Film Daten

Titel:
Die purpurnen Flüsse
Originaltitel:
Rivières pourpres, Les
Land & Jahr:
Frankreich 2000
Regie:
Mathieu Kassovitz
Darsteller:
Jean Reno
Vincent Cassel
Nadia Farès
Dominique Sanda
Karim Belkhadra
Jean-Pierre Cassel
Weitere Infos:
IMDB  OFDB

Die purpurnen Flüsse

(Ein Kurzreview von Carsten Henkelmann)

Kommissar Pierre Niemans (Jean Reno) wird in ein abgelegenes französisches Städtchen gerufen, wo einem Mann die Augen und die Hände entfernt wurden. Bei seinen Ermittlungen stößt er immer wieder auf Hinweise, die stets zu der dort ansässigen und sehr angesehenen Universität führen. An ganz anderer Stelle ermittelt Max Kerkerian (Vincent Cassel) im Fall einer Grabschändung und eines Einbruchs in ein Schularchiv. Die beiden Delikte haben scheinbar nichts miteinander zu tun, bis er herausfindet, dass alle Unterlagen über das Kind, dessen Grab geschändet wurde, aus der Schule gestohlen wurden. Die Ermittlungen beider Kommissare führen sie schließlich zusammen, aber die blutigen Foltermorde gehen weiter...

Auch wenn der Film nicht immer ganz schlüssig ist und die Kommissare im letzten Drittel manchmal etwas zu schnell alle Details herausfinden, so ist "Die purpurnen Flüsse" doch ein enorm spannender Thriller mit zwei guten Hauptdarstellern und einer beeindruckenden Optik. Jean Reno überzeugt wieder mal vollauf und auch Vincent Cassel macht seine Arbeit sehr gut. Zusammen bilden sie ein interessantes Gespann, Reno als ruhiger Denker, Cassel als derjenige mit großer Klappe und jugendlichem Heißsporn. Der Film präsentiert sich als sehr ernster Thriller, der ungefähr in einer Linie mit bekannten Werken wie "Schweigen der Lämmer" oder "Sieben" liegt, aber handlungstechnisch doch ein wenig anders funktioniert. Hier sind die Polizisten nicht auf der Jagd nach einem handelsüblichen Serienkiller, sondern die wahren Gründe liegen viel tiefer und haben ihre Wurzeln in der Vergangenheit.

Autor: Carsten Henkelmann
Film online seit: 27.08.2004

Leser-Kommentare

16.05.2007, 18:06:56 Dietmar Kesten

DIE PURPURNEN FLÜSSE

EINS TEILT SICH IN ZWEI

von DIETMAR KESTEN, GELSENKIRCHEN, 10.

JANUAR 2007.

Die sozialdarwinistische Faustregel lautet: Die, die nicht durchkommen, werden umkommen. Entstellte Leichen in Eishöhlen, oder wie in Teil 2 („Die Engel der Apokalypse“) der Killer in Mönchskutte, der wütet. Das Leben von Namenlosen, die um die Ecke gebracht werden, ist unwertes Leben, selbst im Kino. Dieser Doppelsinn drückt schon eine irre Identität aus, die einem das Fürchten lehrt.
Beide Filme sind auf die Ökonomie des Tötens ausjustiert. Und Menschlichkeit wird als Wehleidigkeit interpretiert. In aller Kälte. Und mit aller Härte. Wer das Geheimnis lüften will, der muss sakrale Geheimnisse lösen und der Morbidität der Mönche auf die Spur kommen. „Die purpurnen Flüsse“ (Regie: Mathieu Kassovitz, 2000) ist billiger Trash mit Popkultur unterlegt, Mysterienkult und „Scream“ Horror.

Das Ziel besteht hier darin, die Gewaltbereitschaft als Attraktion zu verkaufen. Blut strömt aus Kruzifixen, Bolzenschussgeräte kommen zum Einsatz, Messer und anderes Schlachterwerkzeug. Fehlt nur noch der Ruf nach Kreuzigung. „Die Engel der Apokalypse“ (Regie: Olivier Dahan, 2004) treiben ein blutiges und übles Spiel. Als religiöser Wahn gedeutet ist es diese schon gedankenlose entzivilisierte „Normalität“, die Gefallen daran findet, der Blutigkeit zur Entsprechung im Kino zu verhelfen. Es kommt hier wie gerufen. Es ist unsinnig zu glauben, dass es keinen Zusammenhang zwischen der zwischenmenschlichen Gewalt und der im Kino gibt. Je mehr es am gesellschaftlichen Leben als Kulturclasher partizipiert, umso deutlicher wird auch seine Verwerfung. Zumindest hier darf konstatiert werden: Die Rockschöße des Abendlandes passen sich diesen abgedrehten Szenarien bestens an.

Der Wiederaufstieg des Religiösen, ob islamistisch oder christlich munitioniert, passt in diese Halluzinationen aus Ghotik, Caspar David Friedrich, Ernst Barlach, Edgar Wallace und Blair Witch Projekt eben hinein. Beide Teile sind für das Kino keine Perspektive. Hier ist die Verlorenheit in Mönchskutte schon Programm. Alles, was in sich in den letzten Jahren an die Oberfläche gespült hat, ist vertreten: Action, Thrill, Mysterien, Horror, Mythen, Riten, Teufelsglaube und Übersinnlichkeit. Wer da noch an Zufälle glaubt, dem ist nicht mehr zu helfen.

Solange die Pumpgun der „Guten“ wirkt und gegen die „Bösen“ eingesetzt wird, wird sich nichts ändern. Mit dieser Blutrünstigkeit können dann die nächsten Folgen der „Purpurnen Flüsse“ locker abgedreht werden.

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