweist sich Kevin Smith in seiner Funktion als Autor hier als treffsicherer Beobachter von allerlei menschlichen Schwächen und alltäglichen Unmöglichkeiten, mit denen man sich insbesondere als Angestellter im Service-Bereich mit Kundenkontakt tagtäglich konfrontiert sieht. Da Smith selbst zum Zeitpunkt der Dreharbeiten in eben jenem kleinen Supermarkt gearbeitet hat (er durfte nur außerhalb der Öffnungszeiten drehen, was auch den Handlungskniff mit den verschlossenen Rollos erklärt), ist es kein Geheimnis, dass das Drehbuch durch seinen persönlichen Erfahrungsschatz inspiriert worden ist.

Was ansonsten den inhaltlichen Verlauf angeht, ist eindeutig der Weg das Ziel. Dante lernt oder besser 'durchleidet' Lektionen für’s Leben und wir als Zuschauer mit ihm. Nicht dass es dabei keinen roten Faden in Form einer fortlaufenden Handlung geben würde, aber dank des episodenartigen Charakters ist Clerks einer der Filme, in den man eigentlich an jeder beliebigen Stelle einsteigen kann. Sei es um bei Gelegenheit nur kurz für ein paar Minuten reinzuschauen, oder um dann doch länger zu verweilen, wenn man wieder etwas Interessantes entdeckt hat. In gewisser Weise wie im kleinen Minimarkt um die Ecke. Und genau das ist der Stoff, aus dem Filme zum Immerwiedergucken gemacht sind - Kultfilme eben. Dazu passt dann auch, dass man aus jeder der diversen Zitatensammlungen, die man im Internet zum Film findet, fast problemlos das komplette Drehbuch wieder zusammenstellen könnte. Letztlich auch Beweis dafür, wie gut die einzelnen Teile bei aller Episodenhaftigkeit ineinander greifen. Unter diesem Gesichtspunkt steht Clerks mit seinen ausgefeilten, kreativ-pointierten Dialogen entsprechend eher in der Tradition klassischer Screwball-Komödien der 40er Jahre und nicht der zeitgenössischer Comedy-Kost - natürlich nicht was Ausdrucksweise und fucking Wortwahl angeht.

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Abgerundet wird das ganze durch einen famosen, perfekt passenden Soundtrack, der u.a. mit Beiträgen von Alice In Chains, Bad Religion, Jesus Lizard, Corrosion Of Conformity und Soul Asylum aufwartet, die stimmigerweise unter der Low Budget-Produktion auch in LoFi scheppern. Interessant ist hierbei, dass die Rechte für die verwendeten Songs, wie in verschiedenen Quelle zu nachzulesen ist, in etwa genauso teuer waren wie die gesamte übrige Produktion. Ein absolutes Novum in der Branche. Nun ist es aber nicht so, dass Smith die Lieder vorher ohne die Rechte zu haben verwendet hat, sondern ein Großteil erst nachträglich in den Final Cut eingefügt wurde, nachdem Miramax als Verleiher hinzugekommen war.

Clerks lieferte auch den Startpunkt für die mittlerweile recht beachtliche „Filmkarriere“ der Charaktere Jay & Silent Bob (gespielt von Jason Mewes und Regisseur Kevin Smith selbst), die nicht nur in den Folgefilmen (Mallrats, Chasing Amy, Dogma, Jay And Silent Bob Strikes Back) zum festen Repertoire gehören, sondern auch als Action-Figuren im Handel sind, als Comichelden ihr Unwesen treiben und es sogar im Verlauf der Jahre zu Cameo-Auftritten außerhalb des Smith’schen Jersey-Universums gebracht haben (Scream 3). In Clerks treten Jay & Silent Bob aber noch als vergleichsweise Randerscheinung auf, und ihre Auftritte beschränken sich vornehmlich auf Übergangssequenzen zwischen den eigentlichen Geschehnissen. Seine mittlerweile obligatorische Sprechszene mit der Gelegenheit zum weisen Sprüchlein bekommt Silent Bob aber auch hier schon. Mantel und Kappe fehlen auch nicht. Trotzdem wurde der typische Look und die überzeichnete Charakterisierung eher in Mallrats zu dem weiterentwickelt, wie man es aus den späteren Filmen kennt.

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Den Titel "göttliche Komödie“ verdient Clerks übrigens gleich im doppelten Sinn; denn Dante heißt naheliegenderweise genauso wenig zufällig so, wie der Film versehentlich in Segmente unterteilt ist: eine Anspielung auf die 9 Kreise der Hölle in Dante Alighieris "Divina Commedia“. Deren Schauplatz ist ja bekanntermaßen die Hölle, und als nichts anderes hat Kevin Smith seinerzeit den Quick Stop, seinen Arbeitsplatz, empfunden. Ein alltägliches Inferno, aus dem es für ihn kein Entkommen zu geben schien. Nach eigenen Angaben hat er erst jetzt, 10 Jahre später, erkannt, wie himmlisch die Zeit damals wirklich war und was er dem Laden rückblickend alles verdankt. Genau diese Erkenntnis ließ ihn zu dem Entschluss kommen, nun doch eine Fortsetzung zu drehen.

Um dieses kleine Meisterwerk wirklich zu würdigen, sollte man sich auch vor Augen führen, dass Clerks zusammen mit Richard Linklaters Slacker oder zuletzt The Blair Witch Project zur absoluten Speerpitze des erfolgreichen eigenproduzierten Low Budget-Filmmaking gehört und maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass immer wieder Independentfilmer den Mut fassen, eigene Projekte zu realisieren ("Was der Kevin kann, das kann ich auch!").

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Honoriert wurde dieses cineastische Talent, viel mit wenig zu erreichen, dann auch von Kritikerseite auf diversen Filmfestivals, wobei Kevin Smith 1994 mit u.a. Prämierungen in Cannes und auf dem Sundance Festival Auszeichnungen auf zwei der renommiertesten und wichtigsten Filmfeste überhaupt einheimsen konnte. Von der Nachahmung seiner existenzgefährdenden Vorgehensweise der Finanzierung rät Kevin Smith allerdings im Nachhinein absolut ab! Um die Produktionskosten von anfänglich (d.h. vor der Nachbearbeitung durch Miramax) etwa $25.000 Dollar aufbringen zu können, legte er sich etwa 10 Kreditkarten mit einem Limit von jeweils 2000 Dollar zu, verkaufte einen Großteil seiner Comicsammlung und setzte sein gespartes College-Geld ein - mit anderen Worten, er wäre finanziell ruiniert gewesen, wenn es nicht diesen wundersamen Verlauf genommen hätte.

Um Erstzuschauern die Überraschung angesichts all der verrückten Einfälle und schrägen Dialoge nicht zu versauen, gibt es alle Geheimnisse, Kuriositäten und Hintergrundinfos zum Film im abgetrennten Spoilerbereich, da man unmöglich darauf eingehen kann, ohne nicht so ziemlich jede Szene von vorne bis hinten durchzugehen.

