Film Daten

Titel:
Krieg der Welten
Originaltitel:
War of the Worlds
Land & Jahr:
USA 2005
Regie:
Steven Spielberg
Darsteller:
Tom Cruise
Dakota Fanning
Justin Chatwin
Miranda Otto
Tim Robbins
Rick Gonzalez
Weitere Infos:
IMDB  OFDB

Krieg der Welten

(Ein Kurzreview von Carsten Henkelmann)

Ray Ferrier (Tom Cruise) hat übers Wochenende seine Kinder aus der gescheiterten Ehe mit Mary Ann (Miranda Otto) bei sich. Nach einem seltsamen Unwetterphänomen wird er Zeuge, wie sich mitten in der Stadt riesige außerirdische Kampfmaschinen erheben und die Stadt dem Erdboden gleichmachen. Zusammen mit seinen Kindern beginnt eine nervenaufreibende und gefährliche Flucht durch das Land...

Okay, ich gebs zu: ich wurde angenehm überrascht. Mit der Aussicht, mal wieder glattpolierte Hochglanzoptik präsentiert zu bekommen, war ich doch erstaunt, wie unglaublich finster manche Momente in dem Film sind. Und was ich Spielberg hier wirklich mal hoch anrechne ist der Verzicht auf abschwächendem Humor. Inhaltlich gab es für mich natürlich keine wirklichen Überraschungen, da mir der alte Film und die Buchvorlage bekannt sind. Aber dafür machen die Special Effects so einiges wett. So "schön" wurde die Erde noch nie von Aliens heimgesucht und plattgemacht. Ebenfalls angenehm fiel auch der Charakter von Tom Cruise auf, der sich erstmal seine Sympathien erarbeiten muss. Denn zu Anfang wirkt er doch eher wie jemand, den man am liebsten mal kräftig den Hintern versohlen möchte. Aber auch ist es wieder typisch, dass die flüchtenden Menschen immer wieder die gleichen Fehler begehen oder sich vollkommen dämlich verhalten, aber das scheint ein typisches Muster jeden Katastrophenfilms zu sein. Zwar wirkt manches in dem Film durch den massiven Einsatz der Spezialeffekte etwas seelenlos - der alte Film von 1953 hat immer noch mehr Charme und gilt für mich nachwievor als die bessere der beiden Verfilmungen - aber ich muss zugeben, dass ich doch irgendwie meinen Spaß an Spielbergs Version hatte, trotz einiger logischer Schwächen und dem, zumeist vielkritisierten, erweiterten Ende.

Autor: Carsten Henkelmann
Film online seit: 27.11.2005

Leser-Kommentare

16.05.2007, 18:12:02 Dietmar Kesten

KRIEG DER WELTEN

LAUTSTARK AUS DEM WELTRAUM

von DIETMAR KESTEN, GELSENKIRCHEN, 1. JULI

2005.

1898 veröffentlichte H. G. WELLS in England seinen Roman „Krieg der Welten“. Ein dort dargestelltes Szenario, das damals möglich erschien,sollte bald die USA im Rahmen eines Hörspiels aufschrecken. Am 30. Oktober 1938 wurde eine Fassung von Orson WELLES an der amerikanischen Ostküste ausgestrahlt.WELLES schilderte mit dramaturgischer Raffinesse und vielen Spannungsbögen die Landung der Marsmenschen.2005 kommt nun von Steven SPIELBERG mit Tom CRUISE (als Ray Ferrier) in der Hauptrolle H. G. WELLS noch einmal zum Zug.

