Film Daten

Titel:
The Cat O' Nine Tails
Originaltitel:
Il gatto a nove code
Land & Jahr:
Italien / Frankreich / Deutschland 1971
NTSC-Laufzeit:
111:33
Regie:
Dario Argento
Darsteller:
James Franciscus
Karl Malden
Catherine Spaak
Cinzia De Carolis
Pier Paolo Capponi
Horst Frank
Rada Rassimov
Aldo Reggiani
Carlo Alighiero
Vittorio Congia
Ugo Fangareggi
Tom Felleghy
Emilio Marchesini
Fulvio Mingozzi
Corrado Olmi
Pino Patti
Umberto Raho
Jacques Stany
Alternativtitel:
• Die neunschwänzige Katze
• Le Chat à neuf queues
Weitere Infos:
IMDB  OFDB

DVD Daten

DVD Cover - Anchor Bay Entertainment
Label:
Anchor Bay Entertainment
Regionalcode / Norm:
0 / NTSC
Bild / Zeit:
2.35:1 (anamorph) / 111:33
Sprachen/Ton:
Englisch - DD 1.0
Italienisch - DD 1.0
Französisch - DD 1.0
Untertitel:
-
Extras:
  • "Tales of the Cat" - Interviews mit Dario Argento, Dardano Sacchetti und Ennio Morricone
  • US Trailer
  • Internationaler Trailer
  • TV Spots
  • Radio Spots
  • Radio-Interviews mit James Franciscus und Karl Malden
  • Poster- und Fotogalerie
  • Biographien von Dario Argento, Dardano Sacchetti, Ennio Morricone, James Franciscus, Karl Malden
  • Liner Notes von Travis Crawford

The Cat O' Nine Tails

(Ein Review von Carsten Henkelmann)

In einem wissenschaftlichen Institut, das ganz in der Nähe der Wohnung von dem blinden Franco Arnós (Karl Malden) liegt, wird eines Nachts eingebrochen, aber scheinbar nichts gestohlen. Am nächsten Tag stirbt der dort arbeitende Wissenschaftler Dr. Calabresi (Carlo Alighiero) durch einen scheinbaren Unfall, er fällt im Bahnhof vor einen einfahrenden Zug. Da Franco Arnó und seine Nichte Lori (Cinzia De Carolis) den Mann am Abend zuvor bei einem Spaziergang bemerkt haben, wenden sie sich an den Journalisten Carlo Giordani (James Franciscus), der über den Fall in der Zeitung geschrieben hat. Sie befragen aufgrund einer Idee von Franco den Fotografen, der zufällig ein Bild des Unfalls machen konnte. Der erkennt auf dem Bild die Hand einer unbekannten Person, die, so wie es aussieht, Dr. Calabresi mit Absicht vor den Zug stieß. Aber noch bevor sie das Foto von dem Fotografen abholen können, wird der auch schon von dem Täter umgebracht. Franco und Giordani ermitteln auf eigene Faust weiter und geraten schließlich selber ins Visier des Mörders...

The Cat O' Nine Tails - ScreenshotThe Cat O' Nine Tails - Screenshot

Ein Jahr nach seinem recht erfolgreichen L'Ucello dalle piume di cristallo (The Bird with the Crystal Plumage, Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe) legte Dario Argento diesen Giallo nach, der handwerklich schon deutlich besser gelungen ist als sein noch etwas holprig ausgefallenes Debüt. Zur Vollendung seiner Künste kommt er aber erst 1975 mit Profondo Rosso (Deep Red, Rosso - Die Farbe des Todes). Trotz einiger Längen ist Cat O' Nine Tails ein größtenteils recht spannender Thriller, der leider ein paar interessante Möglichkeiten verschenkt. Zum Beispiel hätte man aus der Tatsache das Franco Arnó blind ist ein wenig mehr machen können. Er und der Reporter Giordani bilden zwar ein nettes Buddy-Paar, aber Franco Arnó agiert doch stellenweise zu sehr wie ein normaler Mensch. Seine verbesserter Gehörsinn kommt nur zu Beginn und einmal mitten im Film zur Geltung, während seine Sehbehinderung sich nur sehr selten störend bemerkbar macht. Auch wird er als ein leidenschaftlicher Rätselersteller, und damit auch Rätsellöser, vorgestellt, aber auch daraus macht das Drehbuch nicht sehr viel. So liegt der Löwenanteil der Ermittlungen bei Giordani, der hier und da ein paar entscheidende Hinweise von Franco Arnó bekommt, der in entscheidenden Momenten trotz seiner Blindheit mehr wahrnimmt als jeder sehende Mensch.

