Film Daten

Titel:
Django - Die Bibel ist kein Kartenspiel
Originaltitel:
Execution
Land & Jahr:
Italien 1968
Laufzeit ca.: ?
100 Min.
Regie:
Domenico Paolella
Darsteller:
John Richardson
Mimmo Palmara
Rita Klein
Franco Giornelli
Piero Vida
Néstor Garay
Romano Magnino
Lucio De Santis
Weitere Infos:
IMDB  OFDB

DVD Daten

DVD Cover - Koch Media
Label:
Koch Media
Regionalcode / Norm:
2 / PAL
Bild / Zeit:
1.85:1 (anamorph) / 88:19
Sprachen/Ton:
Deutsch - DD 2.0
Italienisch - DD 2.0
Untertitel:
Deutsch, Englisch
Extras:
  • Original Kinotrailer (ital.)
  • Bildergalerie

Django - Die Bibel ist kein Kartenspiel

(Ein Review von Frank Meyer)

Django (John Richardson) ist als Kunstschütze/Pausenclown bei einer Gruppe von Schaustellern untergekommen und verdient sich mit inszenierten Duellen ein karges Brot, als er von Kopfgeldjäger Clint fälschlicherweise mit dem gesuchten Goldräuber John Coler (ebenfalls Richardson) verwechselt wird. Da Clint aber dumm genug war, die 20.000 Dollar-Prämie als Pfand beim Glücksspiel zu verpfänden, landen sowohl Django als auch er selbst in der Folterkammer des geldgierigen mexikanischen Banditen Sancho, der die beiden zunächst mal tüchtig in die Mangel nimmt. Und siehe da, wenn man nur nachdrücklich genug fragt, haben manchmal sogar Unschuldige interessante Geschichten zu erzählen: Der gesuchte Goldräuber ist nämlich ein ehemaliger Geschäftspartner von Django, und da der selbst noch eine Rechnung mit Herrn Coler offen hat, verspricht er Sancho auf die Spur des Flüchtigen zu bringen. Als ob er die Wahl hätte...

Zitat

Du bist mir tatsächlich noch ähnlicher geworden als damals. Das erklärt alles. -Django.

Jaja, die Bibel ist kein Kartenspiel - wobei man hier zunächst einmal feststellen darf, dass der deutsche Titel dem Zuschauer gleich eine 3-fache Mogelpackung serviert: Ein falscher Django, weit und breit nicht eine Bibel in Sicht und wenn überhaupt, dann wäre ohnehin eher eine Billard-Metapher angebracht, da die Herren in Domenico Paolellas ansonsten recht ruppigem Italowestern das zivilisierte Spiel mit Queue und Kugeln eindeutig der klassischen Pokerrunde vorziehen! Nicht der einzige Punkt, in dem ausgetretene Pfade verlassen werden. Aber der Reihe nach...

Django - Die Bibel ist kein Kartenspiel - ScreenshotDjango - Die Bibel ist kein Kartenspiel - Screenshot

Zunächst einmal zur Hauptfigur von Django - Die Bibel ist kein Kartenspiel aka Execution. Im Original ist John Richardson in einer Doppelrolle als Geschwisterpaar Bill und John Coler zu sehen, die sich einst anlässlich eines gemeinsam durchgeführten Goldtransports überwarfen. John, der böse Zwilling, hat sich nämlich mit der Regierungskasse abgesetzt und den guten Bill mal eben in der Wüste sitzen lassen. Soweit zur durchaus nachvollziehbaren Motivation unser 2 Protagonisten - ja, wenn da nicht die deutsche Synchro wäre! Denn die hat im Zuge der rollenden Italo-Welle aus Bruder Bill einen Django gemacht, was bei halbwegs aufmerksamer Betrachtung des Films zwangsläufig zu gewissen Verwirrungen führt. Die verblüffende und für den Verlauf der Handlung nun mal nicht unerhebliche Ähnlichkeit der beiden Figuren einfach damit zu erklären, dass die beiden mal geschäftsmäßig miteinander verbandelt gewesen seien, erscheint -naja- nicht wirklich befriedigend. Man sagt zwar, dass Hund und Herrchen sich mit der Zeit immer ähnlicher werden, aber Geschäftspartner?! Ich weiß nicht, ich weiß nicht.