In „Krieg der Welten“, dem düsteren apokalyptischen Spektakel, wollen Außerirdische wieder einmal die Welt erobern. War dies zuletzt bei „Independence Day“ (Regie: Roland EMMERICH, 1996) in Szene gesetzt, der seinem eigenen Größenwahn zum Opferfiel und dem Publikum mit jeder Menge Gedankenfutter über außerirdische Wesen kam, so schießt sich SPIELBERGnun auf die Fußspuren ein, die keine Abdrücke hinterlassen. Was ihn dazu getrieben hat, wird sein Geheimnis bleiben.Will er etwa Angst einflößen, den Menschen das Fürchten lernen, oder Nachdenklichkeit hervorrufen?Hat SPIELBERG insgeheim eine Neigung für von BUTLLAR oder DÄNIKEN, die meinen, dass Außerirdische schon vor langerZeit der Erde ihre Besuche abgestattet und würden jetzt noch einmal ihr Tagwerk verrichten?Die Paranoia könnte greifen. Und ein Versager, ein Nichts, ein Feigling, ein tapferer Amerikaner tritt an, um das Bösezu vernichten, die Familie zu retten.

War es noch bei WELLS der Hinweis vor Zügellosigkeit, Großmachtchauvinismus, den er am britischen Kolonialismus kritisierte, Warnungen aussprach, so ist SPIELBERG, wiees sich für einen amerikanischen Regisseur gehört, zum Aufklärungsideologen geworden, der in die alte bürgerliche Haut zurückkehrt, sich häutet und vorführt und rasend Beifall klatscht für die letzten Triumphzüge des global player.

SPIELBERG hat mir nichts, dir nichts, auf falsche Alternativen gesetzt, hat Partei ergriffen und macht Reklame für die bürgerliche Vernunft und feiert mit „Krieg der Welten“ einen närrischen Höhepunkt des Universalismus des Marktes.Wer würde es schon kritisieren wollen, dass er für seine Dreharbeiten 400 Soldaten zur Verfügung gestellt bekam?Dem Militär und dem Pentagon konnte es nur recht sein; denn in Zeiten von Globalisierung und Marktsegmentierung und Monsterkapitalismus ist dieser Propaganda-Apparat dem in „Krieg der Welten“ zum Durchbruch verholfen wird,die Wiederaufbereitung des kapitalistischen Weltgeistes und des ideellen Gesamtimperialismus unter unanfechtbarer Führung der USA. Es wundert also nicht, dass seine Szenen abgesegnet wurden.

Und SPIELBERG selbst, der seit „Schindlers Liste“ (1994) keinen überragenden Film mehr abgeliefert hat, meinte zur Kritik an seiner Beugung vor dem Militär nur, dass sein Film „keine Antwort auf die gegenwärtige Politik der BUSH - Regierung sei. 1953 verfilmte Byron HASKIN „Krieg der Welten“.Der Film, der wegen seiner Spezialeffekte als besondere Raffinesse verkauft wurde, schuf die Grundlage für eine Reihe von SF-Filmen, von Invasionsfilmen, die die Rückeroberung der Erde zum Ziel hatten.Die Bedrohung war zwar unvermittelt an den Haaren herbeigezogen, doch in Krisenzeichen ließ sich mit solchen Filmen gut Geld verdienen.

Die Widersprüche in der realen Welt wurden einfach zugekleistert und in ein gereinigtes amerikanische Avalon überführt.Die USA fühlen sich seit den Terrorangriffen vom 11. September 2001 einmal mehr bedroht.Die akute Bedrohung schlägt sich in einem Weltordnungskrieg nieder, in einer Terrorangst,in zügelloser militärischer Konfrontation. Amerika betritt die Bühne der Selbstzerstörung nun mit seinem eigenen Weg in die Barbarei, nicht anders im übrigen als der Rest der Welt, aber eben unter besonderen Bedingungen der Barbarei, nämlich ihn auf unappetitliche Art und Weise zu beenden.Die USA sind verletzlicher denn je. Und nicht nur der Terrorismus jeglicher Couleur weiß das, offensichtlich auch die Filmbranche, die nun den ideologischen Schulterschluss für die Parteinahme mit der kapitalistischen Weltpolizei sucht. Ist aber „Krieg der Welten“ von SPIELBERG nur eineSF-Geschichte?

