(Ein Review von Carsten Henkelmann)
In einer verlassenen Villa steht in einem Kellerraum ein riesiges altes Bed. Als sich ein Liebespärchen darauf vergnügen möchte, fallen die Vorhänge zu und die beiden sterben einen grausamen Tod. Später gelangen drei junge Frauen zu dem Anwesen und auch sie erwartet der Tod in den Matrazen ...
Ja, ihr habt richtig gelesen. In Death Bed - The Bed That Eats geht es in der Tat um ein altes Bett, das sich als ein menschenmordendes Monster entpuppt und - wenn überhaupt - nur noch die Knochen zurückläßt. Somit ist dies wohl einer der seltsamsten, wenn nicht sogar der seltsamste Film der hier auf dieser Seite besprochen wurde. Schon der Beginn des mit 77 Minuten nicht sehr langen Films ist recht bizarr. Da ist dieses Pärchen, das vor lauter Knutscherei ihre Umwelt vergißt, und hinter ihnen wird ihr Picknickproviant in die Matratzen gezogen. Die Weinflasche wird geleert, der Apfel und die Hünchenschenkel abgeknabbert und das Ganze wieder an die Oberfläche gebracht. Das Pärchen wundert sich kurz, macht dann aber fröhlich weiter und schon ziehen sich die Vorhänge zu und man hört sie schreien. Eine der wohl ungewöhnlichsten Todesszenen der Filmgeschichte. Aber wenn es schon Filme mit mordenden Tomaten, Wäschemangeln oder Kühlschränken gibt, warum nicht auch ein mordendes Bett?
Und in dieser doch eher trashigen Art geht es dann im weiteren Verlauf weiter. Ein dickes altes Holzbett, das starr an einer Stelle steht und höchstens in Flashbacks an anderen Orten zu sehen ist, ist nicht unbedingt das geeignete Element um Horroratmosphäre hervorzurufen. Es wirkt zwar durch sein dunkles Holz und den Aufbau sehr wuchtig und innerhalb des kleinen Raums auch irgendwie bedrohlich, aber Gänsehaut erzeugt man damit unbedingt nicht. Und da ein Bett auch nicht sprechen kann (aber immerhin schnarchen und schmatzen!), übernimmt die Narration der Geist eines früheren Opfers des Bettes, der hinter einem Gemälde an der Wand in einem Loch eingeschlossen ist! Nur durch die Voice-Over-Stimme dieses Geistes erfährt man ein wenig über die Vergangenheit des fressenden Schlafmöbels. Wobei man allerdings zugeben muss, dass man die Dialoge im Film fast nicht braucht. Gesprochen wird abgesehen von dem Voice-Over des Geistes nicht viel und Death Bed funktioniert somit fast wie ein Stummfilm.
Gekostet hat dieser Film über seine Entstehungszeit von fast 5 Jahren zwar an die 30.000 US-Dollar, allerdings sieht der Film billiger aus als die Transportkosten für das Möbelstück. Durch die Inszenierung wurde 1970er Amateur-Trash mit etwas Sleaze, Surrealismus und Arthouse-Feeling verknüpft. Obskur ist dies Werk allemal, und dafür für Fans des abseitigen Films sicherlich interessant. Aber ist es auch ein guter Film? Eher nicht. Der Schnitt ist stellenweise derbe holprig, die schauspielerischen Darbietungen (eine der Schauspielerinnen hieß sogar Rosa Luxemburg!) kann man vor allem bei dem Frauengrüppchen als Trancezustand bezeichnen und Sinn macht das Alles irgendwie auch nicht. Der Film lebt größtenteils von seiner seltsamen, irgendwie der Welt entrückten Atmosphäre, die kaum greifbar ist. Außerdem schaut man sich Death Bed schon aus lauter Neugier bis zum Ende an, um zu sehen was einem an seltsamen Dingen sonst noch geboten wird.