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Spoiler

Clerks Close-Up

Kommen wir nun also zur Tiefenanalyse für alle, die es ganz genau wissen wollen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit habe ich versucht an dieser Stelle möglichst viele spannende Facts, Besonderheiten und Hintergrundstorys zusammen zu bringen. Und es gibt wirklich zu beinahe jeder Szene eine Menge zu erzählen. Fangen wir also am Besten ganz vorne mit dem Vorspann und Bobo, dem "child molesting"-View Askew Clown an. Die Animation beruht auf einem Entwurf von Kevins Freund Walt Flanigan und führte doch tatsächlich nach dem Start von Clerks zu einem Leserbrief in einer Tageszeitung, in dem jemand erbost von einem Kinder belästigenden Clown sprach, der dort zu sehen sei. Smith stellt dazu fest, dass der Clown das ballspielende Kind aber genaugenommen niemals wirklich belästigt, sondern lediglich rein zufällig Bobos Hintern über dem Gesicht des Jungen hängt. Soviel dazu...

Dante

Zitat

I'm not even supposed to be here today! - Dante.

Dass der Name Dante Hicks nicht zufällig gewählt wurde, sondern seine Begründung in der lockeren Anlehnung an Dantes Göttliche Komödie hat, hatte ich ja bereits erwähnt. Tatsächlich hat das Script zu irgendeinem Zeitpunkt seiner Entwicklung wohl auch wesentlich deutlichere Parallelen zu Dantes Inferno aufgewiesen, entwickelte sich dann aber doch in eine andere Richtung. Wer übrigens während des Films etwas genauer auf Dantes Bart achtet, wird feststellen, dass sich die Dichte seiner Gesichtsbehaarung im Tagesverlauf auf etwas unnatürliche Art und Weise verändert. Der Grund dafür ist folgender: Drei Tage vor Drehbeginn hatte Kevin Brian O'Halloran gebeten den Bart abzurasieren, was allerdings zu dem zweifelhaften Ergebnis führte, dass er optisch so gar nicht mehr in die Rolle passte. Also musste Bart erst wieder neu gezüchtet werden, weshalb er in den früh gedrehten Sequenzen noch ein bißchen dünn aussieht.

Die ebenfalls bereits angesprochenen mit Kaugummi verklebten Rolläden-Schlösser waren ein notwendiger Handlungskniff. Da sie nur außerhalb der Öffnungszeiten, sprich nachts, die Möglichkeit hatten im Quick Stop zu drehen, brauchte man eine Begründung, warum es trotz Fensterfront im Laden nur künstliche Beleuchtung gibt. Deshalb die Sache mit den Schlössern.

Vilification. / dt.: Verunglimpfung

Als Kameraman bei den Aufnahmen von Clerks fungierte eigentlich Kevins Kumpel Dave Klein. Aber in der ersten Szene im Laden übernahm Vince Pereira, da Dave in dieser Szene als Schauspieler mitwirkt. Er ist der Kunde mit der Mütze, dem der Kaugummi-Vertreter die Nachteile des Rauchens aufzeigt. Die Raucherlunge, die er dafür verwendet, ist natürlich keine Lunge, sondern ein selbsgebasteltes Ersatzorgan: Man besorge sich eine Kalbsleber, schneide sie lungenartig zurecht, wälze sie im Dreck, ergänze ein paar Brandlöcher - und fertig ist die 1A Raucherlunge! Es gibt leider keine Nahaufnahme, aber meiner Meinung nach ist sie trotzdem abschreckender ist als jedes echte Lungenbild, dass mir je in entsprechenden Broschüren untergekommen ist.

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Mit dieser Anti-Raucherszene hat es darüber hinaus gleich eine doppelte Bewandnis: Zum einen sei vermerkt, dass Smith die Szene aus der Perspektive eines Nichtrauchers geschrieben hat und erst durch den Clerks-Dreh zum Raucher wurde (was im übrigen auch erklärt, warum Silent Bob bei seinen ersten Filmauftritten nur pafft!). Zum anderen hätte diese Szene fast den Verleih-Deal mit Miramax versaut. Genauer gesagt sie hat ihn für's erste versaut, weil Miramax-Boss Harvey Weinstein selbst starker Raucher ist und bei der ersten Testvorführung bei dieser Szene den Saal verlassen hat. Im Zusammenhang mit der Tabakthematik in Clerks ist auch zu erwähnen, dass im Verlauf des Films zwar dauernd Leute in den Laden kommen und Zigarretten ordern, aber niemals eine bestimmte Marke verlangen, sondern immer nur schlicht "a pack of cigarrettes". Ein Zugeständnis an die damals aktuelle Klagewelle gegen die Tabakkonzerne.

Außerdem im Vilification-Part: Walt Flanigans erster von fünf Auftritten im Film. Walt ist einfach immer eingesprungen, wenn auf die schnelle eine Rolle besetzt werden musste, weil ein eingeplanter Darstelller ausfiel. Man änderte einfach sein Outfit ein wenig und stellte in wieder vor die Kamera. Diese Wandlungsfähigkeit brachte ihm seitens Smith den Spitznamen "Lon Chaney of the 90's" ein, in Anlehnung an das Verkleidungsgenie der Stummfilmzeit. Hier ist er der zweite Raucher, der in den Laden kommt - übrigens auch der, der später "Fuckin' Nazi!" aus dem Hintergrund ruft, bevor der arme Dante mit Kippen torpediert wird, und am Ende doch noch Zigaretten kauft.

Jay and Silent Bob

Zitat

Noinch, Noinch, Noinch, Schmokin Weed, Schmokin' Weed, Doin' Coke, Drinkin' Beers... - Jay.

An dieser Stelle lernen wir den Kitt kennen, der die Jersey Chronicles zusammenhält: Jay & Silent Bob. Grizzly Adams, dessen Figur eigentlich den Namen William Black trägt und uns von Veronica später als Snowball vorgestellt wird, ist niemand geringerer als Produzent und Organisator Scott Mosier, den Smith bei seinem Kurzaufenthalt auf der Filmhochschule kennengelernt hat.

Wenn man so will, gibt es in der Szene mit dem Feuerlöscher so etwas wie den ersten von insgesamt zwei "Spezialeffekten" im Film. Echt ist nämlich lediglich der erste Sprüher, der die wütende Kundschaft einnebelt. In der Folge wurde einfaches Babypuder als Löschmittelersatz verwendet. Im Anschluss beweist Smith sein Talent für Szenenkomposition. Der Kniff mit dem Lackieren der Fingernägel ist so simpel wie genial und verleiht der Szene eine Ausgewogenheit, die ideale Rahmenbedingungen für den Dialog schafft. Hätten sie einfach nur geredet, hätte der Dialog, egal wie flüssig er geschrieben sein mag, wohl niemals so gut funktioniert.

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Scott Mosier zum 2ten: Snowball! Da der anschließende "37"-Dialog mittlerweile wirklich als Klassiker der neueren Komödiegeschichte durchgeht, muss man darüber wohl nicht mehr viele Worte verlieren. Aber mit der Besetzung von Snowball hat es wiederum seine spezielle Bewandnis, und es war nicht Eitelkeit und Geltungsbedürfnis, die Scott diesen Auftritt eingebracht haben, sondern wiederum ein Personalausfall. Der eigentlich eingeplante Darsteller lehnte die Rolle ab, weil er nicht der Typ sein wollte, der sein eigenes Sperma goutiert. Scott war's egal, also übernahm er den Part - und machte aus William Black diese skurrille Gestalt, die einige der besten Oneliner im Film hat. Den ursprünglich vorgesehenen Snowballer bekommen wir aber auch noch in einem Miniauftritt zu sehen. Für die Komplettisten unter Euch: Es ist der Typ, der während des Hockey-Spiels als erster an der verschlossenen Ladentür rütteln, kurz bevor Snowball "Are you open?" hochruft.