Abgesehen davon, dass der jüngere der beiden die ältere Synchronstimme verpasst bekommen hat, erscheint relativ unverständlich, warum man den Bruder-Plot trotz der Umbenennung nicht einfach beibehalten hat. Bei den vielen Vätern, Schwestern, Onkels und Tanten, die der arme Kerl in den über 70 anderen Django-Filmen gewonnen und verloren hat, wäre es auf einen Bruder mehr oder weniger im Familien-Clan doch nun auch nicht angekommen. Möglicherweise wurde dem Verleiher ja bei dem Gedanken mulmig, Django den schnöden Nachnamen Coler zu verpassen, und so hat man dann einfach darauf spekuliert, dass es angesichts der doch recht begrenzten Bekanntheit des Darstellers und seiner für damalige Genre-Verhältnisse schon recht austauschbaren Optik (mit Lee van Cleef hätte das definitiv nicht funktioniert!), niemandem so wirklich auffallen würde. Zumal Richardson seine Sache als vom Pfad der Tugend abgekommender Bruder John mit Brille und grauem Haaransatz wirklich gut macht und den Figuren tatsächlich glaubhaft unterschiedliche Charakterzüge verleiht.

Django - Die Bibel ist kein Kartenspiel - ScreenshotDjango - Die Bibel ist kein Kartenspiel - Screenshot

Über die Qualität des Films sagt das alles natürlich noch gar nichts aus; denn auch bei den "falschen" Djangos gibt es ja bekanntermaßen solche und solche. Execution beginnt auf jeden Fall mit einer großartigen Eröffnungssequenz, in der sich Kopfgeldjäger Clint anlässlich seiner "Entlassung" aus dem Gefängnis erst einmal die Kakerlaken von der Bluse pult. Die Großaufnahme seiner zerlöcherten Socken, das Angeln der unter der Decke eingelagerten Stiefel, das Aushändigen seiner Habseligkeiten - die komplette Sequenz ist wirklich überaus gelungen und macht mit ihrer Detailverliebtheit Lust auf mehr, auch wenn es ein wenig mit der Logik hapert. Warum werden Knastologen mit Kopfprämien-Gutscheinen belohnt? Oder, falls Clint dort nur ein kleines Päuschen eingelegt hat, warum musste er dann Hose und Stiefel abgeben und sieht aus wie 7 Jahre nicht gewaschen? Egal. Der Einstieg hat was und Execution den neugierigen Western-Fan auf seiner Seite.

Außerdem zeigt sich bereits hier Paolellas Bemühen, der bekannten Headhunter-Thematik neue Seiten abzugewinnen. In diesem Fall durch den Einbau bürokratischer Hürden! Statt Wanted: Dead or Alive gibt es einen Auftragszettel mit Verfallsdatum. Beides soweit ich mich entsinnen kann ein Novum im Genre. Ein Flüchtiger, den man nur mit Genehmigung fangen darf? Und selbst das nur innerhalb einer Frist? Es will zwar nicht so recht einleuchten, warum der Regierung der Verbleib des Goldes in zwei Wochen plötzlich egal sein sollte, aber die Idee, eine Geschichte zusätzlich mit einer Zeitkomponente zu versehen, ist grundsätzlich nicht dumm. Wer brav seinen Hitchcock geschaut hat, wird's wissen. Und auch Regisseur Paolella scheint diesbezüglich seine Hausaufgaben gemacht zu haben; denn ein ähnlicher Kniff findet sich bereits in seinem ersten Westernbeitrag Die gnadenlosen Zwei (Odio per odio, 1967). Dort ist es eine Krankheit, die dem Helden schlussendlich im Nacken sitzt.

