• | Female Convict Scorpion Jailhouse 41 |
• | Scorpion: Female Prisoner Cage #41 |
(Ein Review von Carsten Henkelmann)
Sasori (Meiko Kaji) sitzt seit den letzten Vorfällen in dem Gefängnis (siehe Sasori - Scorpion) isoliert in Einzelhaft. Durch den Besuch eines Justizministers darf sie nach einem Jahr aus dem dunklen Loch wieder heraus, nutzt diese Gelegenheit aber gleich wieder den sadistischen Gefängnisdirektor Goda (Fumio Watanabe) anzugreifen. Dies führt zur Strafarbeit für alle Häftlinge und einer vom Direktor beauftragten Vergewaltigung Sasoris zur Denunzierung vor den anderen Frauen. Auf der Rückfahrt von den Steingruben zum Gefängnis gelingt es aber Sasori und sechs anderen Frauen zu flüchten. Während ihnen Goda auf den Fersen ist, muss sich Sasori obendrein gegen die anderen Frauen behaupten, die zum Teil sehr brutal sind und sie immer noch verachten ...
Sasori - Jailhouse 41 knüpft trotz des handlungstechnischen Sprungs von einem Jahr nahtlos an den Vorgänger Sasori - Scorpion an. Die Kenntnis des ersten Films ist dabei aber nicht zwingend notwendig, denn von 1-2 Dialogen seitens des Direktors mal abgesehen, wird keinerlei Bezug mehr auf die Ereignisse im ersten Film genommen. Scheint es zu Beginn noch so zu sein, als wolle sich der Film auch hier wieder auf Folter und Erniedrigung innerhalb der Gefängnismauern konzentrieren, so umgeht das Drehbuch diese Sackgasse aber glücklicherweise mit der Flucht von Sasori und den anderen Frauen, die sich nun irgendwie in der Außenwelt zurechtfinden müssen und dabei natürlich auch nicht erwischt werden dürfen.
Und hier unterscheidet sich der Film von seinem Vorgänger. In Sasori - Scorpion wurde die Gewalt meistens von der Seite des Gesetzes aus ausgegeübt. Durch die Gefängniswärter oder allein die Tatsache, dass Sasoris Polizeifreund sie nur ausnutzte und dann im Stich ließ. Die Rache an dem Gefängnisdirektor ist hier zwar auch ein wichtiges Motiv bei Sasori, aber die sieben flüchtenden Frauen verbindet vor allem eins: der Hass auf Männer. Sasoris Beweggründe sind bekannt. Oba (Kayoko Shiraishi), die gewalttätigste der anderen Frauen, brachte ihre beiden Kinder um weil ihr Mann und deren Vater sie betrogen hatte. Eine weitere tötete ihren Freund, weil der ihr Kind quälte, eine andere die Ehefrau ihres Liebhabers um ihn endlich für sich allein zu haben. Auch befindet sich eine ehemalige Hure unter ihnen, eine die anderen deren Glück neidete und eine Vatermörderin, weil der sich an ihrer Tochter verging. Alle Männer verkörpern hier grundsätzlich das Böse, das Schlechte, das von den Frauen gehasst und verdammt wird. Selbst bei später auftauchenden Zivilisten wird dies der Fall sein. So verwundert es auch nicht, dass sich der einzige Liebesakt im ganzen Film zwischen zwei Frauen abspielt, während von den Männern nur sexuelle Gewalt in Form von Vergewaltigungen ausgeht.
War der Gefängnisdirektor Goda aber im ersten Film "nur" ein Befehlsgeber, so bekommt er hier deutlich mehr Gewicht verliehen. Seine Versetzung in einen gehobenen Posten innerhalb des Justizministeriums steht kurz bevor. Er ist nicht nur Sasoris Erzfeind geworden, sondern steht stellvertretend für das Gesetz, die Bürokratie, die die Frauen in Gefängnisse wirft um sie durch die Gefangenschaft und die Folter wieder zu besseren Menschen zu machen. Ein mit Zynismus getränkter Glaube an das Justizsystem, das durch die höchsten naiven Fragen des besuchenden Justizministers untermauert wird. Und genau wie Goda die Position des Rechtssystems verkörpert, stellt er gleichzeitig Sasoris Nemesis dar, die wiederrum zum alleinigen Symbol der sich wehrenden Frauen wird. Dabei wird allerdings auch nicht glorifiziert. Die Männer werden zwar als tumbe und gewalttätige Personen sehr einseitig dargestellt, aber die Frauen und auch Sasori nicht als Heldinnen hochgespielt. In einer Schlüsselszene im letzten Drittel z.B. beweist Sasori, dass ihr auch das Leben unschuldiger Personen vollkommen gleichgültig ist.