Übrigens lohnt es sich nicht nur in dieser Szene genau hinzusehen, was die Kunden kaufen, die da kurz durch's Bild huschen. Hier offenbart Smith seinen Schwäche für infantilen Humor und lässt eine Kundin Gummihandschuhe und Vaseline kaufen. Puaaah! Wie lustig. Smith bezeichnet dies aber im nachhinein selbst als den billigsten Gag im ganzen Film. Es sei ihm verziehen.

Zitat

My girlfriend sucked 37 dicks! - In a row?
Dante im Gespräch mit einem zufällig anwesenden Kunden.

Randal

Nach etwas mehr als einer Viertelstunde lernen wir den zweiten Hauptdarsteller kennen: Randal Graves. Zur Rolle des Randal-Charakters gibt es folgende Hintergrundstory zu berichten: Eigentlich hatte sich Kevin Smith den Part auf den Leib geschrieben, um ihn selbst spielen - weshalb Randal auch objektiv und von Smith zugegeben die coolsten Dialoge in Clerks abbekommt. Dummerweise musste er dann aber feststellen, dass er alles ist, nur kein guter Schauspieler. Jeff Anderson, ein Bekannter von Smith, kam eigentlich zur Audition, um für die Rolle des Jay vorzusprechen (ganz eigentlich war er überhaupt kein Schauspieler und gibt im Nachhinein zu, nur wegen der Mädels zum Vorsprechen gegangen zu sein!). Dann lieferte er aber eine kurze Sprechprobe mit einem der Randal-Texte ab, und obwohl er heftig patzte, passte seine Art wie die Faust auf's Auge zum Charakter. Andersons erste Gehversuche als Randal sind übrigens als Bonus auf der X-Edition enthalten.

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Wenn man sich anschaut wie klasse und überzeugend Stan Wynarski (#812), der sich für die Credits das Pseudonym Lee Bendick zulegte, wohl weil ihm sein Auftritt anfänglich peinlich war, den aufgebrachten Videothekenkunden spielt, mag man kaum glauben, dass er einfach nur ein Stammkunde des Quick Stop war. Mit der Rolle des unzufriedenen Kunden kannte der Mann sich offensichtlich aus!

Syntax.

Zitat

My love for you is like a truck, BERZERKER! Would you like some making fuck, BERZERKER! - Olaf.

Im Syntax-Part erfährt Dante von Caitlins Verlobung, Randal ordert ein paar Videos für Erwachsene plus Happy Scrappy Hero Pups, wir sehen einer Katze beim Verrichten ihrer Notdurft zu und lernen den unglaublichen Olaf kennen. Außerdem gibt es ein Stapelchips-Gleichnis und natürlich die weltberühmte Moralfrage zur Vernichtung des zweiten Todessterns in Die Rückkehr der Jediritter. Da Tiere nun mal nicht immer müssen, war die Szene mit dem Katzenklo vom Timing her die anspruchsvollste im ganzen Film. Aber dass es geklappt hat, lässt sich laut Kevin Smith sogar beweisen: wenn man die Ohren spitzt, hört man nämlich angeblich den Aufprall im Sand! Ganz ehrlich: Überprüft hab ich's nicht.

Die Mutter in Randals Videobestellszene ist die Schwägerin von Smiths Kumpel Vincent Pereira, das kleine Mädchen entsprechend seine Nichte. Jeff Anderson sah sich außer Stande die Liste mit den Schweinkramtiteln vor den beiden vorzulesen (auch wenn das Kind natürlich nicht verstanden hat, worum es ging). So musste die Szene in zwei Teilen gedreht werden, wobei im Endeffekt Vincent seiner Schwägerin die Obszönitäten vorgelesen hat, um ihre mütterlichen Reaktionen aufnehmen zu können.

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Nun zum mächtigen Olaf, dem russischen Metal-Gott from Moscow! Die Idee für den Charakter lieferte wieder einmal Smiths Kumpel Walt, der desöfteren eine ähnliche Rolle zur Belustigung seiner Freunde gespielt hatte. Walts Originaloutfit für die Rolle des russischen Rockstars stimmt übrigens wohl weitestgehend mit dem von seinem ersten Auftritt in Clerks überein: Wollmütze mit darunter hervorstrubbelnden Haaren. Die unglaublichen Berserker-Lyrics entstanden passenderweise bei einem Besuch im Einkaufszentrum. Mallrats lässt grüßen.

Zwischen Jason Mewes und dem Typen, der den Dachdecker in der Todesstern-Diskussion spielt, gab es gewisse Spannungen. Zunächst ließ sich ein betrunken am Boden liegender Jay über die mangelnden schauspielerischen Qualitäten des Laiendarstellers aus, so dass sie ihn für den Dreh der Szene in die Videothek auslagern mussten, und als Jason dann mit einem Joint hinter'm Ohr ans Set kam, gab der Herr Dachdecker sich von Rachegelüsten geleitet als Polizeispitzel aus. Die beiden werden in diesem Leben wohl keine Freunde mehr werden.

Vagary. / dt.: wunderlicher Einfall

Zitat

I hope it feels so good to be right. There's nothing more exhilarating than pointing out the shortcomings of others, is there? - Randal.

"Vagary" beginnt mit der Szene, in der Randal von einer Videotheken-Kundin, im echten Leben die Frau des Besitzers (den Rummkommandier-Tonfall hat sie auf jeden Fall raus!) auf die Probe gestellt wird ("Is either one of these any good?"). Hier lohnt sich aber auch ein Blick in den Hintergrund, in dem wir Jay & Silent Bob vor dem Laden sehen. Jay bekam von Kevin Smith die lapidare Anweisung irgendwelche Faxen zu machen. Grandios ist die Stelle, in der er ihn aufgefordert hat, einfach nur mal so auf der Stelle zu rumzuhüpfen.

Im Anschluss daran treffen wir auf den traumatisierten Berufsberater mit dem Eiertick, der wiederum von Kevins Kumpel Walt Flanigan verkörpert wird. Sein zweiter Auftritt im Film, der ihm sichtlich Spaß gemacht hat. Das Outfit musste er sich allerdings von Kevins Familie leihen, da er selbst keine Klamotten besaß, die seriös genug für die Rolle des Berufsberaters wirkten. Naja, vielleicht sehen Berufsberater in Amerika anders aus als hierzulande. Die junge Dame, die Dante und Randal über das Phänomen des "Shell Shocks" aufklärt und sich am Ende als Käfigtiermasturbatorin outet, ist nebenbei bemerkt Kevins ältere Schwester Virginia.

Purgation. / dt.: Reinigung

Der Purgation-Part beginnt mit dem größten Kontinuitätsfehler im Film, und im Audiokommentar merkt man, dass sich Kevin Smith offensichtlich ziemlich über diesen Schnitzer ärgert. Ist ja auch nicht schön, wenn einem die eigene Unaufmerksamkeit jedes Mal wieder vor Augen geführt wird: Wenn Randal der Nachwuchsraucherin die Zigaretten über den Tresen schiebt, fehlt das "Shoplift"-Schild an der Registrierkasse, und in der nächsten Einstellung ist es wieder da. Aber fällt das beim normalen Gucken wirklich auf? Mal ehrlich, es gibt dramatischere Anschlussfehler!

