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• | San geng |
• | Saam gaang |
(Ein Review von Carsten Henkelmann)
Memories: Ein Mann (Jeong Bo-Seok) leidet unter dem Verlust wichtiger Erinnerungen. Er kann sich nicht daran erinnern, wann und warum ihn seine Frau verlassen hat und er hat das ungute Gefühl, dass ihr etwas zugestoßen ist. Parallel dazu, versucht eine Frau (Kim Hye-Su) ebenfalls die Lücken in ihren Erinnerungen zu füllen, nachdem sie mitten auf einer Straße erwacht ist, ohne zu wissen, wie sie dorthin gelangt ist. The Wheel: Ein Puppenspielmeister stirbt in den Flammen seines brennenden Hauses. Zuletzt glaubte er an einen Fluch der Puppen, aber außer seinem Lehrling Gaan (Suwinit Pnajamawat) wollte ihm niemand Glauben schenken. Da sterben dann plötzlich mehrere Menschen unter seltsamsten Umständen. Going Home: Der Polizist Wai (Eric Tsang) zieht mit seinem Sohn Cheung (Li Ting-Fung) in ein fast leerstehendes Mietsgebäude. Als sein Sohn eines Tages verschwunden ist sucht er ihn und findet in der einzigen sonst noch bewohnten Wohnung die Leiche einer Frau. Ihr Mann Yu (Leon Lai) glaubt sie durch eine spezielle Methode wieder zum Leben und vom Krebs geheilt wiedererwecken zu können. Damit dies auf die letzten Tage nicht noch vereitelt wird, nimmt er Wai als Geisel.
Three bzw. Three... Nightmares, wie der Film hierzulande umbetitelt wurde, nachdem bereits Three... Extremes hier veröffentlich wurde obwohl er erst später entstand, stellt das erste Kooperationsprojekt zwischen Produktionsfirmen aus Hongkong, Sükorea und Thailand dar. Für diese Art von Projekt wurde der Episodenfilm Three entwickelt, der jeweils einen Kurzfilm aus jedem Land beinhaltet. Das allerdings ohne eine Verbindung durch eine Rahmenhandlung, jede Episode steht für sich alleine und hat keinerlei Bezug zu den anderen. Lediglich das allgemeine Thema "Three Tales of Death and Beyond" kann man als gemeinsamen Nenner bringen, denn jede einzelne Episode verarbeitet das Thema "Tod" auf seine Art.
Memories (38 Minuten) ist der koreanische Beitrag zu diesem Projekt und greift leider das mittlerweile abgelutschte "Geister-Mädchen mit langen schwarzen Haaren" Element auf, um eine Geschichte über Schuld und Sühne mit einigen typischen Horrormomenten zu erzählen. Im Jahre 2002, als dies Projekt entstand, war man zwar noch nicht so überflutet gewesen von dunkelhaarigen asiatischen Mädchen, aber sonderlich originell wirkte das schon damals nicht mehr. Die Geschichte zeigt zwei Menschen, denen entscheidende Passagen in ihrer Vergangenheit fehlen und nun verzweifelt versuchen diese wiederzuerlangen.
Mögen zunächst ein paar nett gemachte, aber auch vorhersehbare Horrormomente halbwegs gefallen, so steuert die Handlung doch langsam aber sicher auf ein zu offensichtliches Ende an, was die Geschichte nur bedingt spannend werden läßt. Ebenfalls leicht negativ wirken sich einige aufgenommene rote Fäden aus, die in die Handlung integriert, aber dann nicht weiterverfolgt werden. So erzählt z.B. ein Wachmann von unheimlichen Ereignissen in der Wohnhaussiedlung und das er einen Fluch dahinter vermutet. Aber abgesehen von seiner Erzählung wird dies später nie wieder aufgegriffen und man wundert sich, warum dies überhaupt in die Geschichte eingebaut wurde.
Die Inszenierung der Episode ist allerdings handwerklich solide. Die Wohnung des Mannes wirkt leicht klaustrophobisch und wenn sich die Frau durch die Stadt bewegt, erwartet man aufgrund der Einsamkeit zwischen den Betonklötzen gleich die typischen Büsche aus Westernfilmen über die Straße rollen zu sehen. Sie wirkt in einer Umgebung, die normalerweise voller Leben stecken sollte, wie die letzte Überlebende einer Katastrophe, was teilweise zu sehr netten Einstellungen führt. Nur schade, dass Memories dem ganzen inhaltlich nicht ganz gerecht wird.