Manche verwendeten Techniken in dem Film erscheinen auf den ersten Blick etwas gewöhnungsbedürftig. So gibt es des öfteren Sequenzen, in denen von einer Szene zunächst nur durch kurze Schnitte zu einer anderen Person oder einem anderen Ort gesprungen wird. Dies zwei-dreimal hintereinander, bis schließlich der Szenenwechseln komplett vollzogen wird. Dies mag zuerst verwirren, allerdings erkennt man schnell, dass dahinter eine bestimmte Absicht steckt. Zum Beispiel erinnert sich Franco Arnó an den Journalisten Giordani, nachdem ihm seine Nichte den Artikel vorgelesen hat. Er beginnt sich zu erinnern, Schnitt zu Giordani in seiner Redaktion, Schnitt zu Arnó, wieder Schnitt zu Giordani, wieder zu Arnó und dann der finale Schnitt zu Giordani, der von Arnó zusammen mit seiner Nichte in seiner Redaktion besucht wird. Argento präsentiert hier durch die schnellen Schnitte zunächst nur Gedankenfetzen, bis er schließlich die Handlung dort dann weiterführen lässt. Eine technisch und dramaturgisch recht interessante Variante.

The Cat O' Nine Tails - ScreenshotThe Cat O' Nine Tails - Screenshot

Allerdings kommt man als Zuschauer bei diesem Film wirklich bis zum Schluß nicht darauf, wer denn der Mörder ist. Bei L'Ucello dalle piume di cristallo kann man sich die Lösung teilweise schon denken, während es hier doch geschickt kaschiert und wirklich kein Hinweis auf den Täter geliefert wird. So manchem Zuschauer mag die Lösung vielleicht zu sehr neben der Spur sein, aber das ist ein generelles Problem des Giallo-Genres. Nebenbei geraten auch die Hauptprotagonisten in Gefahr, teilweise durch subtile Mittel wie vergiftete Milch. In der Szene findet sich auch ein eindeutiger Einfluss durch Alfred Hitchcock wieder, denn in seinem 1941er Werk Suspicion (Verdacht) stellt ein vergiftetes Glas Milch ebenfalls eine Gefahr für die Hauptdarstellerin dar. Und die Art wie die Gläser voller Milch im Vordergrund der Szene stehen, erinnert an Hitchcocks Notorious (Berüchtigt), in der eine Tasse mit Arsen durchsetztem Kaffee ebenfalls groß im Vordergrund steht. Und wenn ich schon gerade dabei bin kann man auch durchaus Parallelen bei der Autoverfolgung mit ein paar Hitchcock-Filmen sehen, in der der männliche Hauptdarsteller auf dem Beifahrersitz notgedrungen mitansehen muss, wie die weibliche Fahrerin durch ihre rasante Fahrweise Hals und Kragen riskiert. Argento setzte hier auch gerne sogenannte "Point-of-View" Kameraeinstellungen ein, in denen die Kamera die Position des Charakters einnimmt und man so als Zuschauer alles aus der Sicht der jeweiligen Person sieht.