Ansonsten beschäftigen sich unsere Helden des Alltags in diesem Abschnitt mit nervigen Kunden - und Walt Flanigan hat seinen 3ten Auftritt! Dieses Mal als "highly offended"-Customer, der sich durch Dante und Randals Gespräch über Jizz Mopper, die für die Reinigung der Kabinen in Sexkinos zuständig sind, in seinem moralischen Schönheitsschlaf gestört fühlt. Auch hier steckt der Humor im Detail; kauft doch der Kunde genau die Utensilien, die man für diesen Job baucht: Küchenrolle und Glasreiniger! Als sich Dante über seine Hasskunden auslässt, stellt uns Kevin Smith ganz nebenbei ein weiteres Familienmitglied vor. Die Milk Maid auf der Suche nach dem ewig haltbaren Kanister ist nämlich keine andere als Kevins Mutter. An dieser Stelle sei angemerkt, dass Mama Smith nicht unbedingt überzeugt vom Erstlingswerk ihres Sohnemanns war und es für einen Witz hielt, als tatsächlich Medien und Filmindustrie Interesse am Ergebnis zeigten!

Die drei anderen Nervensägen sind natürlich in beiden Locations, Videothek und Laden, die gleichen. Kameramann Dave hat hier seinen zweiten Auftritt vor der Linse ("Ohh, Navy Seals!").

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Malaise. / dt.: Unbehagen

Zu Begin von "Malaise" erfährt Dante, warum sein Chef sich definitiv verspäten wird ("Vermont?!") und lässt zum zweiten Mal im Film seinen Satz der Sätze verlauten: "I'm not even supposed to be here today!" Und aus dieser Not heraus wird nun im Film beschlossen, das geplante Hockey-Spiel auf das Dach des Quick Stop verlagern. Ursprünglich sollte die Hockey-Szene auf der Straße vor dem Laden spielen, aber dann kam dem bereits mehrfach erwähnte Vincent Pereira, den wir in dieser Szene auch endlich im Film zu sehen bekommen ("What do you care, you shoe-polish-smelling motherfucker?!"), der Gedanke, dass es auf dem Ladendach doch viel cooler wäre. Gute Idee.

Abgesehen vom Babypuder als Löschmittel-Lookalike findet sich hier während des Hockey-Spiels der einizige richtige Special Effect des Films: Ohne es zu wissen, sehen wir ahnungslose Zuschauer nämlich Scott Mosier in einer Doppelrolle! Zunächst ohne Bart als den wütenden Kunden, der hoch auf's Dach kommt , um sich ausgiebig über den geschlossenen Laden und Dantes Hockeyspiel auszulassen. Dann taucht aber auch noch sein Alter Ego William Black aka Snowball auf, und es kommt zu folgendem denkwürdigen Augenblick: der bärtige Scott ruft von unten "Are You Open?" hoch und der kahle Scott brüllt gemeinsam mit Dante von oben "No!" zurück.

Wen es interessiert: Vincent Pereira trägt während des Spiels ein Jersey Devil Trikot, Brian O'Halloran eines von den Pittsburgh Penguins. Randal bekam für diese Szene ein CCCP-Shirt übergestreift, um seinen Rebellencharakter zu unterstreichen.

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Harbinger. / dt.: Vorbote

An dieser Stelle hält der Tod Einzug. Zunächst einmal, weil die Einleitungsszene für den nekromantischen Anteil des Films folgt, und im Anschluß daran der Ausflug zum Beerdigungsinstitut. Al Berkowitz spielt den schmierigen Alten, der später auf der Toilette und unter hinlänglich bekannten Umständen das Zeitliche segnet.

Falls sich schon jemals jemand von Euch gefragt hat, was es mit dem unmotivierten Zwischenschnitt auf Jay & Silent Bob, während des Dialogs auf sich hat bzw. was Jay da eigentlich tut, hier die Erklärung: Eingefügt wurde dieser Cut auf unsere beiden Lieblingsslacker vor dem Laden, weil der aufdringliche Kunde mit den Sonderwünschen (extra-flauschiges Toillettenpapier & Sex-Magazine mit Big Titties) eigentlich 4x zum Tresen zurückkommt. Dieser Gag war aber nach der dritten Rückkehr bereits ausgereizt, so dass sich Mosier und Smith entschieden, die letzte Runde zu streichen. Für den benötigten Zwischenschnitt verwendeten sie Material aus einer Szene, die eigentlich zum Hockeyspiel gehörte, aber nicht im Final Cut verwendet wurde: Ursprünglich segelte dort ein Geldschein vom Dach, den Jay aufsammelt, prüft und dann quasi im Gegenzug ein Päckchen Gras hochwirft. Dies also die Erklärung, was es mit Jay und dem Geldschein auf sich hat.

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Bevor Dante und Randal zu ihrem einzigen Locationswechsel abseits von Videothek und Laden aufbrechen, ist eine kurze Sequenz eingeschoben, in der Snowball Silent Bob ein Brötchen vor die Nase hält.Smith sagt, er hätte sich hierfür von John Hughes inspirieren lassen, wobei mir diese Anspielung nicht ganz klar ist. Aber bei allen Doppelbesetzungen und Mehrfachauftritten der Beteiligten ist dies der denkwürdige Augenblick, in dem die beiden treibende Kräfte hinter Clerks ihren gemeinsamen "Solo"-Auftritt haben. Im Audiokommentar meint Kevin Smith zwar, es sei überhaupt der einzige, aber da hat er wohl Scotts Auftritt als Grizzly Adams in der ersten Jay & Silent Bob-Szene unterschlagen.

Nun zur Autofahrt, dem Ausflug der beiden Hauptdarsteller in die Außenwelt. Erst einmal darf man wohl ganz objektiv feststellen, dass die Kameraarbeit während des Gesprächs mit dem hektischen Hin- und Hergeschwenke zwischen Randal und Dante das Amateurhafteste ist, was Clerks zu bieten hat. Egal, zum Glück ist der "Cousin Walter"-Dialog inhaltlich so gelungen, dass die Handycam-Urlaubsvideo-Optik kaum stört. An der Szene vor Posten's Beerdigungsinstitut sind vor allem 3 Aspekte bemerkenswert. Zum einen ist die Hektik nicht nur gespielt, weil der Dreh dort weder angemeldet noch mit dem Besitzer abgesprochen war. Guerilla Filmmaking in Reinkultur! Sie haben die Szene schnell 2x geschossen und sind ohne Erklärung wieder verschwunden. Punkt 2 betrifft die drei entrüsteten Beerdigungsgäste, die den beiden auf die Straße folgen. Die Frau in der Mitte ist in Wahrheit Vincent Pereira, der Typ vom Hockeyspiel, den sie für die Aufnahme kurzerhand mit offenen Haaren in ein Kleid gesteckt haben. Wenn man das weiß, kann man wunderbar sehen, wie sehr er sich bemüht, weiblich zu wirken!

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Die letzte Sache betrifft die Geschehnisse im Institut selbst. Auch wenn nicht zu sehen ist, warum die beiden so fluchtartig den Ort verlassen (wir erfahren ja nur, dass Randal aus irgendeinem Grund den Sarg umwirft), hatte Kevin diesbezüglich ziemlich genaue Vorstellungen (bzw. entwickelte sie mit der Zeit), die sich aber damals nicht realisieren ließen. Deshalb hat er die sog. "Lost Scene" nachgereicht - zunächst als Comic und jetzt für die X-Edition in animierter Form im Stil der Clerks-Zeichentrickserie. Die DVD bietet als Option, den Film mit der eingefügten Animation anzusehen. Hier eine kurze Zusammenfassung...