Django - Die Bibel ist kein Kartenspiel - ScreenshotDjango - Die Bibel ist kein Kartenspiel - Screenshot

Auch der zweiten Szene in der Bar, in der die Klischees eines klassischen Saloon-Duells geschickt aufgelöst werden, merkt man förmlich an, dass hier jemand redlich um Kreativität und Eigenständigkeit bemüht war. In den folgenden eineinhalb Stunden erzählt Execution eine recht vertrackte "Kain und Abel"-Geschichte um Brüder/Geschäftspartner, Kopfgeldjäger, Billard spielende Regierungsbeamte und mexikanische Banditen, getrieben von Freundschaft, Loyalität und der Gier nach Gold und Blut. Die Tricks und Kniffe der Beteiligten reichen von kunstvollen Messerwürfen über "Badewasser-Plansch-Finten" bis hin zur Bond-mäßigen Selbstschußanlage. Wobei sich unterhaltsame Einfälle mit grenzwertigen Schoten abwechseln und sich hin und wieder die Frage stellt, wie ernst man bspw. eine Ortsangabe wie "hinter dem Pass der Desperados" nehmen sollte! Auweia.

Zitat

Also sei so lieb und komm mit. Das ist ganz korrekt. Das ist so korrekt, dass ich 20.000 Dollar dafür kriege! - Clint.

Richtig ernst genommen hat Paolella auf alle Fälle das Klischee der "harten Welle"; denn auch in Sachen Mord und Totschlag legt er einen erstaunlichen Einfallsreichtum an den Tag. Kleine Metallkrallen, in Wunden gesetzte Blutegel oder mal eben den kreisenden Morgenstern durch die Brust gezogen. Die Kamera hält zwar nicht voll drauf, aber der Grundtenor ist nichtsdestotrotz ein ziemlich rabiater. Nicht ohne Grund sind es nicht zuletzt diese Szenen, die im Gedächtnis bleiben und dafür gesorgt haben, dass der Film über die Jahre unter Genre-Fans nicht vollends in Vergessenheit geraten ist.

Django - Die Bibel ist kein Kartenspiel - ScreenshotDjango - Die Bibel ist kein Kartenspiel - Screenshot

Kleine Löcher in der Logik. Zwischendrin ein wenig Leerlauf. In der Summe sorgen die genannten Unebenheiten für einen insgesamt etwas halbgaren Eindruck. Zuviel gewollt und dabei letztendlich ein bisschen zu hoch gepokert. Die Versprechungen, die die ersten 5 Minuten machen, kann Execution leider nicht vollständig einlösen. Aber ein paar Füllszenen und Handlungsstränge weniger und das hätte ein richtig Guter werden können...

Um noch einmal auf die Hitchcock'sche Schule zurückzukommen: Hätte er noch ein bisschen genauer beim Meister hin- bzw. abgeschaut, sich die bspw. weiteren Wendungen des Clint-Charakters gespart und ihn stattdessen im Folterkeller Sanchos sterben lassen, dann wäre das erste Drittel (samt dem überraschende Ende einer vermeintliche Hauptfigur) glatt als Reminiszenz an Psycho durchgegangen! So bleibt es bei einem soliden B-Film mit einigen wirklich gelungenen Momenten und einem geradezu absurd tragischen Ende, das den Genre-typischen Nihilismus vom Menschen als des Menschen Feind auf die Spitze treibt. Kein Meisterwerk, aber die Aufmerksamkeit des geneigten Italo-Liebhabers wird die 90 Minuten bestimmt schadlos überstehen.