Allerdings kann man nicht unbedingt behaupten, dass Death Bed das Werk totaler Dilletanten war. Zwar sieht man ihm zu jeder Sekunde an, dass ein angemessenes Budget in keinster Weise vorhanden war und das Verhalten einzelner Personen kann man sich auch nicht erklären. Eine richtige Handlung fehlt sowieso, der ganze Film wirkt mehr wie ein brutales Märchen in Traumform. Aber manche Einstellungen kann man als recht gelungen bezeichnen und manchmal kommen auch gewisse surreale Momente auf, wie man ihnen auch in den Werken von Regisseuren wie z.B. Jean Rollin begegnen könnte. Zudem macht sich unterschwellig auch ein seltsamer Humor breit, der ebensowenig an bestimmten Details festzumachen ist. Und so entzieht sich Death Bead auf seine Art jeder Kategorisierung.
Eine Empfehlung für Death Bed: The Bed That Eats richtet sich daher an alle, die bewußt nach schrägen Werken abseits der normalen Sehgewohnheiten suchen. Der normale Filmfan wird sich wohl eher über manch unfreiwillige Komik kaputtlachen und entnervt irgendwann abschalten, auch dürfte Exploitation-erfahrenen Zuschauern der Film nicht unbedingt schmecken. Death Bed ist ein Film für die Wagemutigen, die sich auch von einer sinnfreien Handlung nicht abschrecken lassen und auch mal experimentellere Filme konsumieren. Seltsam ist der Film, aber auf seine entrückte Art und Weise irgendwie auch faszinierend.
Gedreht hat diesen Film ein gewisser George Barry. Aber selbst auf dem Independent-Markt blieb Death Bed ein Mysterium, ein Film von dem man vielleicht mal gehört hat, aber den es nur auf Videokassetten von Firmen zu kaufen gab, die längst nicht mehr existierten. Und das auch nur in Großbritannien. George Barry stammt aus Detroit und begann in den frühen 1970er Jahren mit dem Filme drehen als er an der Universität studierte, aber ausschließlich schwarz-weiß Kurzfilme. Mit Death Bed wollte er in den Bereich des Farbfilms vordringen. Daraus wurde dann eines dieser typischen Independent-Projekte von denen man immer wieder mal hört: eine lange Produktionszeit über mehrere Jahre, unterbrochen von diversen Ereignissen mit denen damals keiner rechnete. Mit 10.000 Dollar angefangen, die Barry aus eigener Tasche organisierte, kam dann nach den 5 Jahren die dreifache Summe an Gesamtkosten heraus. Aus kommerziellen Gründen wollte er einen 16mm-Horrorfilm machen, den man dann auf 35mm aufblähen sollte. Basierend auf einen Traum den er damals hatte, schrieb er die Geschichte um ein mordendes Bett.
Die Villa, in der das Todesbett steht, war ein Gebäude außerhalb Detroits und wurde ab und an von Leuten aus dem Musikgeschäft genutzt. Die ersten Dreharbeiten wurden in drei Wochen im Frühling/Sommer 1972 durchgeführt, die Drehzeit, die eigentlich für den kompletten Film eingeplant war. Im Herbst des gleichen Jahres und an irgendeinem langen Wochenende in 1973 oder 1974 wurde dann der Rest gedreht. Die Darsteller kamen größtenteils aus Detroit, aber ein paar auch aus Kanada, wo die Tonabmischung für den Film gemacht wurde. Die Hauptdarsteller und wichtigsten Crewmitglieder bekamen neben 100 bis 200 Dollar gerade mal Spritgeld und Zigaretten, andere sogar noch weniger. In seiner endgültigen Form war Death Bed dann aber erst im Jahre 1976 fertig. Ron Medico, ein Freund von George Barry, machte den Endschnitt - im Schlafzimmer des Regisseurs! 1977 konnte dann eine 16mm Kopie angefertigt werden, die allerdings keinerlei Credits besaß, sah man mal von dem "© George Barry 1977" ab, das unter dem Filmtitel zu sehen ist.