Wenn man Argentos Schaffen kennt, werden sicherlich ein paar Dinge auffallen, die in seinen Werken doch eher selten sind. Soweit ich seine Filme kenne, bietet Cat O' Nine Tails als einziger Film von ihm eine Autoverfolgungsjagd. Auch ist er in seiner Erzählstruktur trotz der oben erwähnten ungewöhnlichen Schnitttechniken recht liniear und erzählt seine Geschichte straigt von Anfang bis Ende und ist somit eigentlich der konventionellste seiner Filme. Und so nebenbei läßt Argento auch etwas subtilen Humor einfließen, der nicht sehr vordergründig inszeniert wurde und somit den meisten vielleicht gar nicht auffällt. Nach einem Schäferstündchen mit Anna/Catherine Spaak läuft James Franciscus nicht mit einem Bademantel oder ähnlichem durch seine Wohnung, sondern mit einem Trenchcoat. Und wer bitte schön würde auf die Idee kommen, einen Blinden Schmiere stehen zu lassen? Und im Gegensatz zu seinen anderen Giallos und Horrorfilmen ist der Film auch recht blutarm, obwohl er eine einmalige Szene zu bieten hat, in der ein Mann vor einen fahrenden Zug gestossen wird. Ennio Morricones fabelhafte Musik, die mal zwischen Nervenkitzel, aber auch leichtere Momente unterstützt, tut ihr übriges dazu bei, dass der Film auch atmosphärisch gut zu unterhalten weiß.

The Cat O' Nine Tails - ScreenshotThe Cat O' Nine Tails - Screenshot

Da der Film teilweise wieder mit deutschen Gelder finanziert wurde, kam er auch hier wieder als ein weiterer Edgar Wallace Film heraus, auch wenn die Story überhaupt nicht von Wallace geschrieben wurde, sondern auf eigenen Ideen von Argento basiert. Für eine Wallace-Geschichte ist der Film auch einen Tick zu modern ausgefallen. In dem Institut wird fortgeschrittene Genforschung betrieben, ein Wissenschaftler äußert Giordani gegenüber, dass sie genetische Anomalien erforschen, durch die angeblich Serienkiller und Gewaltverbrecher zu ihrem blutigen Werk getrieben werden. Das störte die Verleiher aber trotzdem nicht und der Film wurde auf dem Plakat als "Der ganz neue Wallace-Stil: Noch härter, noch ausgekochter, noch spannender" angekündigt. Dabei sieht Argento seinen Film als einen der schwächeren seiner Laufbahn an. Das mag auch damit zu tun haben, dass er ähnlich wie bei L'Ucello dalle piume di cristallo sich die Hauptdarsteller nicht aussuchen konnte, sondern die nehmen musste, die ihm von den Produzenten vorgeschlagen wurden. Wobei ich allerdings sagen muss, dass Karl Malden seine Arbeit recht gut macht und einigermaßen überzeugend den älteren blinden Herrn mimt, der sich rührend um seine Nichte kümmert. Auch das Zusammenspiel mit James Franciscus funktioniert sehr gut, die beiden geben ein nettes Detektiv-Paar ab.

Für James Franciscus war es seine erste Arbeit außerhalb Italiens. Er ist hierzulande wahrscheinlich am ehesten bekannt als Brent aus Return to the Planet of the Apes (Rückkehr zum Planet der Affen). Daneben war er an der Seite von Gregory Peck in Marooned (Verschollen im Weltraum) zu sehen und sogar in dem Monster-B-Movie The Valley of Gwangi (Gwangis Rache - Das Tal der Dinosaurier). Außerdem trat er auch in einigen US-TV-Serien auf. Karl Malden wird jeder noch aus der Krimi-Serie Die Straßen von San Francisco kennen. Er begann bereits 1940 seine Schauspielkarriere und bekam für A Streetcar Named Desire (Endstation Sehnsucht) den Oskar als bester Schauspieler. Der Deutsche Horst Frank mimt hier einen homosexuellen Wissenschaftler, allerdings ist er in diesem Film bei weitem nicht so eine Tucke wie in L' etrusco uccide ancora (Das Geheimnis des gelben Grabes).

