Film Daten

Titel:
Deadly Nam
Originaltitel:
Deadly Nam
Land & Jahr:
Deutschland 2005
Laufzeit ca.: ?
75 Min.
Regie:
Markus Hagen
Darsteller:
Hendrik Thiele
Urs Peter Hagedorn
Sammy Müller
Florian Gillwald
Lars Krolik
Hauke Hirsinger
Philip Brandt
Talis Zvidrins
Christoph Müller
André Fuhrmann
Alexander Ahlden
Gianni Critelli
Mirko Weinhold
Weitere Infos:
IMDB  OFDB

Deadly Nam

(Ein Review von Carsten Henkelmann)

Die 102. Recon Squadron wird in den Dschungel von Vietnam geschickt um aus einem Lager des Vietcongs wertvolle Unterlagen zu bekommen. Allerdings laufen sie ohne es zu ahnen in einen geplanten Hinterhalt und die Verluste innerhalb der Truppe steigern sich von Kampf zu Kampf ...

Wenn man das Wort "deutscher Amateurfilm" hört, fängt normalerweise schon das Gruseln an bevor man auch nur eine Szene gesehen hat. Denn bis auf ein paar wenige Ausnahmen kamen aus diesem Bereich doch eher nur dümmliche Horror-Splatter-Produktionen, die besser nie das Tageslicht der Filmwelt erblickt hätten und die sich nur an den eigenen Spezialeffekten aufgeilten, während die Schauspieler noch unterhalb der Z-Klasse agierten und sowas wie ein Drehbuch höchstens die Größe eines Bierdeckels erreichte. Etwas ganz Neues kommt aber nun aus dem Norden Deutschlands, denn mit Deadly Nam wagte man sich ungewöhnlicherweise in die Bereiche des Vietnam-Kriegsfilm vor, ein Genre das eigentlich von amerikanischen Produktionen dominiert wird. Deadly Nam soll sowohl Hommage als auch Parodie der besten oder auch schlechtesten Filme des Genres sein. Daher kündigte man den Film selbstbewußt, aber auch selbstironisch als "die Bremer Antwort auf Apocalypse Now" an.

Mit einigen "Mängeln" muss man zwar leben, aber die ließen sich auch kaum vermeiden und können daher auch übersehen werden. So sieht z.B. der Wald im Bremer Umland nicht unbedingt nach einem dichten Vietnam-Dschungel aus und der Helikopter-Flug scheint auch eher auf der Ladefläche eines LKWs aufgenommen worden zu sein. Davon aber mal abgesehen gab man sich große Mühe die Illusion eines Kriegsszenarios aufzubauen. Natürlich fehlen auch die deftigen Kämpfe gegen den Vietcong nicht, wo dicke MGs, Handgranaten und Tretminen zum Einsatz kommen und für Verluste auf beiden Seite sorgen. Auf plakative Splattereffekte wurde zum Glück weitestgehend verzichtet, sondern es wird nur soviel gezeigt wie auch eben nötig ist. Dickere Explosionen und Mündungsfeuer entstanden nicht vor Ort, sondern am Rechner. Dies kann man zwar durchaus erkennen, stört aber nicht weiter. Auch kann man an manchen Stellen heraushören, dass die Dialoge im Studio nachträglich nochmals aufgenommen wurden. Das manche Soldaten offen auf freiem Feld stehen und selbst im heftigsten Schußgefecht nicht einmal getroffen werden - nun ja, das kennt man auch aus Hollywood und ist eher als Parodie an eben jene Filme zu verstehen.

Die Produktionsseite ist also nicht unbedingt perfekt, aber dennoch wurde hier viel Arbeit in die Effekte, Kostüme und MakeUp gesteckt und das sieht man dem Film - im positiven Sinne - auch an. Nur inhaltlich konnte man leider nicht so viel reißen. Im Grunde genommen kann man die Handlung in einem Satz erklären ohne wichtige Details außen vor lassen zu müssen. Die Charaktere werden nur oberflächlich gezeichnet, wobei man allerdings darauf Wert legte, jeder Person seine eigenen Eigenschaften zuzuweisen. So gibt es die typischen Klischee-Figuren wie den schießgeilen, aber effektiven Veteranen oder das Greenhorn, das mit den Wirren des Krieges nicht klar kommt und von den anderen gehänselt wird. In den Dialogen wird dann der Pathos oder die Pseudo-Coolheit machmal etwas übertrieben. Aber auch hier greift wieder eher der Parodie-Aspekt.

Trotz aller Kritik kann man aber nicht leugnen, dass für die Produzenten mehr der Spaß an der Sache im Vordergrund stand und weniger an Oscar-reifen Leistungen. Von einer Amateurproduktion kann man halt nur Qualität bis zu einem gewissen Niveau erwarten, die aber in Deadly Nam durchaus erreicht wird. Zugutehalten kann man dem Film, dass keine Längen auftreten. Die Handlung schreitet stetig voran und die Actionszenen sorgen für Kurzweil. Von einigen flachen Dialogen oder seltsamen Momenten ("...also nahm ich das Herz meines Vaters aus seiner Brust um wenigstens etwas von ihm mitnehmen zu können...") abgesehen, kann Deadly Nam durchaus überzeugen. Bei weitem kein perfekter Film, aber ein Werk, bei dem man merkt, dass die Macher nicht die üblichen Fehler anderer Amateurfilmer begehen wollten. Und das man sich ausgerechnet für einen Vietnamfilm entschied, gibt schon Pluspunkte in Sachen Originalität.

Mit den Dreharbeiten wurde bereits im Sommer 2004 begonnen. Die Initiatoren des Projekts sind Regisseur Markus Hagen, der in schreibender Tätigkeit auch für das Fanzine Gory News tätig ist, und Produzent Hendrik Thiele, die das ganze aber zuerst als Wochenend-Fun-Projekt ansahen. Erst mit der Zeit wurde es ernsthafter und schon bald waren eine Horde Freiwilliger gefunden und alle Bundeswehrshops in der Umgebung geplündert. Dabei gab es neben den üblichen Problemen, mit denen eigentlich jeder Amateurfilm zu kämpfen hat, auch zu einem fast dramatischen Zwischenfall mit der örtlichen Polizei, die mit einem Großaufgebot den Drehort stürmten, weil ein Beamter schlichtweg vergessen hatte sie von der Drehgenehmigung zu unterrichten. Nach gut 15 Monaten konnte dann der Film endlich abgeschlossen werden.

Seine offizielle Premiere erlebte der Film im Januar 2006 in Bremen. Dies Review basiert auf einer herunterkomprimierten Presse-VCD ohne weiteres Zusatzmaterial. Eine DVD ist aber definitiv in Planung und wird irgendwann erscheinen. Als Features werden bereits ein Audiokommentar, Teaser und Trailer, ein Making of, eine Bildergalerie und weitere Extras genannt. Für weitere Informationen lohnt sich ein Blick auf die ansprechend gestaltete Homepage www.deadlynam.de.

Autor: Carsten Henkelmann
Film online seit: 06.02.2006

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