Die beiden betreten den Raum, Randal läßt sich über den Sammlerwert von Totenbildchen aus (abgebildet ist "Kumpel Jesus" aus Dogma) und Dante trifft Alyssa (Mallrats, Chasing Amy), die ihm von den Umständen die zu Julie Dwyers Tod geführt haben (Hirnschlag im Schwimmbad; s. Mallrats). Während sie Julie die letzte Ehre erweisen, berichtet Dante, warum Julies Eltern nicht besonders gut auf ihn zu sprechen sind. Gerade als Randal die Halle verlassen will, fällt ihm unglücklicherweise der Autoschlüssel in den Sarg und rutscht in die Hose der Toten. Julies Vater erwischt Dante mit der Hand an verfänglicher Stelle, es kommt zum Gerangel, Randal fliegt gegen den Sarg, der kippt um und Julie fällt heraus. Grund genug den Ort des Geschehens schnellst möglich zu verlassen. Und genau das tun sie... (Lauflänge: 8 Min. 12 Sek.).

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Perspicacity. / dt.: Scharfblick + Paradigm.

In diesen beiden Parts erleben wir Randals ehrfürchtigen Kniefall bei Big Choice Video, er gibt uns eine Lehrstunde über die Verweigerung von Rollenverhalten und wir lernen Rick Derris kennen, wobei Rick von dem Herrn gespielt wird, der eigentlich mal für die Rolle des Dante angedacht war, Ernie O'Donnell. Aber zuerst hat Walt Flanigan seiner 4ten Auftritt, dieses Mal als der Katzenfreund mit aufgezogener Kaputze, der sich von Randal mit den Worten "Fuckin' Dickhead" verabschiedet.

Scharfsinnige Beobachter werden festgestellt haben, dass Randall in dieser Szene nicht anwesend ist, und im Audiokommentar erklärt Kevin Smith, dass er im ersten Entwurf des Drehbuchs hier zu seiner Freundin fährt und ein Nümmerchen schiebt. Da dies aber gekippt wurde, halten sich in Fankreisen Gerüchte um die latente Homosexualität der Figur - wie um die meisten anderen Clerks/Mallrats/Chasing Amy-Charaktere im übrigen auch.

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Das Mädel, das sich schliesslich mit Rick Richtung Strand verabschiedet, ist eine Ex-Freundin von Kevin namens Kim Loughran und die Inspiration für beide Frauenrollen in Clerks. Ob ihr das zum Zeitpunkt des Drehs bewußt war? Im Film spielt sie Heather Jones und nur als Orientierungshinweis, dies ist die kleine Schwester von Alyssa "Finger Cuffs" Jones, die wir in Mallrats und Chasing Amy noch kennenlernen werden. Der Strand als Ziel der beiden scheint im Final Cut keine weitere Bedeutung zu haben, während in der ersten Schnittfassung klar ist, dass Herr Derris dort mit vorliebe pimpert. Daher sein Kommentar am Ende "I like the way you think."

Noch ein Geheimnis: Wenn sich Dante nach seinem "Jesus, what next?!" umdreht und angeblich Caitlin sieht, war sie eigentlich gar nicht anwesend. Tja, und wieder einmal wurde der arme Zuschauer arglistig durch Schnitt und Montage getäuscht!

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Der Strafzettel wegen des Tabakverkaufs an Minderjährige ist der zweite deutliche Kontinuitätsfehler im Film. Hätte Randal dem kleinen Mädchen die Zigaretten um 4 Uhr verkauft, hätten wir die Szene nicht vor dem Hockeyspiel sehen können, dass ja bereits um 2 Uhr statt fand. Obwohl man ja einfach argumentieren könnte, der Mann des Gesetzes hat sich vertan oder wurde von der Mutter des Kindes falsch informiert, sieht Smith selbst es als Fehler in der zeitlichen Struktur.

Im Anschluss an das Wiedersehen von Caitlin und Dante steht Jays große Tanznummer zum Elektroremix von Stabbing Westwards "Violent Mood Swings" (beim Dreh war es noch ein House Of Pain-Track) an. Für diese Szene musste die ganze Crew inklusive Kameramann das Set räumen, weil der gute Jason Mewes zu schüchtern war, um vor den Leuten abzuzappeln. Also steht die Kamera fix auf einem Stativ und lief während dieser Aufnahme unbeaufsichtigt. Die logische Erklärung für Jays Anfall von Hyperaktivität sollte eigentlich ein Zuckerschock sein, was aber im Schneideraum verloren gegangen ist. Ein bißchen später kommt die Szene, in der Jay ein Schild an die Ladentür klebt und dann Randal eine Art Klopf-Klingelstreich spielt. Wer den Film nur vom alten Polygram-Tape kennt, wird vermutlich den Text in der Sprechblase niemals wirklich haben lesen können. In der neuen DVD-Abtastung steht dort ganz deutlich "I Eat Cock!".

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Whimsy. / dt.: Laune

Apropos "Cock", der Soundtrack zum Hermaphroditen-Porno, den man im Whimsy-Part leise im Hintergrund hört, haben Kevin und Kameramann Dave Klein beigesteuert und es soll sich angeblich lohnen, da mal genauer hinzuhören...

Caitlins wirklich dämliches Outfit, das sie zur Feier ihrer ersten nekromantischen Erfahrung trägt, hat wirklich das Schreckenspotential Tote aufzuwecken. Den Latzhosenanzug, der Chaplin-like bis zum Brustansatz reicht, und mit einer weißen Bluse plus gepunktetem Krawattchen kombiniert ist, hat Kevin Smith übrigens höchstpersönlich ausgesucht - seiner Meinung nach der ewige Beweis, dass er kein guter Berater in Modefragen ist. Recht hat er.

Quandary. / dt.: Verlegenheit

Zitat

I'm stuck in this pit, working for less than a slave wages. Working on my day off, the goddamn steel shutters are closed, I deal with every backward ass fuck on the planet. I smell like shoe polish. My ex-girlfriend is catatonic after fucking a dead guy. And my present girlfriend has sucked 36 dicks. - Dante.

Nun kommt Dante zurück in den Laden, und Caitlin schwärmt vom Sex mit einem Toten, den sie versehentlich mit Dante verwechselt hat. Als Erektionsersatz unter dem Laken wurde ein abgesägter Besenstiel verwendet. Ganz nebenbei wird die Barre vom gleichen Typen weggeschoben, der kurz zuvor den Überbringer des Bußgeldbescheids gemimt hat. Was in dieser Szene auch noch durch Schnitte verloren gegangen ist, ist ein wirklich merkwürdiges Verhalten von Snowball, der nicht nur zur traumatisierten Caitlin und der Leiche in den Wagen steigt, sondern in der ursprünglichen Version seine Mütze über den Leichenständer stülpt, bevor er sein Brötchen isst. In der endgültigen Version sieht man ihn nur Essen und die Cap hat ihren Zielort ohne weitere Erklärung bereits erreicht.