The Cat O' Nine Tails - ScreenshotThe Cat O' Nine Tails - Screenshot

Die US-DVD von Anchor Bay liegt ganz in der Qualitätslinie ihrer bisherigen Argento-Veröffentlichungen. Die Anfangscredits machen aber zunächst gar kein guten Eindruck. Viele kleine Verschmutzungen, Beschädigungen, ein zittriges Bild und eine etwas mangelhafte Komprimierung lassen erst schlimmes hoffen. Das ändert sich aber schlagartig nachdem die Credits durch sind und der eigentliche Film beginnt. Ab da an blitzt nur selten ein Makel auf dem Bildschirm, die Schärfe ist insgesamt in Ordnung, auch wenn die Detailschärfe noch eine Tick besser hätte sein können. Außerdem bekommt man ein stabiles und an farbenreiches Bild präsentiert. Lediglich sind dunkle Szenen und im letzten Drittel ist die Sequenz in einer Grabkammer noch etwas problematisch, aber das kann den Gesamteindruck nicht mehr großartig trüben. Tontechnisch bekommt man neben der englisch und französischen Synchro noch den italienischen Originalton geboten, aber wie bei Anchor Bay leider üblich wurde auf Untertitel verzichtet.

Das Bonusmaterial ist nicht sehr umfangreich, aber recht nett. Es beginnt mit der ca. 14-minütigen Interviewfeaturette "Tales of the Cat", in dem neben Dario Argento auch noch Drehbuchschreiber Dardano Sacchetti und Ennio Morricone zu Wort kommen. Argento gibt zunächst eine kurze Erklärung, was es mit dem Begriff "Giallo" überhaupt auf sich hat, bevor er Details zum Film und seiner Arbeit preis gibt. Morricone und Sacchetti kommen nur recht kurz zu Wort. Weiter gehts mit zwei Trailern. Der US Trailer hat eine recht mittelmäßige Qualität und zeigt viele Szene in einer farblich verfremdeten Form. Der internationale Trailer ist da ähnlich, liegt aber in einer bißchen besseren Qualität vor. Die beiden TV Spots stellen so eine Art Kurzform des US-Trailers dar. Allerdings kann man hier sehr gut sehen, wie das Pan & Scan Vollbild dem Film fürchterlich schadet. Nach zwei Radio Spots gibt es dann noch zwei je fast achtminütige Radiointerviews mit James Franciscus und Karl Malden. James Franciscus erzählt viel über die zu Hollywood unterschiedliche Art in Italien Filme zu drehen. Karl Malden bezeichnet den Film als "old-fasioned murder mystery" und berichtet von seinen Vorbereitungen auf seine Rolle als Blinder. Die Bildergalerie zeigt größtenteils Aushangsfotos und Plakatmotive, dabei kann man auch ein paar Szenenbilder sehen, die im fertigen Film nicht enthalten sind. Abgeschlossen wird der Bereich noch von Biographien über Dario Argento, Dardano Sacchetti, Ennio Morricone, James Franciscus und Karl Malden. Wer übrigens die DVD in einer schwarzen Amaray-Hülle bekommen hat, sollte die schleunigst gegen eine transparente Hülle umtauschen. Denn auf der Rückseite des Covers verstecken sich noch Liner Notes von Travis Crawford.

Autor: Carsten Henkelmann
Film online seit: 15.08.2003
Letzte Textänderung: 19.05.2005

Leser-Kommentare

12.01.2005, 22:33:51 jogiwan

ein durch und durch stylisher Argento-Giallo, der bis zum Schluss absolut undurchschaubar bleibt. Spannende Story, gute Schauspieler und hübsche Locations lassen den Film auch noch 34 Jahre nach seinem Entstehen noch erstaunlich frisch wirken.

Ich frage mich bloss, wo Argento bloss immer diese tollen Wohnungen aufgetrieben hat, die jedem Retro-Fan das Herz höher schlagen lassen. Achtet da mal auf die Details - allein schon die Panton-Hängelampe in der Wohnung des Journalisten lassen jeden Retro-Fan das Herz höher schlagen! Catherine Spaak (die mit der Monster-Dauerwelle) war übrigens zu damaligen Zeiten nebenbei auch noch eine erfolgreiche Schlager-Sängerin mit ein paar Hits - aber das nur nebenbei erwähnt.

Vom Tempo her zwar (der damaligen Zeit entsprechend) etwas gemächlicher aber alles in allem ein sehr kurzweiliger und empfehlenswerter Thriller - für Argento-Fans sowieso unverzichtbar!

PS: Beware of the XYY-Chromosom.....

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