Der thailändische Vertreter The Wheel (34 Minuten) kommt dagegen auch nicht unbedingt besser weg. Er behandelt die Geschichte einer Familie von Straßenkünstlern, die sich dem Theater und dem Puppenspiel verschrieben haben. Diese Episode ist mehr wie eine fernöstliche Geister-/Fluchgeschichte als ein richtiger Horrorfilm. Wirkliche Spannung will nicht aufkommen, dafür sind die Szenen, in der der Fluch der Puppen zur Geltung kommt, zu unspektakulär inszeniert worden und über die Herkunft dieses Fluches erfährt man auch nicht unbedingt viel. Außerdem blickt man durch die Beziehungen innerhalb der Schausteller nicht unbedingt durch. Da wird z.B. mitten im Film dann plötzlich der Sohn des nachfolgenden Meisters eingeführt, der vorher überhaupt keine Rolle spielte und nun eifersüchtig auf Gaan ist, weil der die wichtigste Puppe in einem Stück bedienen darf.
Ganz grob gesagt könnte man The Wheel als eine thailändische Variante einer Voodoo-Geschichte bezeichnen, da Schäden an den Puppen z.B. gleichzeitig auch für Schmerzen bei einem Menschen sorgen. Allerdings wirkt diese Episode etwas ziellos und das seltsame Ende sorgte eigentlich nur für Verwirrung. Evtl. kann man diese Geschichte mit mehr Hintergrundwissen in Bezug auf gewisse Dinge in der thailändischen Kultur besser verstehen. Da dies Wissen aber wohl nur die wenigsten Zuschauer besitzen, kann sie nicht wirklich überzeugen und wirkt somit noch schwächer als Memories, auch wenn sich die beiden Episoden natürlich inhaltlich total unterscheiden.
Die interessanteste und mit 51 Minuten auch längste Episode nennt sich Going Home und stellt Hongkongs Beitrag zu diesem Projekt dar. Diese Episode streift das Horrorgenre nur am Rande. Vielmehr geht es um einen Mann, dessen Liebe zu seiner Frau über ihren Tod hinaus geht. Durch einen gemeinsamen Pakt hat er sie umgebracht und glaubt nun mittels spezieller Heilmethoden, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder zum Leben erwachen wird. Dabei ist ihm Wai wegen der Entdeckungsgefahr im Weg und er muss ihn gefangen nehmen, obwohl der einfach nur seinen vermissten Sohn wiederfinden möchte.
Zwischen diesen beiden Männern baut sich langsam eine seltsame Beziehung auf. Yu ist kein verrückter Wahnsinniger, sondern ein Mann, der Wai relativ zuvorkommend behandelt, sich um ihn kümmert und auch mit ihm unterhält. Wai akzeptiert irgendwann die Situation, bemitleidet bis zu einem gewissen Punkt sogar Yu, der all seine Hoffnung auf den Tag legt, an dem seine Frau wieder erwachen soll. Dabei hat es Wai selbst auch gar nicht so leicht als alleinerziehender Vater, der sein Kind tagsüber wegen seiner Arbeit alleine lassen muss. Was mit der Mutter geschehen ist, wird nicht weiter erzählt und auf eine entsprechende Frage Yus gibt Wai keine Antwort.
Inszeniert wurde diese Geschichte in der düsteren Umgebung eines leerstehenden Gebäudes, in dem alle Wohnungen, außer der von Wai und Yu, mittlerweile verlassen sind. Kaum eine bunte Farbe schafft es die in düsteren Pastellfarben gehaltenen Szenen zu durchbrechen. Nur in Bezug auf Cheung kommt eine seltsame Mädchengestalt ins Spiel, die mit ihrer roten Jacke wie ein Fremdkörper in dieser Umgebung wirkt. Da werden durchaus Erinnerungen an den großartigen Wenn die Gondeln Trauer tragen (Don't look now, 1973) wach. Als Kameramann wurde hier Christopher Doyle herangezogen, der nicht nur bei vielen Filmen von Wong Kar-Wai mitarbeitete, sondern auch in dem späteren Projekt Three... Extremes die Episode und die Langfassung von Dumplings filmte und mit wunderbaren Einstellungen versah. Seine Handschrift ist auch bei Going Home unverkennbar und wertet diesen Kurzfilm enorm auf.
Trotz des etwas reißerischen anmutenden Inhalts ist Going Home eine sehr ruhige, teilweise schon tragische Episode, die sogar an manchen Stellen etwas lyrischer und poetischer wirkt als man aufgrund des Themas vermuten möchte. Dies wird sicherlich nicht jedermanns Fall sein, aber im Vergleich zu den anderen beiden Kurzfilmen von Three... Nightmares ist Going Home inhaltlich mit Abstand der interessanteste und originellste Beitrag, der sich sogar ab und zu etwas Freiraum für leichten und unaufdringlichen Humor läßt.