Django - Die Bibel ist kein Kartenspiel - ScreenshotDjango - Die Bibel ist kein Kartenspiel - Screenshot

Gedreht wurde übrigens in Israel, und ganz offensichtlich konnten Regisseur Paolella und sein Team sich sehr für die dortige Naturkulisse (ob der Sinai wohl auch dabei ist?!) begeistern; denn sie spendieren dem Zuschauer nicht nur in der Titelsequenz einen ermüdend langen Ausritt durch die Canyons des heiligen Landes, sondern lassen den ganzen Film über in schöner Regelmäßigkeit die Cowboys von links nach rechts, von vorne nach hinten durchs Bild und wieder zurück reiten (begleitet vom immer gleichen musikalischen Thema!).

Da der spanische Standart-Drehort Almeria zu diesem Zeitpunkt vermutlich a) hoffnungslos überlaufen und b) im Zuge des Erfolgs deutlich im Preis gestiegen sein dürfte, darf man vermuten, dass finanzielle Überlegungen der Grund davor waren, den Dreh nach Israel zu verlagern. Und das schmale Budget macht sich natürlich auch in einem entsprechend hohen B-(lastungs)Faktor bei der Darsteller-Riege bemerkbar, bei der man es zumindest im Hinblick auf den Italowestern eher mit Helden der 2ten und 3ten Garnitur zu tun hat. Man bemüht sich zwar nach Kräften, den zum Teil offensichtlichen Vorbildern nachzueifern - allen voran Bös(g)ewicht Piero Vida, dessen Rolle ansonsten bestimmt auch was für Fernando Sancho (siehe Django - 10.000 blutige Dollar) gewesen wäre - aber 1-2 markante Gesichter mehr hätten Execution bestimmt nicht geschadet. Für meinen Geschmack sehen Mimmo Palmara, Franco Giornelli und Co. hier ein wenig zu sehr nach amerikanischem B-Western aus, was den Film wohlmöglich tendenziell austauschbarer und belangloser erscheinen lässt als er es tatsächlich ist.

Django - Die Bibel ist kein Kartenspiel - ScreenshotDjango - Die Bibel ist kein Kartenspiel - Screenshot

Auf das Konto Regisseur Domenico Paolella gehen genau zwei Italowestern. Zuerst drehte er den bereits erwähnten Die gnadenlosen Zwei (Odio per odio, 1967), einen soliden Genre-Beitrag, dem ein Jahr später der ungleich brutalere Django - Die Bibel ist kein Kartenspiel (Execution, 1968) folgen sollte. Seine Karriere beim Film begann er im faschistischen Italien und nach Kriegsende folgte er im Verlauf der nächsten Jahrzehnte den Trends und Moden des italienischen Kinos. In den 50er widmete er sich vornehmlich Musikfilmen (Canzoni, canzoni, canzoni!). Mit Beginn der 60er entwickelte er eine offensichtliche Vorliebe für das ehedem populäre Abenteuerkino, insbesondere Piratenfilme, sowie auch den einen oder anderen Sandalenstreifen mit Maciste, Herkules oder Ursus in der Hauptrolle. Z.B. drehte er mit der späteren Ninja-Trashfilm-Ikone Richard Harrison die (See-)räuberpistole Rächer der Meere (Il giustiziere dei mari, 1961) oder mit 'Old Shatterhand' Lex Barker Die Küste der Piraten (I pirati della costa, 1960). Auch einer deutschen Produktion stand er zu dieser Zeit mit seiner handwerklichen Expertise zur Seite: Maskenball bei Scotland Yard (1963) mit Bill Ramsey und Trude Herr. Echte Highlights sucht man bis dahin in seiner Filmographie allerdings vergebens.

