• | Killer-Meute, Die |
• | Weapons of Death |
(Ein Review von Carsten Henkelmann)
In Neapel regiert das Verbrechen. Nach einem brutalen Banküberfall und einem bewaffneten Raubüberfall auf einen Zug hängt sich Kommissar Belli (Leonard Mann) an die Fersen des Gangsterbosses Santoro (Henry Silva). Der spielt aber zunächst noch das Unschuldslamm, wird sogar von Belli vor den Mördern einer gegnerischen Gruppe gerettet, kann sich aber beim dem nächsten Überfall nur schwer seines Verfolgers entledigen. Belli gibt aber nicht auf und durch einen etwas illegalen Trick bekommt er ihn zum Greifen nah...
Italienische Polizeithriller sind dafür bekannt, dass sie im Gegensatz zu den amerikanischen Filmen ähnlicher Art deutlich exploitativer, brutaler und ab und zu auch etwas sleaziger ausgefallen sind. Dies wird mit Die Killermeute eindrucksvoll bewiesen. Bereits beim Banküberfall zu Beginn sieht man einen der Banditen, wie er eine flüchtende Frau ohne mit der Wimper zu zucken mit einem Tritt in den Bauch aufhält. Auch der spätere Überfall auf den Zug zeigt dies eindrucksvoll, denn jede Person, die nur ansatzweise nach einem uniformierten Beamten aussieht, wird sofort erschossen. Die Verbrecher nehmen keinerlei Rücksicht auf andere Menschen, sondern stürmen zielstrebig vor und gehen dabei über Leichen.
In Die Killermeute werden aber nicht nur brutale Verbrechen gezeigt, sondern auch leise Töne kommen zum Vorschein. So kümmert sich Kommissar Belli stets um den kleinen, gehbehinderten Jungen Gennaro (Massimo Deda), der in seinen Augen Gefahr läuft sein zukünftiges Leben als Kleinkrimineller zu bestreiten. Er trifft ihn des öfteren, immer dann wenn der Kleine Leute übers Ohr gehauen hat und es kurze Zeit darauf machen wird. Auch wenn Belli gegenüber den Verbrechern und auch seinen Vorgesetzten eher die harten Töne klingen lässt, so versucht er auf der anderen Seite dem Jungen sowas wie eine optimistische Zukunft zu bieten, auch wenn er ihn dafür in ein Internat stecken müsste. Der Junge versucht hingegen sich einfach durchs Leben zu schlagen. Ob er Eltern hat, erfährt man als Zuschauer nie. Er hat nur ein oder zwei Freunde, mit denen er zusammen kleinere Delikte begeht. Dabei ist er aber auch nicht auf den Mund gefallen und versteht es sogar ein Fluchtauto zu fahren. Charakter und Schauspieler wurden direkt aus Umberto Lenzis Napoli violenta (Camorra - Ein Bulle räumt auf) übernommen, wo Gennaro am Ende zum Krüppel wurde und diese Verletzung ist es auch, die ihm hier in Killermeute humpeln läßt.
Henry Silva gibt als Mafiaboss Santoro wieder einmal eine souveräne Leistung als Filmbösewicht ab. Sein Charakter ist zwar nicht der typische Gangsterboss, denn er macht bei den Überfällen noch selber mit, verfügt aber trotzdem über genügend Macht und die passenden Verbindungen um weitestgehend ungestört agieren zu können. Dies ruft natürlich auch einige Gegner auf den Plan, so dass er nicht nur mit Kommissar Belli, sondern auch mit den Killern einer verfeindeten Partei zu kämpfen hat. Selbst als er von Belli in Handschellen abgeführt wird, sind in seiner Nähe noch genügend Männer, die ihn ohne Probleme und trotz Polizeipräsenz aus seiner Lage herausschießen würden. Actionszenen gibt es in diesem Film reichlich, seien es wilde Schießereien oder rasante Autoverfolgungen. Dabei kommen auch Unschuldige ums Leben, besonders heftig ist der willentliche Crash eines LKW-Fahrers mit einem kleinen Auto, in dem eine dreiköpfige Familie sitzt. Durch den Crash überschlägt sich das Auto mehrmals und stürzt schließlich einen Abhang runter. Regisseur Mario Caiano scheut bei dieser Sequenz nichtmal davor zurück, immer zwischen dem umherwirbelnden Auto und Aufnahmen von der blutüberströmten Familie im Auto zu wechseln. Insgesamt herrscht eine recht grimmige Atmosphäre vor, was sich vor allem in dem sehr bitteren Ende niederschlägt.
