Film Daten

Titel:
Sasori - Scorpion
Originaltitel:
Joshuu 701-gô: Sasori
Land & Jahr:
Japan 1972
Laufzeit ca.: ?
86 Min.
Regie:
Shunya Ito
Darsteller:
Meiko Kaji
Rie Yokoyama
Isao Natsuyagi
Fumio Watanabe
Yayoi Watanabe
Yôko Mihara
Akemi Negishi
Hideo Murota
Emi Jo
Chie Kobayashi
Alternativtitel:
Female Prisoner #701: Scorpion
Weitere Infos:
IMDB  OFDB

DVD Daten

DVD Cover - Rapid Eye Movies
Label:
Rapid Eye Movies
Regionalcode / Norm:
0 / PAL
Bild / Zeit:
2.35:1 (anamorph) / 86:53
Sprachen/Ton:
Deutsch - DD 2.0
Japanisch - DD 2.0
Untertitel:
Deutsch
Extras:
  • Bildergalerie
  • Trailer
  • weitere Trailer: Sasori - Jailhouse 41 / Sasori - Den of the Beast / Sasori - Grudge Song / Hanzo - the Razor: Sword of Justice / Hanzo - the Razor: The Snare
  • Poster

Sasori - Scorpion

(Ein Review von Carsten Henkelmann)

Die Gefangene 701, Nami Matsushima (Meiko Kaji), auch kurz einfach nur Matsu genannt, wagt einen Ausbruch aus dem Gefängnis, der aber nicht glückt. Aber auch in der anschließenden Einzelhaft nebst Folter durch das Gefängnispersonal läßt sie sich nicht unterkriegen und denkt nur an die Rache an ihren ehemaligen Liebhaber Sugimi (Isao Natsuyagi). Für ihn schlich sie sich in eine Yakuza-Organisation ein, wurde aber als Spionin entlarvt und wurde somit nutzlos für Sugimi, dem es egal war, dass sie danach ins Gefängnis kam. Der verspricht nun allerdings Matsus Mithäftling Katagiri (Rie Yokoyama) die Freiheit, wenn es ihr gelingt Matsu umzubringen ...

Sasori - Scorpion - ScreenshotSasori - Scorpion - Screenshot

Bei den sogenannten "Women in Prison" Filmen (auch: WIP-Filme) denkt man im europäischen Raum vor allen an Jess Francos Frauengefängnis und seine unzähligen eigenen Nachfolger (vier weitere drehte er allein für Erwin C. Deitrich). In den USA war es dann eher Jack Hills The Big Doll House oder Jonathan Demmes Caged Heat. Großbritannien hielt sich hingegen eher zurück, auch wenn dort Pete Walker mit House of Whipcord wohl seinen bekanntesten Film drehte. Woher diese Faszination der Frauengefängnisse kommt ist unklar. Allerdings sind sie aus Sicht eines Exploitationfilmers ein sehr reizvolles Thema, denn der vornehmlich männlichen Zielgruppe können wilde Kämpfe unter Frauen, lesbischer Sex, Folter, Erniedrigungen weiblicher Personen und andere reißerische Themen relativ billig vorgesetzt werden, wodurch sich der Erfolg in den 1970er Jahren wohl erklären dürfte.

Die Filme dieses Genres aus Japan liegen dagegen eher in der Tradition von Dramen, die Tod und Folter im alten Japan darstellten und sich auf historischen Fakten beriefen. Berühmt und berüchtigt waren hier vor allem die Tokugawa-Filme von Teruo Ishii. Auch wenn sie im Grunde genommen genau solche Exploitationfilme waren wie ihre Kollegen aus der westlichen Region, so unterschieden sie sich doch durch eine stilvollere Inszenierung und stellten das menschliche Schicksal mehr in den Vordergrund. Gleichzeitig war die Darstellung der Gewalt aber um einiges drastischer, weshalb gerade die Tokugawa-Filme von einfachen Geistern häufig als Splatterfilme mißverstanden werden. Mit etwas weniger Gewalt, aber dafür mehr Freizügigkeiten ging dann mit Sasori - Scorpion 1972 der erste Film der "Joshuu Sasori" Reihe an den Start, im englischsprachigen Raum auch als die "Female Prisoner Scorpion" Filme bekannt. Diese WIP-Filme wurden von den Toei-Studios produziert, basierten auf einer erfolgreichen Manga-Serie von Tooru Shinohara und die Hauptrolle spielte die frisch frisch von den Nikkatsu Studios herübergekommene Meiko Kaji. Dort war sie mit der "Stray Cat Rock" Filmreihe um eine Frauengang sehr erfolgreich gewesen.