Nach seinem erwähnten 2 Produktionen andauernden Ausflug in den Spaghettiwestern, wandte er sich dem kurzlebigen Nunploitation-Trend zu. Und hier ist Paolella mit seinen zwei Beiträgen schon eine echte Kapazität - zumal Der Nonnenspiegel und Die Nonne von Verona zu den bekanntesten Werken ihrer Machart zählen. In den 70er hopste er mit Filmen wie Police Squad (La polizia è sconfitta, 1977) und La Preda (1974) noch einmal kurz auf den Poliziotti-Trend auf. Seinen letzten Film drehte er 1979. Eine romantische Komödie mit Olga Karlatos (Keoma, Es war einmal in Amerika, Purple Rain), die sich bekanntlich im gleichen Jahr für Genre-Fans mit ihrer Rolle in Lucio Fulcis Woodoo unsterblich machte.

Co-Credits für die kreative Story verdiente sich Produzent Fernando Franchi, der insbesondere als Produktionsmanager für u.a. Pier Paolo Pasolini (Große Vögel, kleine Vögel), Mario Bava (Im Blutrausch des Satans) und Dario Argento (Two Evil Eyes, The Sect) Fuss fassen konnte.

Django - Die Bibel ist kein Kartenspiel - ScreenshotDjango - Die Bibel ist kein Kartenspiel - Screenshot

In der Spaghetteria des Wilden Westens gehörte Hauptdarsteller John Richardson (Django/John Coler) zwar nicht zu den Stammgästen, und die Doppelrolle in Execution darf man durchaus als das unumstrittene Highlight seiner Ausritte betrachten - was immer das über die Qualität der anderen Filme sagen mag. Aber dafür hat er sich umso glänzendere Sporen an anderer Stelle verdient. Einen Volltreffer landetete er bspw. mit der Rolle des jungen Dr. Gorobec in Mario Bavas stimmungsvollen Meisterwerk Die Stunde, wenn Dracula kommt (La maschera del demonio, 1960), in dem er -verständlicherweise- Barbara Steele verfallen durfte. Ebenfalls unvergessen sein Auftritt als Höhlenmensch Tumak an der Seite von Raquel Welch und ihrem Fell-Bikini in Eine Million Jahre vor unserer Zeit (One Million Years B.C., 1966). Außerdem war er noch in Sergio Martinos berüchtigem Torso (I corpi presentano tracce di violenza carnale, 1973) und zwei Jahre später in Umberto Lenzis Labyrinth des Schreckens (Gatti rossi in un labirinto di vetro, 1975) zu sehen. In She - Herrscherin der Wüste (1965) durfte er neben den Grusel-Ikonen Cristopher Lee und Peter Cushing Ur-Bondgirl Ursula Andress huldigen, und war auch in der Fortsetzung noch mit von der Partie. Sogar an Musicals hat der gute John sich herangewagt, wie Vincente Minnellis Einst kommt der Tag (On a Clear Day You Can See Forever, 1970) mit Barbara Streisand beweist! Seinen letzten interessanten Auftritt hatte er mit der Minirolle des Architekten in Michele Soavis The Church (La chiesa, 1989). Heute verdingt sich Richardson übrigens als Fotograf und steht Berichten zufolge seinem früheren Leinwandtreiben zumindest stellenweise eher skeptisch gegenüber. Hat er das nötig? Eigentlich doch nicht!

Mimmo Palmara trieb sich im italienischen Westen die meiste Zeit unter seinem Pseudonym Dick Palmer herum. So z.B. in Auf die Knie, Django - und leck mir die Stiefel (Black Jack, 1968) oder Django, wo steht dein Sarg? (T'ammazzo - Raccomandati a Dio, 1968). Insgesamt war er aber eher ein Held der zweiten Reihe.