Lamentation. / dt.: Wehklage

Dass "Salsa Shark" und "We gonna need a bigger boot!" Anspielungen auf Der weiße Hai (Jaws, 1975), einen von Kevin Smiths Lieblingsfilmen ist, nicht unbedingt zu den verschlüsselten Referenzen in Clerks gehört, dürfte klar sein. Also lassen wir das. Interessant ist hier höchstens, dass sie sich nur an dieser Stelle die Mühe gemacht, Markennamen zu überkleben. Eine Erklärung bleibt hier auch der Audiokommentar schuldig, d.h. Smith selbst hat keine Ahnung wieso. Ok, es könnte wohl kaum etwas egaler sein als das! Aber mehr gibt es zum Hintergrund dieser Szene, in der Randal sich ein weiteres Mal als treffender Beobachter und Kommentator für Dantes Leben erweist, tatsächlich nicht zu berichten.

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Juxtaposition. / dt.: Nebeneinanderstellung

Der letzte Auftritt von Jay & Silent Bob in Clerks. Ein weiteres Highlight und die erste Szene, in der den beiden Figuren mehr Tief und Charakter verliehen wird, und natürlich der Moment, in dem Silent Bob das erste Mal spricht! Jason Mewes sieht bei diesen Aufnahmen nicht ohne Grund aus als hätte er tatsächlich einen anstrengenden Tag hinter sich: Er soll völlig stoned gewesen sein, brauchte etliche Takes und hat entsprechend lustig drauflos improvisiert (der Teil mit der senilen Mutter bspw. stand so nicht im Drehbuch), so dass am Ende über eine halbe Stunde Material für diese Szene vorlag, das auf etwa 3 Minuten runtergekürzt werden musste. Dieses Zusammenstückeln erklärt auch, warum sich der Zustand von Jays Klamotten von Schnitt zu Schnitt dezent verändert.

Die folgende Szene, in der Randal Veronica über Dantes Gefühlsleben aufklärt, war die erste, die sie überhaupt gedreht hatten. Nicht nur, dass Jeff Anderson total verunsichert war, weil sich Marilyn Ghigliotti vorher ziemlich abfällig über seine schauspielerischen Fähigkeiten geäußert hatte, auch das Make Up-Girl hatte noch nicht das richtige Maß gefunden und Randal annähernd im Stil eines Transvestiten geschminkt und mit Eyeliner bearbeitet. Zuständig für das Make Up war übrigens das Mädel, dem Olaf auf Jays Anweisung seinen Metal-Song präsentiert.

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Catharsis. / dt.: Katharsis

Zitat

That guy Jay's got it right, man. He's got no delusions about what he does. [...] Well, if we're so fucking advanced, what are we doing working here? - Randal.

Die Aufnahmen des Katharsis-Teils waren wohl wirklich so anstrengend und nervenaufreibend wie sie wirken. Jeff Anderson hatte Probleme mit seinem Text, weshalb ihm als Erinnerungshilfe Texttafeln präsentiert wurden, deren Anwesenheit man laut Audiokommentar am Aufprall hören kann, wenn Randal Dinge nach rechts aus dem Bild wirft. Auf jeden Fall war der Ärger von Anderson am Ende der Szene wohl in wesentlichen Teilen echt, und er hat den Laden tatsächlich stinksauer verlassen, um draußen erst seinen Frust loszuwerden. So gesehen wurde (abgesehen davon, dass die Manipulation bestimmt nicht kalkuliert war) in Clerks geradezu mit Kubrick'schen Methoden gearbeitet!

Denouement. / dt.: Aufklärung

Im kurzen Denouement-Abschluss liefert Kevin Smith zufolge Randals Anfrage, ob er noch irgendwas für Dante tun könne bevor er geht, wiederum Spekulationsfutter im Hinblick auf seine sexuelle Orientierung - obwohl ich bisher eher gedacht hätte, dies wäre einfach nur der Aufhänger für Randals gerappten Goofy-Abgang. Im ursprünglichen Clerks-Cut ging der Film noch ein bisschen weiter und endete mit Mord und Totschlag! Ein Ladendieb/Räuber taucht auf und erschießt Dante kurzerhand. Kevin Smith spricht in diesem Zusammenhang auch gern von seinem "Spike Lee"-Ende. Eine wirklich treffende Beschreibung.

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Übrigens, im Abspann gibt es neben der Aufklärung aller Doppeltbesetzungen und dem Hinweis auf Kevins Vorbilder (Richard Linklater, Spike Lee, Jim Jarmusch, etc.) einige Kuriositäten und Rechtschreibfehler. Wer zum Schluss also noch das Bedürfnis nach einem Suchspiel haben sollte, kommt bis zur letzten Sekunde auf seine Kosten...

Spoiler

Als Regisseur hat sich Kevin Smith 7 Jahre lang von 1994 bis 2001 ausschliesslich mit seinem Jersey-Zyklus beschäftigt. Das Ergebnis: Clerks (1994), Mallrats (1995), Chasing Amy (1997), Dogma (1999) und Jay and Silent Bob Strike Back (2001). Hinzu kommen eine (fast) gescheiterte Clerks-Zeichentrickserie sowie der Kurzfilm The Flying Car (2002). Und entgegen anderslautender Beteuerung glaubt keiner von Smiths Freunden, dass er die Jersey-Saga tatsächlich einmal endgültig abschließen wird. Im Audiokommentar zu Clerks äußert sich Kevin Smith z.B. noch im Zusammenhang mit dem von ihm gedrehten Videoclip zu Soul Asylums "I Can't Even Tell", dass nichts einem Clerks-Sequel näher kommen wird als das. Zum Glück wissen wir es 10 Jahre später besser...

2004 wagte er den ersten Versuch eines Kinofilms abseits der Chronicles, dessen zweifelhaftes Ergebnis sinnigerweise den Titel Jersey Girl trägt. Zumindest sagt Kevin hierbei die Erkenntnis gewonnen zu haben, dass er niemals wieder die Lebensabschnittsgefährtin eines seiner Hauptdarsteller mitspielen lassen wird.

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Seine Karriere als Darsteller beschränkt sich vor allem auf die bislang sechs (Kino-)Auftritte als Silent Bob (Clerks, Mallrats, Chasing Amy, Dogma, Jay and Silent Bob Strike Back, Scream 3), wobei der siebte wie erwähnt in Arbeit ist. Darüberhinaus trat er in Big Helium Dog (1999) sowie jeweils in Nebenrollen in Vulgar (2000), Dare Devil (2003) und Jeff Andersons Regiedeüt Now You Know (2002) auf.

Als Produzent war er da schon wesentlich umtriebiger: Neben kleinen Projekten wie Drawing Flies (1996), A Better Place (1997), einem Film von Smiths Kumpel Vincent Pereira, oder Vulgar (2000), fungierte er auch als Co-Producer beim Oscar-Abräumer Good Will Hunting (1997). Nach dem Flop mit Jersey Girl, steht 2005 wieder ganz im Zeichen der Ladenhüter und führt Smith mit The Passion of the Clerks zurück in den Bannkreis des Quick Stop. Für nächstes Jahr ist dann mit der Reporter-Krimi-Komödie Fletch Won der zweite Ausbruchversuch geplant. Außerdem wird vermeldet, er sei für das Script zur Kinoauflage des Serienkults The Green Hornet zuständig.