Sasori - Scorpion - ScreenshotSasori - Scorpion - Screenshot

Zunächst beginnt Sasori - Scorpion noch relativ konventionell mit der Flucht von Matsu und einer anderen Frau aus dem Gefängnis und der obligatorischen, anschließenden Folter. Aber hier bemerkt man schon, dass Matsu nicht die übliche Gefangene ist, die unter Angstschreien sinnlose Folterungen über sich erleiden läßt. Sie redet nur sehr selten, selbst dann nicht, wenn sie massiv verprügelt wird. Auch wenn sie vor dem Ausspionieren der Yakuzas für Sugimi nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist, so besitzt sie doch eine enorme innere Stärke. Sie will sich nicht einfach ihren Peinigern ergeben, sondern schlägt in günstigen Momenten sogar zurück. Strafbefehle führt sie ohne Murren aus, dies allerdings auch zu dem Zweck, Stärke zu demonstrieren und offen zu zeigen, dass sie nicht ein willenloses Spielzeug ist, mit dem man alles machen kann. Hier unterscheidet sich die Filmreihe stark von den Mangas, wo Matsu kaum aus dem Fluchen herauskommt, was aber Meiko Kaji nicht gefiel und sich für eine fast stumme Umsetzung der Rolle entschied.

Matsu ist eine Person mit einem enorm starken, aber auch undurchsichtigen Charakter. Dies bringt ihr auch Feinde innerhalb der Häftlinge, denn wegen ihr werden auch schon mal kurzerhand alle mit z.B. kleineren Essensrationen bestraft. Direkte Freunde hat sie innerhalb der Gefängnismauern keine, nur vereinzelte Personen stehen ein bißchen zu ihr. Jeder Versuch ihren Willen zu brechen, oder etwas mehr aus ihr herauszubekommen, scheitert. So gelingt es Matsu z.B. einen weiblichen Polizeispitzel derart zu verführen, dass diese am liebsten wieder zurück in die Zelle zu Matsu möchte. Alle Angriffe und Erniedrigungen auf Matsu erträgt diese mit einer Ruhe, die den Gegnern unheimlich ist, aber Matsu etwas erhabenes und elegantes verleiht, auch wenn sie nur Gefängniskleidung trägt. Aus jeder weiteren Erniedrigung geht sie stärker als zuvor wieder heraus.

Sasori - Scorpion - ScreenshotSasori - Scorpion - Screenshot

Die für WIP-Filme üblichen Portionen an Sex und Gewalt dürfen dabei allerdings auch nicht fehlen. Auch wenn im Vorspann zunächst alle Häftlinge nackt durchs Bild laufen und auch die obligatorische Massen-Duschszene nicht fehlen darf, so zielt der Film doch nicht unbedingt auf die Lendengegend der männlichen Zuschauer. Sasori - Scorpion ist kein Ilsa-Film und auch kein Mädchen schutzlos hinter Gittern (Bare Behind Bars, 1976). Kein billiger Sleaze, sondern ein mit drastischen Mitteln erzähltes Drama. Wenn nackte Haut gezeigt wird, dann dient dies eher als Symbol für die Erniedrigung der Häftlinge, dem nicht-Zusprechen einer Intimsphäre. Eine Szene mit Matsu und einem anderen Häftling weist hingegen mehr Erotik auf als die meisten anderen WIP-Filme zusammen aufbringen können. Die gezeigte Gewalt ist da schon eher von der brutaleren Sorte, mit Massenprügeleien auf eine einzelne Person oder auch den häufiger aus japanischen Filmen bekannten starken Blutfontänen. Während des Angriffs einer Gefangenen aus Sasori bekommt man dann auch noch eine etwas derbere Szene zu sehen, die aber schon wieder so überzogen erscheint, dass man fast schmunzeln möchte (Stichwort: Glasscherbe).

Auch wenn sich die Thematik des Films auf reinstem Exploitationgebiet bewegt, so hebt doch die Inszenierung durch Regisseur Shunya Ito Sasori - Scorpion über das Niveau fast aller WIP-Filme und verleiht ihm einen kunstvollen Anstrich. Die Flashback-Sequenz, in der dem Zuschauer dargestellt wird, was zwischen ihr und Sugimi passiert ist, beginnt erst normal, entpuppt sich aber schließlich als Theaterbühne mit Glasboden und schwenkbarer Kulisse. Momente einer späteren Gefängnisrevolte spielen sich ebenfalls in den kunstvoll gestalteten Kulissen eines Studios ab und ein Bluttropfen auf einem weißen Leinentuch erinnert für wenige Sekunden an die japanische Nationalflagge - womit nebenbei gleich ein politisches Statement abgegeben wurde.