Ganz ohne Makel ist dieser Film aber auch nicht. Ihm fehlt so ein gewisser Fluss in der Handlung, die einzelnen Abschnitte wirken mehr wie einzelne Episoden, die nur leicht von einer Rahmenhandlung zusammengehalten werden. An einer Stelle stiehlt Gennaro einen Lancia Sportwagen und heizt damit durch die Straßen Neapels, nur um ihn dann irgendwo wieder stehen zu lassen. Diese Sequenz steht in keinem Zusammenhang zu der Hauptgeschichte des Films, sondern begründet allerhöchstens, dass Gennaro mit Autos umzugehen versteht, was Kommissar Belli später das Leben rettet. Auch gibt es später eine Szene, wo in einem Park ein Pädophiler entdeckt wird, der von allen Leuten, die gerade in der Nähe sind, gejagt wird. Dies erscheint ebenfalls recht seltsam, weil eigentlich bis auf wenige Personen kaum jemand mitbekommen haben dürfte was gerade passiert ist. Trotz allem ist aber Die Killermeute ein ernsthafter und flott inszenierter Thriller, der zudem als guter Einstieg in dies Genre funktioniert. Im englischsprachigen Raum lief der Film unter dem Titel "Weapons of Death" und Mario Caiano wurde unter seinem Pseudonym "William Hawkins" gelistet.
Regisseur Mario Caiano hat zwar keine Genreklassiker gedreht, aber dafür doch ein paar vielleicht etwas bekanntere Streifen. Darunter das Barbara Steele Vehikel Gli Amanti d'oltretomba (The Faceless Monster), den Craig Hill Western Sette pistole per un massacro (Das Todeslied), Il Mio nome è Shanghai Joe (Knochenbrecher im Wilden Westen) mit Klaus Kinski oder der Krimithriller Milano violenta (Die letzte Rechnung schreibt der Tod). Leonard Mann stand unter anderem in dem Italo-Western Ciakmull - L'uomo della vendetta (Django - Die Nacht der langen Messer) und dem SF-Trash L' Umanoide (Kampf um die 5. Galaxis) vor der Kamera. Der Amerikaner Henry Silva war stets ein gern gesehener Bösewicht in italienischen Western und Thrillern. Nach einigen Arbeiten in den USA ging er Mitte der 60er Jahre nach Italien und spielte seitdem in Filmen mit wie Un Fiume di dollari (Eine Flut von Dollars), Il Boss (Der Teufel führt Regie), Poliziotti violenti (Die Ratten von Milano), Fuga dal Bronx (The Riffs II - Flucht aus der Bronx). Eine seiner letzten Rollen war in Jim Jarmuschs Ghost Dog: The Way of the Samurai (Ghost Dog - Der Weg des Samurai).
Die DVD von Koch Media enttäuscht leider schon im Vorfeld, weil der Film entgegen den ersten Ankündigungen doch in der geschnittenen Fassung erschienen ist. Es fehlt z.B. eine erweiterte Einstellung von der Szene, in der der Pädophile von seinen Mitgefangenen brutal kastriert wird. Das Bild leidet unter vielen kleinen analogen Defekten und einigen vertikalen Linien. Außerdem mangelt es an der nötigen Schärfe, dafür sind die Farben einigermaßen ordentlich ausgefallen. Ganz fürchterlich ist aber der Ton geworden, der fast die komplette Laufzeit über von einem Rauschen begleitet wird. Da der Ton an sich schon etwas dumpf geraten ist, macht das die Dialogverständlichkeit nicht gerade besser. Der italienische Originalton konnte aus lizenzrechtlichen Gründen nicht mit auf die DVD gebracht werden. An Extras gibt es leider gar nichts, nur einige Trailer zu weiteren Filmen aus dem Koch Media Programm. Lediglich einige informative Liner Notes von Peter Osteried wurden im Booklet abgedruckt.
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30.06.2004, 22:11:02 HeinzKlatt ( )
carstens kommentar über die dvd zu diesem film kann ich mich nur voll und ganz anschließen. ich mußte mir den film zweimal angucken weil ihn eigentlich gut finden wollte. tja das war wohl nix. besonders peinlich berührt hat mich dann auch die tatsache das in den liner notes geprotzt wurde das der film nun endlich in seiner ungeschnittenen fassung vorliegen würde. tja und was dann auf dvd gepresst wurde war dann wohl doch nur das alte vhs tape. war ich von koch media eigentlich nicht gewohnt.
der preis der dvd von ca 20 ? ist gemessen an den erwartungen dann auch irgendwie frech.
Die falsche Angabe in den Liner Notes ist auf die Ankündigung Kochs zurückzuführen, den Film erstmals uncut zu präsentieren. Da die Liner Notes bereits lange vor DVD-Produktion geschrieben wurden, ist das nicht direkt aufgefallen. So wurde es im Koch Media Forum bei DVDInside erläutert.
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06.07.2004, 23:36:53 Nilsoe ( )
Auch ich muss mich dem oben Gesagten leider anschliessen, hatte ich doch so hohe Erwartungen in diese Veröffentlichung gesetzt. Leider ist mir nicht klar, warum amerikanische Firmen wie Anchorbay oder Blue Underground sensationelle Veröffentlichungen auf den Markt zu bringen und in Deutschland die Filme verstümmelt auf den Silberling geklatscht werden. Echt schade!