Seine Karriere begann er Mitte der 50er in unzähligen Historienschinken und Sandalenfilmen. Darunter kleine Nebenrolle wie in Attila - Die Geisel Gottes mit Anthony Quinn und Sophia Loren, größere Nebenrollen wie in Sergio Leones Der Koloß von Rhodos (Il colosso di rodi, 1961) bis hin zur Beinah-Hauptrolle im Kassenschlager Die unglaublichen Abenteuer des Herkules (Le Fatiche di Ercole, 1958) mit Mr.Muscle Steve Reeves. Seinen ersten Western (Die letzten Zwei vom Rio Bravo) drehte er 1964, dem in den kommenden 10 Jahren etwa 20 weitere folgen sollten. Als ein Höhepunkt dieses Karriereabschnitts sollte man auf jeden Fall Camillo Bazzonis Ich bin ein entflohener Kettensträfling (Vivo per la tua morte, 1968) rechnen, den er in seinem produktivsten Jahr als Cowboy drehte. Und wenn man sich seine Optik in Execution so anschaut, wundert es einen sicher auch nicht weiter zu hören, dass Marino Girolami ihn für eine Nebenrolle im Poliziotti-Klassiker Gewalt rast durch die Stadt (Roma violenta, 1975) gebrauchen konnte.

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Piero Vida, der sich hier als dicklicher Sadist unbeliebt machen durfte, drehte mit Regisseur Paolella bereits ein Jahr zuvor den soliden Die gnadenlosen Zwei (Odio per odio, 1967) und mit Enzo G. Castellari Die Satansbrut des Colonel Blake (Sette winchester per un massacro, 1967). Er und Mimmo Palmara (alias Dick Palmer) spielten neben Execution auch noch im schon erwähnten Django, wo steht Dein Sarg? (T'ammazzo - Raccomandati a Dio, 1968). Richtig populär wurde es dann noch einmal Mitte der 70er mit Auftritten in Bernardo Bertoluccis Historiendrama 1900 (1976) und Nobody ist der Größte (Genio, due compari, un pollo, Un, 1975). In die Herzen und Videoregale der Giallo-Fans schlich er sich im gleichen Jahr mit Dario Argentos Klassiker Rosso - Die Farbe des Todes (Profondo rosso, 1975) sowie mit dem kurz vor seinem frühen Tod abgeschlossenen Aquarius - Theater des Todes (Deliria, 1987) von Argento-Zögling Michele Soavi.

Rita Klein debütierte Mitte der 60er im hierzulande unveröffentlichten Tarzan-Plagiat Tarzak contro gli uomini leopardo (1964), ein Film von dem es wohl kaum Wissenswertes zu berichten gibt, und war in den folgenden 5 Jahren elf weiteren Produktionen zu sehen. In Deutschland veröffentlicht wurden u.a. der bei Bavas Die Stunde, wenn Dracula kommt abkupfernde Scarletto - Schloß des Blutes (Il boia scarlatto, 1965). Weitere Einsätze: Eine Nebenrolle im eh schon klein angelegten B-Western El Rocho - Der Töter (1967) sowie ein Auftritt in Ich komme vom Ende der Welt (L'Avventuriero, 1967) von Bond-Regisseur Terence Young, an dem auch einige andere der hier beteiligten Crew-Mitglieder gewerkelt haben.

Für Ritas Execution-Kollegen Franco Giornelli langte es ebenfalls nicht zu großen Karriere. Man kennt ihn höchstens noch aus dem von Italo-Spezi Franco Rossetti (Preparati la bara), gedrehten Die im Staub verrecken (El desperado, 1967). Auch erwähnenswert: Néstor Garay (Juarez) übernahm knapp 10 Jahre später die Orchesterleitung in Bruno Brozzettos Disney-Konkurrenz Allegro non troppo (1977). Sollte man mal gesehen haben.