Sasori - Scorpion - ScreenshotSasori - Scorpion - Screenshot

Auch zeigen sich Kamera und Beleuchtung sehr kreativ und innovativ. Die Kamera unternimmt manchmal sehr abenteuerliche Schwenks und fängt schon mal eine eigentlich in der vertikalen ablaufende Szene horizontal ein, kippt also um fast 90 Grad und ohne Schnitt auch wieder zurück. Als Sasori klar wird, dass Sugimi sie nur benutzt hat, wird ihre Rage durch ein von unten heraufstrahlendes rotes Licht verdeutlicht und eine andere Gefangene verwandelt sich allein nur durch die Beleuchtung in eine Art Dämon aus dem Kabuki-Theater, der Sasori nach dem Leben trachtet.

Sasori - Scorpion bietet also alle Elemente des typischen Frauenknastfilms, unterscheidet sich in seiner Umsetzung aber doch sehr stark von den meisten anderen Filmen des Genres. Wer den üblichen schmierigen Gefängnisfilm erwartet, wie ihn z.B. Jess Franco fast perfektioniert hat, der dürfte sich überrascht zeigen. Neben der kunstvollen Inszenierung ist es vor allem Meiko Kaji, die den Film mit ihrer Präsenz aufwertet. Sie ist die perfekte Hauptdarstellerin für eine tragische Figur, die viel Leid erfahren muss, sich davon aber nicht brechen läßt sondern mit ganzer Stärke dagegen ankämpft. Zudem bietet der Film eine Menge Abwechslung und wird somit nie langweilig. Wer also mal einen der besseren Vertreter des WIP-Genres sehen möchte, dem sei zu Sasori - Scorpion geraten.

Sasori - Scorpion - ScreenshotSasori - Scorpion - Screenshot

Für Regisseur Shunya Ito war Sasori - Scorpion sein Debütwerk, eine sehr bemerkenswerte Leistung für einen Erstlingsfilm. Er drehte noch die beiden Sequels Female Convict Scorpion Jailhouse 41 (Joshuu sasori: Dai-41 zakkyo-bô, 1972) und Female Prisoner Scorpion: Beast Stable (Joshuu sasori: Kemono-beya, 1973) und danach sollte es erst wieder 10 Jahre dauern, bis er seinen nächsten Film drehte. Für Meiko Kaji waren die Sasori-Filme die zweite Filmreihe nach den Stray Cat Rock (Nora-neko rokku, 1970-1971) Filmen und der nach dem Sequel Female Convict Scorpion Jailhouse 41 (Joshuu sasori: Dai-41 zakkyo-bô, 1972) gedrehte Lady Snowblood (Shurayukihime, 1973) brachte ihr den endgültigen Durchbruch in Japan. Später war sie auch noch in Kinji Fukasakus Yakuza Graveyard (Yakuza no hakaba: Kuchinashi no hana, 1976) zu sehen. Der den Sugimi spielende Isao Natsuyagi sah man ansonsten noch in Panik über Tokio (Nippon chinbotsu, 1973) oder den Zeitreise-Kriegsfilm Time Slip (Sengoku jieitai, 1979) mit Sonny Chiba.

Wollte man Sasori - Scorpion bislang auf DVD sehen, so blieb nur der Weg ins Ausland, da die Filmreihe hierzulande auch so gut wie unbekannt war. Direkt aus Japan und aus Frankreich gab es eine DVD, die allerdings keine englischen Untertitel boten. Diese gab es dann bei der bislang einzigen Alternative, die US-DVD von Media Blasters/Tokyo Shock. Für Deutschland hat sich Rapid Eye Movies nun des Films (und scheinbar wohl auch der ganzen Serie) angenommen und präsentiert den Film erstmals in deutscher Sprache. Die Bildqualität sieht auf Entfernung erstmal ganz gut aus, bei genauerer Betrachtung bemerkt man aber - wie bei vielen Rapid Eye Veröffentlichungen von japanischen Filmen - Nachwirkungen einer Normkonvertierung von NTSC zu PAL. Dies macht sich in Nachzieheffekten und Bewegungsunschärfen bemerkbar und die allgemeine Schärfe kommt über ein Mittelmaß nicht hinweg. Der Ton liegt sowohl im japanischen Original als auch in einer neu angefertigten deutschen Synchronisation in Dolby Digital 2.0 vor.

Sasori - Scorpion - ScreenshotSasori - Scorpion - Screenshot

Die Extras sind leider wenig umfangreich, was bei einem Nischentitel wie Sasori - Scorpion aber auch fast nicht anders zu erwarten war. Neben einer Bildergalerie gibt es nur noch den Trailer zum Film sowie einige weitere Trailer aus dem Rapid Eye Programm. Die machen allerdings schon neugierig, denn es handelt sich dabei um die Trailer zu weiteren Sasori-Filmen sowie zweien aus der Hanzo - The Razor Reihe, die alle bislang noch nicht in Deutschland veröffentlicht wurden.

Quellennachweis

http://www.midnighteye.com/

Autor: Carsten Henkelmann
Film online seit: 15.06.2006
Letzte Textänderung: 03.08.2006

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