Problematisch war es für Barry allerdings den Film zu verkaufen. Der Inhalt des Films ließ selbst die kleinen Vertriebe nicht unbedingt aufhorchen und Dank Filmen wie The Texas Chain Saw Massacre oder Halloween war das Interesse an härteren Horrorfilmen höher als an einem vergleichweise eher harmlosen und nicht gerade leicht zugänglichen Film wie Death Bed. George Barry versuchte es über mehrere Jahre hinweg den Film irgendwie so zu verkaufen, dass auch er noch etwas von den Umsätzen sah, hatte aber keinen Erfolg. Da trug es sich zu, dass er den Film an eine Firma in Großbritannien schickte, die den Film evtl. auf Video verwerten wollte. Sie verlangten ein vollständiges, also mit allen Credits versehenes Master, das Barry aber aus Geldmangel nicht bereitstellen konnte und bekam die Kopie zurück. Ohne sein Wissen hatte diese Firma allerdings eine Kopie angefertigt und so kam Death Bed in den späten 1980er Jahren in England auf Video heraus. Notiz nahm davon allerdings kaum jemand. Erst 2002, durch ein Review auf einer britischen Webseite, wurde George Barry auf die Piratenveröffentlichung seines Films aufmerksam.
Nach Death Bead haben, zumindestens laut IMDB, George Barry und die meisten der Darsteller keine anderen Filme mehr gemacht. Lediglich William Russ, der später als Bruder eines der Mädchen auftaucht und mit den Händen in den Matrazen landet, ist bis zum heutigen Tage als Schauspieler aktiv. Er spielte hauptsächlich in TV-Produktionen und -Serien mit, war aber auch in kleinen Rollen z.B. in Cruising (1980) oder American History X (1998) zu sehen. Außer ihm kann nur noch Ed Oldani, das 1. Opfer im Film, weitere wenige Rollen vorweisen.
Die bislang einzige DVD-Veröffentlichung dieses seltsamen Werkes - und damit auch die erste offizielle legitime Veröffentlichung des Films seit seiner Entstehung - stammt von dem amerikanischen Label Cult Epics. Da der Film wie im Text erwähnt nie "richtig" fertig gestellt wurde und keine offizielle Kinoveröffentlichung erfahren hat, darf man sich natürlich nicht wundern, dass die Bildqualität nicht aktuellen Ansprüchen gerecht werden kann. Das Cover wirbt zwar mit einem "new transfer from original 16mm print", aber dies darf man nicht zu hoch werten. Vor allem da scheinbar auch kein hoher Aufwand in eine Restauration floß. Was sich aber angesichts dieses Titels auch wohl wirtschaftlich niemals gelohnt hätte. Verschmutzungen muss man die ganze Laufzeit über hinnehmen. Auch ist das Bild eigentlich ein bißchen zu dunkel und Kontrast wie Farben bewegen sich auch auf keinen sehr guten Niveau. Allerdings muss man auch berücksichtigen, dass dieser Film wahrscheinlich damals schon nicht besser aussah, wenn man seine Entstehung und seine Geschichte berücksichtigt. Für diese DVD wurde der Film dann auch endlich mit End Credits versehen und bekam eine neue Titelmusik verpasst.
Der Ton liegt da auf einem ähnlichen Niveau. Störgeräusche und Rauschen sind immer wieder mal zu vernehmen und manche Dialoge kommen auch nicht unbedingt klar beim Zuschauer an. Aber auch hier kann man wahrscheinlich kaum was besseres erwarten. Die Extras beschränken sich leider nur auf Liner Notes von Stephen Thrower - die sind allerdings sehr informativ - und einer 5-minütigen Einleitung zum Film von George Barry persönlich, in der er vor allem über den Weg des Films über verschiedene Bootlegs bis hin zur DVD spricht.
Stephen Thrower: Eyeball Compendium - Sex & Horror, Art & Exploitation
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