Als Ganzes betrachtet, werden die bekannten Folter- und Unterdrückungsszenarien eines Women-in-Prison Films in Sasori - Jailhouse 41 noch mit den Spannungen innerhalb der Frauengruppe und Versatzstücken eines Fluchtdramas vermischt. Der Zuschauer wird von einer Extremsituation zur nächsten geführt, was den Film aber recht abwechslungsreich werden läßt und seine Wurzeln im Manga-Bereich belegt. Zudem sind die Merkmale, die den ersten Film schon auszeichneten, auch hier wieder vorhanden. Bemerkenswerte Kameraeinstellungen, ausgefallene Belichtungen oder Inszenierungen, die an das Kabuki-Theater erinnern, finden sich auch in Sasori - Jailhouse 41 wieder. Hier soll vor allem die Nacht in einem verlassenen Dorf Erwähnung finden, die durch das Auftauchen einer alten Frau schon Bereiche des japanischen Geisterfilms streift und so für eine besondere Atmosphäre sorgt. Auch wird Meiko Kajis Gesicht häufig sehr vordergründig in Szene gesetzt, die perfekte Kombination aus weiblicher Anmut und kaltem Killerinstinkt. Sie spricht nicht viel, gerade mal zwei oder drei Sätze kommen über ihre Lippen. Dafür nimmt sie mit ihrer Präsenz jede Szene ein, alle anderen Charaktere verblassen neben ihr.
Sasori - Jailhouse 41 bietet also perfekte Exploitationunterhaltung, wirkt dabei aber deutlich hochwertiger, was vor allem den leicht surrealen Elementen zuzuschreiben ist. Zum Beispiel werden die Taten der Frauen durch den Text eines Liedes beschrieben, während die einzelnen Personen im Stile eines Theaterstückes in einer isolierten Umgebung durchs Bild geführt werden. Die Belichtung scheint ebenfalls dem Theaterumfeld entsprungen, denn nicht nur einmal werden Helligkeit und Farbe während einer laufenden Szene variiert. Sehr erhaben wirkt auch der Tod einer der Frauen, die in einen Fluß geworfen wird, woraufhin sich das Wasser des Wasserfalls im Hintergrund blutrot färbt. Recht grafisch geht es dann bei den Todesszenen zu, wenn vor allem die Männer der Gewalt der Frauen ausgeliefert sind. Zwar ist der Film vom Splatter weit entfernt, manch Todesszene eines Mannes wirkt aber recht brutal. Pure Exploitation wird hier gekonnt der Anstrich des Arthouse-Kinos verliehen und macht den Film so sehenswert. Auch wird so nie der Eindruck puren Trash-Kinos erweckt, was man z.B. von den Frauenknastfilmen eines Jess Franco nicht unbedingt behaupten kann. Zumal der Anteil nackter Haut in Sasori - Jailhouse 41 auf ein Mindestmaß reduziert wurde.
Zu Regisseur Shunya Ito und Hauptdarstellerin Meiko Kaji wurde schon einiges im Review von Sasori - Scorpion geschrieben. Fumio Watanabe spielte zu Beginn seiner Karriere vor allem in Dramen mit, darunter auch Filme von Yasujiro Ozu. Später war er aber unter anderem in Tokugawa - Gequälte Frauen (Tokugawa onna keibatsu-shi, 1968), Okami - Das Schwert der Rache (Kozure Ôkami: Kowokashi udekashi tsukamatsuru, 1972) oder School of the Holy Beast (Seijû gakuen, 1974) zu sehen gewesen.
Auch dieser Film ist über Rapid Eye Movies auf DVD erschienen, die hier eine Qualität auf dem Niveau ihrer Sasori - Scorpion DVD bieten. Verschmutzungen oder Beschädigungen des Masters sind hier so gut wie gar nicht vorhanden, auch die Farben sind in Ordnung, nur an Schärfe und Kontrast mangelt es hier und da ein wenig. Auch kann man hier wieder die leichten Bewegungsunschärfen einer Normwandlung ausmachen. Das sollte man aber nicht zu eng sehen, denn es ist ohnehin bemerkenswert das die Sasori-Filme überhaupt in Deutschland erscheinen. Neben dem japanischen Originalton (mit deutschen Untertiteln) gibt es auch hier eine eigens für die DVD neu erstellte deutsche Synchronisation. Das Bonusmaterial besteht nur aus einer Bildergalerie und dem Trailer zum Film, sowie weiteren Trailern aus dem Rapid Eye Programm, aus denen vor allem der surreale Hausu (1977) heraussticht, der sehr interessant aussieht.
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