Ein ganzer Staat scheint hier auf der Flucht zu sein.Ein Fluch liegt auf jedem. Und jedermann scheint zu begreifen, dass er möglichst sicher seine Haut zu retten hat. Flüchten ist angesagt.Aber wohin? Doch nur ins Kino, damit „Krieg der Welten“ jeden Tag aufs Neue die Gehirne mit amerikanischem Gesülze verblödet. Was der Film zu bieten hat, ist simpel gesagt: eine Familiengeschichte mit gesellschaftlicher Komponente, die martialisch eingefärbt auch noch die Bedrohung der Grundwerte Amerikas durch die Außerirdischen einschließt.Hatten wir das nicht schon mal? „Independence Day“ strotzte nur davon, einen interstellarenKrieg auszulösen, der sozusagen im Teamwork beendet wurde.„Krieg der Welten“ ist nur eine seriösere Variante des Films von EMMERICH, ein Zirkus der Effekte, ein wildesund aufregendes Spiel, bei dem der biblische Feuerwagen des Elias sprichwörtlich durch den Erdenhimmel bricht. Und sich dann, Gewitterwolken gleich, über die Menschheitniederlässt.

Ja, wir Amerikaner, was sind wir doch für Kerle!Man sieht Tom CRUISE, der Höllenqualen leidet und völkerverbindend seine Hand ausstreckt, förmlich an,dass er in dieser Funktionalität aufgeht. Sein wahres Gesicht dürfte er seit „Eyes Wide Shut“ (1999)nie wieder im Spiegel gesehen haben. Und einer der berühmten Homo sapiens der Filmgeschichte scheint überzeugt davon zu sein, dass er mit einem überstülpten Gesicht antreten muss, weil er scheinbar kein anderes besitzt, dass ihm hier helfen könnte! Schließlich muss der Ehrenkodex Amerikas, egal wie, gerettet werden.Seine Charaktermaske ist die Maske Moralität, aber eine falsche, weil seine Wahrnehmung nur den eigenen Interessen gilt, bei gleichzeitiger Beschneidung oder Negierung anderer Interessen.So geht der „Krieg der Welten“ von einer Selbstverständlichkeit des Weiterbestandes der Welt aus. Und CRUISE darf sie stellvertretend mit Beil und Handgranate für alle retten.

Die Ethik ist ganz einfach: Freu dich/ja, ganz einfach, freu dich!Bei einem solchen ‚tierisch ernsten Thema’ fällt auf, dass man beständig in die Irre geleitet wird.Der Einfall der Außerirdischen ist eine Art Weltenrätsel der vermeintlichen Alltäglichkeit, die plötzlich aus den Fugen gerissen wird. Der Gau bricht unvermittelt herein. Vielleicht hätte der Philosoph Günther ANDERS diesen starren Blick der Stahlkraft der Härte als ein „Sein - zum -Tode“ Spiel gedeutet.Und in der Tat steckt in diesem Angriff eine gewisse Automation des Mordens, die, egal von wem sie durchgeführtwird, als Räumkommando die entorteten Orte des Planeten heimsucht.

SPIELBERG scheint die Schusterwerkstatt mit dem Rest der Welt zu verwechseln und er lässt einfach den Schrecken einziehen. Im wesentlichen ist „Krieg der Welten“ nichts anderes alsein Ort der Barbarei. Und löst im Fühlen und Denken des Publikums eine ArtRausch mit Schwindelgefühlen aus. Selbst wenn H. G. WELLS nichts für Hollywoods Abenteurertum kann, so bleibt aber der bittere Beigeschmack, dass für „Krieg der Welten“ gilt, dass die größten Propagandisten der Gewaltfreiheit eigentlich Gewaltmonopolisten sind. Und aus einer sinnlosen und unmoralischen Massenaktion nicht zu desertieren verstehen.

Fazit:Nur wer sich nichts mehr wünscht, ist reif für diesen Film. Er kommt zum Publikum aus der Dunkelheit der Nacht,er kommt aus dem tiefsten Mittelalter in eine moderne Welt. Spielberg ist ein Beweis dafür, dass man im Kino alles darf. Der Film ist ein langer Taumel in den Untergang. Das ist auch eine Frage nach Moralität und Wahrhaftigkeit.

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