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Jeff Anderson (Randal Graves) war ja eigentlich nie ein Schauspieler und hat sich nach Clerks auch erst einmal aus dem Biz zurückgezogen. Nicht ganz freiwillig, wie man ehrlicherweise feststellen muss. Nach dem Verkauf von Clerks an Miramax kam es zu ziemlichen Spannungen zwischen ihm und Kevin Smith, bei denen es um eigenmächtige Vertragsverhandlungen von Anderson mit Miramax ging. Mit anderen Worten: Der gute Jeff versuchte mehr Geld aus der Sache herauszuschlagen als er von Kevin bekommen hatte. Glücklicherweise haben die beiden ihre Unstimmigkeit mittlerweile aber beigelegt. Dies dürfte aber wohl der Grund sein, warum er erst 1999 wieder als Waffenverkäufer in Dogma auftaucht. In den darauf folgenden Jahren spielte er noch zwei Nebenrollen in kleinen Produktionen (Love 101, Rennie's Landing), um dann in Jay and Silent Bob Strike Back seine Wiederauferstehung als Randal Graves zu feiern. 2002 versuchte er sich an einem eigenen Projekt, dem bereits erwähnten Now You Know. Buch, Regie, Hauptrolle: Jeff Anderson.

Brian O'Halloran (Dante Hicks) gehörte zu den wenigen Darstellern des Films, die tatsächlich über Schauspielerfahrung verfügten, wenn auch nicht beim Film, sondern auf der Bühne. In Smiths Folgefilmen tauchte er immer wieder in verschiedenen Rollen mit dem Nachnamen Hicks auf und spielte quasi jedes Mal einen Verwandten seines Clerks-Ausgangscharakters. Als Dante himself taucht er wie Anderson erst in Jay and Silent Bob Strike Back wieder auf. Eine völlig andere, ernstere Seite seines schauspielerischen Könnens durfte er in der Rolle des Vergewaltigungsopfers Flappy in Vulgar zeigen. Komödiantisch ging es dann wieder 2001 in Drop Dead Roses zu.

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Marilyn Ghigliotti verließ im Anschluss an Clerks die Jersey Chronicles um in Trash- und Winzfilmen wie Jacker 2: Descent to Hell (1996) oder Invasion for Flesh and Blood (1996) mitzumischen. Es folgten noch Nebenrollen in zwei anderen kleinen Produktionen, aber seit dem scheint sie ihre Kinokarriere an den Nagel gehängt zu haben. Lisa Spoonauer, ihre Konkurrentin im Wettrennen um Dantes Herz entschied sich im echten Leben für ihren späteren Ehemann und Randal-Darsteller Jeff Anderson. Als Schauspielerin tauchte sie wie Jeff nur noch in einigen kleinen Produktionen auf.

Am Interessantesten sind aber natürlich die Gastauftritte vieler Darsteller in den Folgefilmen von Kevin Smith, die sich nicht nur auf Brian O’Halloran, Jeff Anderson, Jason Mewes oder Smith selbst beschränken, sondern auch die Darsteller kleinerer Rollen wie die vom TransAm fahrenden Rick Derris einschließen. Offensichtlich erinnert sich Kevin Smith gerne an alte Weggefährten und lässt sie bei Gelegenheit kurz durch’s Bild huschen.

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Eine Kuriosität am Rande: Es gibt auch noch so etwas wie eine verschollene TV-Variante von Clerks, wobei es sich wohl um den traurigen Versuch einer Sitcom-Adaption handeln muss. Es gibt aber nur den Piloten, den außer den Verantwortlichen der ABC, Kevin Smith, Scott Mosier und Vincent Pereira niemals jemand gesehen haben soll. Letzteres ist wohl ein Gerücht. Fakt ist aber, dass keiner derjenigen, die das Material gesehen haben, etwas Positives zu berichten weiß. Kevin Smith hatte mit der Inszenierung absolut nichts zu tun, nur ein Teil der von ihm ersonnenen Charaktere fand Verwendung.

Regie führte ein Sitcom-Routinier namens Michael Lessac. Das Buch schrieb ein gewisser Richard Day, der seinen Karrierehöhepunkt wohl als einer der ausführender Produzenten der Michael J. Fox - Serie Chaos City (Spin City) erreicht hatte. Die Rolle des Randal übernahm Jim Breuer, der später einen der Schwachmaten in Half Baked (1998) gespielt hat. Dante wurde von einem gewissen Andrew Lowery verkörpert, der Nebenrollen in Color of Night (1994) oder dem alten Buffy-Kinofilm (1992) gespielt hat und den man nun wirklich nicht kennen muss.

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Beim Clerks-Logo vom Cover (im Film selbst ist die Titeleinblendung ja schlicht gehalten) handelt es sich übrigens um eine Collage aus folgendem Bildmaterial:

einem C der Cosmopolitan,

einem L des Life Magazine,

einem E des Rolling Stone,

einem R von einer Chipstüte der Marke "Ruffles",

einem K von der Verpackung eines "Clark"-Schokoriegels und

einem S von einer Süßzeugschachtel der Marke Coobers Candy.

Wer das also bei Gelegenheit nachbasteln möchte, dies wäre die Anleitung!

10 Jahre nach Veröffentlichung präsentiert Kevin Smith der Welt die wirklich ultimative DVD zum Phänomen, die X-Edition. Ein 3er Boxset, auf dem man wirklich alles findet, was es jemals zum Film gab. Disc 1 enthält zunächst einmal die Kinofassung von Clerks in nie gesehener Qualität. D.h. zwar nicht, dass der Film nun gestochen scharf wie eine aktuelle Großproduktion aussieht, aber wenn man wie ich bisher nur die Quali der alten VHS-Kassette kannte, kann man hier schon von einem richtigen Quantensprung sprechen. Auch der Ton ist um einiges kräftiger und klarer abgemischt, so dass es hier wirklich mit gespitzten Ohren viel Neues zu erlauschen gibt. Enthalten ist neben dem englischen Originalton auch noch eine französische Tonspur sowie spanische und englische Untertitel.

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Als Extras gibt es auf dieser Scheibe zunächst mehrere zuschaltbare Optionen, um tiefer in die Welt der Clerks einzutauchen. Da wäre zum einen der klassische Audiokommentar, den Kevin Smith zusammen mit einer ganzen Bande von Beteiligten (u.a. Scott Mosier, Walt Flanigan, Vincent Pereira, Jason Mewes) 1995 während der Dreharbeiten zu Mallrats für die damals anstehende Laserdisc-Veröffentlichung aufgenommen hat. Leider ist hier die Tonqualität nicht wirklich berauschend, so dass man sich zum Teil sehr konzentrieren muss, um dem Kommentar folgen zu können, insbesondere wenn irgendjemand im Hintergrund irgendetwas dazwischen plappert. Vom Informationsgehalt ist er aber natürlich erstklassig, wie man es von einem Audiokommentar-Fan wie Kevin Smith nicht anders erwarten würde. Eine weitere Option ist die Trivia-Variante, in der der Film laufend mit Info-Schnippseln unterlegt wird. Hier erfährt man dann so lustige Details wie z.B. das Clerks in Japan erst 2000, sechs Jahre nach dem US-Start veröffentlicht wurde, Kevin Smiths Top Five Lieblingsfilme (Do the Right Thing, A Man for all Seasons, JFK, Jaws, The Last Temptation of Christ) oder dass das Clerks-Tape die meist gestohlenste Leihkassette in den USA ist. Außerdem hat er hier die lexikalischen Definitionen für die Zwischentitel eingefügt.