Generell betrachtet, ist Three... Nightmares ein interessantes Werk, bietet es doch drei grundverschiedene Geschichten aus drei verschiedenen Ländern und somit auch unterschiedlichen Kulturkreisen. Das nicht alle Episoden für sich betrachtet überzeugen können, ist etwas schade. Gerade wenn man zufällig Three... Extremes zuerst gesehen hat, was ja durchaus durch die umgekehrte Reihenfolge der Veröffentlichung in Deutschland passieren kann, kann Three... Nightmares nur enttäuschen, da die Filme in dem Nachfolgeprojekt eine qualitative Steigerung darstellen. Daher sollte man sich von evtl. vorhandenen hohen Erwartungen lösen und Three... Extremes losgelöst davon betrachten. Immerhin wird mit Going Home eine wirklich erstklassige Geschichte geboten, die zumindestens einen Anreiz zum Ausleihen des Films sein sollte.
Memories wurde von Kim Ji-woon inszeniert, der Asia-Horrorfans durch seinen grandiosen A Tale of Two Sisters (Janghwa, Hongryeon, 2003) ein Begriff sein sollte und zuletzt A Bittersweet Life (Dalkomhan insaeng, 2005) drehte, der in Deutschland auf dem Fantasy Film Festival zu sehen war. Nonzee Nimibutr, der Regisseur bei The Wheel hatte zuvor den Horrorfilm Nang Nak (1999) gedreht und war als Produzent bei Tears of the Black Tiger (Fah talai jone, 1999) tätig. Going Home entstand unter der Regie von Peter Chan, der allerdings gebürtig aus Thailand kommt. Zu seinen weiteren bekannteren Werken gehört unter anderem Hongkong Love Affair (Tian mi mi, 1996) und als Produzent realisierte er Filme wie The Eye (Gin gwai, 2002), das Sequel The Eye 2 (Gin gwai 2, 2004) und auch das US-Remake des ersten Teils.
Zu den Darstellern. Kim Hye-su sah man vorher in Zum Sterben zu müd (Too Tired to Die, 1998) oder Kick the Moon (Shinlaui dalbam, 2001). Die weiteren Filme von Jeong Bo-seok sagen mir jetzt nicht viel, wobei der im Jahre 2000 gedrehte Oh! Soo-jung den seltsam anmutenden englischen Titel Virgin Stripped Bare by Her Bachelors verpasst bekommen hat, was an einen Sexploitationfilm denken läßt, was dieser aber gar nicht ist. Suwinit Panjamawat verkörperte den jugendlichen Dum in Tears of the Black Tiger. Ansonsten stellt es sich wie immer als etwas schwer heraus, mehr über die Arbeiten thailändischer Filmleute etwas zu erfahren. Dies ist bei den chinesischen Schauspielern schon etwas besser. Leon lai sah man unter anderem auch in Hongkong Love Affair, A Hero Never Dies (Chan sam ying hung, 1998) oder dem von Tsui Hark inszenierten Seven Swords (Chat gim, 2005). Eric Tsang dürfte ein etwas bekannterer Name sein, spielte er doch in Filmen wie Jackie Chan - Spion wider Willen (Dak miu mai shing, 2001) und allen drei Infernal Affairs (Mou gaan dou I-III, 2002/2003) mit.
Genau wie auch Three... Extremes erschien auch die deutsche DVD von Three... Nightmares bei EMS. Die Bildqualität kann man generell in jeder Episode als recht gut bezeichnen, lediglich bei The Wheel zeigen sich leichtere Probleme. Dies hat allerdings auch damit zu tun, dass sich mindestens die Hälfte der Geschichte nachts abspielt. Neben den original Tonspuren in Koreanisch, Thailändisch und Koreanisch in Dolby Digital 5.1 gibt es auch noch die deutsche Synchronisation in Dolby Digital 5.1 und DTS. Da es alle drei Geschichten eine eher ruhige Erzählweise benutzen, verhalten sich auch die Surround-Abmischungen entsprechend. Zumindestens gibt es aber in The Wheel einige nette räumliche Effekte. Das Bonusmaterial ist allerdings eher sparsam. Neben dem deutschen und dem Originaltrailer gibt es nur noch ein Promo Reel, einen TV-Spot sowie eine Bildergalerie und Trailer zu weiteren EMS-Titeln.
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