Weitere Extras sind der Kurzfilm The Flying Car und die im Spoilerbereich ausführlicher vorgestellte "Lost Scene", die im Stil der Clerks-Zeichentrickserie animiert ist und die Geschehnisse auf der Beerdigungsfeier wiedergibt, die man bisher nur erahnen konnte. Entweder man sieht sie sich mit einleitenden Worten von Kevin Smith und Scott Mosier separat oder aber hat auf Wunsch die Möglichkeit, den Film direkt mit der eingefügten Szene anzusehen. Dafür wurde auf eine nette Spielerei zurückgegriffen: Der Cartoon ist zunächst s/w wie der Film und wechselt dann fließend in Farbe über. Wer also den vollen Informations-Overkill möchte, der kann sich Clerks auch gleich direkt im Trivia-Modus mit Audiokommentar und inklusive der Animated Lost Scene anschauen!

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Bei dem erwähnten The Flying Car handelt es sich um einen 2002 gedrehten Kurzfilm, der als Beitrag für die Jay Leno Show produziert wurde. Richtig schön im reduzierten All-Talking-Style (wenn auch in Farbe) mit den Original Clerks-Charakteren Dante und Randal, die über fliegende Autos diskutieren. Inhaltlich eine Art Mischung aus der Todesstern-Diskussion und dem Cousin Walter-Gespräch auf dem Weg zum Beerdigungsinstitut. Zugegeben, der Aufbau ist nicht ganz so flüssig wie damals, stattdessen gerade im Abschluss etwas gewollt, aber es ist trotzdem schön, die beiden Ladenhüter wieder gemeinsam in Aktion zu sehen. Dazu gibt es selbstverständlich auch eine Einleitung von Kevin Smith.

Das war aber längst noch nicht alles. Hinzu kommen die acht alten MTV Spots mit Jay & Silent Bob, der Kinotrailer, das von Kevin Smith gedrehte Musik-Video zu Soul Asylums "I can't even tell" und eine Extra-Section, die sich eigens mit der Bearbeitung des Films für diese Special Edition befasst; bestehend aus zwei Beiträgen zur Restauration von Bild und Ton mit Scott Mosier und David Klein sowie einer Einleitung von Kevin Smith speziell zur qualitativ aufgemotzten Version. Ein echtes Highlight (remember: wir reden hier immer noch von der ersten von insgesamt drei DVDs!) ist das Archivmaterial der Vorsprechen von Brian O'Halloran (Dante), Jeff Anderson (Randal), Marilyn Ghigliotti (Veronica) und Ernie O'Donnell (Rick Derris). Abgerundet wird die erste Disc durch einen DVD-Rom-Part mit dem ersten Entwurf des Drehbuchs und einen Sneak Peek-Bereich, in dem man sich die Trailer zu Clerks Uncensored (die Animationsserie), Chasing Amy, Jay and Silent Bob Strike Back, Jersey Girl sowie einen Imagetrailer zum 25-jährigen Miramax-Jubiläum ansehen kann.

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Kommen wir nun zu Disc 2, die sich dem ursprünglichen 105-Minuten-Cut von Clerks widmet, also so wie Kevin Smith und Scott Mosier ihn damals eigenhändig im Videostore zusammengeschnitten haben und er seine Erstaufführung erlebt hat. Zur Einleitung gibt es - wie kann es anders sein - wieder einmal einführende Worte. Die Urfassung kommt zudem mit einem eigenständigen, weiteren Audiokommentar, der extra für die DVD produziert wurde und mit fast der kompletten Besetzung (abgesehen von den beiden weiblichen Hauptdarstellern) aufwarten kann. Informativer ist natürlich der Classic Commentary zur Kinofassung, aber man merkt den Beteiligten die gute Laune beim Wiederansehen des Films an (und kann sie über die Angle-Option sogar dabei beobachten!). Die Unterschiede zur von Miramax überarbeiteten Kinofassung sind bei weitem nicht so gravierend wie es die fast 15 Minuten Laufzeitunterschied vielleicht vermuten lassen. Und ich würde wirklich unterschreiben, dass der Film ohne Abstriche durch die Änderungen gewonnen hat. Insbesondere die Dynamik ist in der gestrafften Version einfach besser, was nicht allein auf den Soundtrack zurückgeht, der hier teilweise noch anders und reduzierter ist. Überhaupt wurde hier nichts nachbearbeitet, um den rauen Charme nicht zu verfälschen. D.h. die Bildqualität ist schon ziemlich dürftig, das Bild ist alles andere als reich an Details und der Film kommt im Vollbild.

Der gravierendste Unterschied ist und bleibt natürlich der Schluss mit dem bitterbösen Überraschungsende. Man muss sich das folgendermaßen vorstellen: An der Stelle, wo die Kinofassung aufhört und der Abspann beginnt, folgt hier ein völlig Bruch, der durch das rotierende Cherry Fruit Pie-Windspiel, das wir auch aus der neuen Fassung kennen, eingeleitet wird. Die Szene beginnt mit einer subjektiven Kamerafahrt a la Halloween, wir hören das leise Wehen des Windes und nähern uns von außen der Ladentür. Der vermeintliche Kunde, der uns hier in Thrillermanier vorgestellt wird, betritt den Laden und ohne größere Umschweife wird Dante erschossen. Ist das ein künstlerisch wertvoller Bruch, der aus Marketing-Gründen herausgenommen wurde? Ich würde sagen 'nein', hier sind eher in der Originalversion die Pferde mit Kevin Smith durchgegangen. Dieser von ihm selbst als "Spike Lee"-Ende bezeichnete Schluss passt einfach vorne und hinten nicht, so dass dies aus meiner Sicht ausnahmsweise eine vom Verleih umgeschnittene Version ist, für die man dankbar sein darf. Außerdem: Wie hätte das ein Start in die Jersey Chronicles werden können?!

Clerks - ScreenshotClerks - Screenshot

Disc 3 ist eine reine Bonus-Scheibe vollgepackt mit weiteren Extras. Zentraler Gegenstand ist die absolut geniale Dokumentation "Snowball Effect", die die Entstehungsgeschichte des Films und das Clerks-Phänomen insgesamt nachzeichnet, und vor allem die Hintergründe der Beteiligten, ihre Beziehungen zueinander. Ernsthaft, die Entwicklung mit all ihren Auf's und Ab's, Erfolgen und Rückschlägen ist 90 Minuten Unterhaltung pur und würde locker genug Material für einen abendfüllenden Spielfilm liefern. Ebenfalls enthalten: Mae Day - The Crumbling of a Documentary, das erste Resultat der Zusammenarbeit zwischen Mosier und Smith während ihrer kurzen Zeit an der Filmhochschule. Den perfekten Abschluss der 10th Anniversary Edition bildet eine Q&A-Runde, die anlässlich des zehnjährigen Jubiläums stattgefunden hat und noch einmal fast alle Darsteller in entspannter Runde auf einer Bühne versammelt. Wem das immer noch nicht reicht, der kann sich mit "Snowball Effect"-Outtakes, einer umfassenden Bildergalerie, Artikeln, Reviews und Kevins Tagebucheinträge zum Thema Clerks die Überdosis geben. Mehr geht nicht. 1+ mit Sternchen.

Autor: Frank Meyer
Film online seit: 02.02.2005
Letzte Textänderung: 07.04.2005

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