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Der elaborierteste Western-Darsteller im Team ist ohne jeden Zweifel Ivan Scratuglia, in dessen Filmographie sich die kleinen und großen Klassiker des Genres gleich rudelweise herumtreiben. Auch wenn es typischerweise nur kleine Rollen waren, liest sich das doch schon recht beeindruckend. Allen voran Sergio Corbuccis Original Django (1966) - macht Ivan zum einzigen echten Bindeglied zu den Django-Filmen - aber eben auch Sergio Sollimas Von Angesicht zu Angesicht (Faccia a faccia, 1967), Carlo Lizzanis Mögen sie in Frieden ruhen (Requiescant, 1967) sowie zahllose sehenswerte Genre-Highlights wie Der lange Tag der Rache (Il Lunghi giorni della vendetta, 1966), Corbuccis Die Grausamen (I crudeli, 1967), Django - Der Rächer (Texas, addio, 1966) sowie Django und die Bande der Gehenkten (Preparati la bara, 1968) von Ferdinando Baldi, Bleigericht (Dio li crea... lo li ammazzo!, 1967), Ein Dollar zwischen den Zähnen (Un dollaro tra i denti, 1967), Django - Kreuze im blutigen Sand (Cjamango, 1967), Ich bin ein entflohener Kettensträfling (Vivo per la tua morte, 1968), Die letzte Rechnung zahlst Du selbst (Al di lá della legge, 1968) oder Das Gold von Sam Cooper (Ognuno per se, 1968). Sogar in Leones Spiel mir das Lied vom Tod (C'era una volta il West, 1968) hatte er einen wenn auch ungenannten Auftritt. Über 40 Western von 1964 bis 1970 in kaum 6 Jahren. Respekt, Respekt!

Die musikalische Untermalung des düsteren Rache-Dramas stammt von Coriolano Gori, dessen Namen sicherlich den wenigsten geläufig sein dürfte. Von ihm stammen die Scores zu einigen Fließbandprodukten von Demofilo Fidani, er war aber bspw. auch für den Soundtrack von Lucio Fulcis Django - Sein Gesangbuch war der Colt (Tempo di massacro, 1966) verantwortlich und komponierte für Mario Bavas Ausflug ins Komödienfach Vier Mal heute Nacht (Quante volte... quella notte, 1972).

Django - Die Bibel ist kein Kartenspiel - ScreenshotDjango - Die Bibel ist kein Kartenspiel - Screenshot

Wer die Sollima-Box von KochMedia kennt, der wird bereits mit der überaus schicken Aufmachung, mit der der Anbieter hier das Sammlerherz verwöhnt, vertraut sein (lediglich den goldenen Reflektorendruck beim Titel hat man sich gespart). Hier wie dort kommen die Filme im noblen Digipack im Schuber, der im Fall der Django-Box die DVDs zu Django - 10.000 blutige Dollar, Django - Der Bastard und eben Django - Die Bibel ist kein Kartenspiel beherbergt. Legte man der Sollima-Box eine abgespeckte Ausgabe von Ullrich P. Bruckners informativen Italowestern-Lexikon bei, findet sich dieses Mal als Luxus-Dreingabe eine Audio-CD mit den Soundtracks zu 10.000 dollari pe un massacro (18 Tracks) und 100.000 dollari t'ammazzo (13 Tracks), wobei beide Scores hier zum ersten Mal überhaupt offiziell komplett veröffentlicht werden - weltweit wohlgemerkt!

Dass die Django-Box schwerpunktmäßig auf die lose zusammenhängenden ersten beiden Filme ausgelegt ist, verrät wohl schon das Covermotiv, auf dem Gianni Garko mit gezückten Pistolen und wehendem weissen Schal zu sehen ist. Über die Wahl dieses Motivs mag man geteilter Meinung sein und verglichen mit der schönen Collage auf dem Sollima-Schuber nimmt es sich sicherlich schon sparsamer aus, aber wenn man die Filme kennt, erscheint das leicht romantisierte Motiv mit eben jenem wehendem Schal durchaus passend.

Django - Die Bibel ist kein Kartenspiel - ScreenshotDjango - Die Bibel ist kein Kartenspiel - Screenshot

Desweiteren liegt der Box ein 23 Seiten umfassendes Booklet bei, in dem dem Django-Mythos recht ausführlich auf den Zahn gefühlt wird. Wie viele echte Django-Filme gibt es? Wie kam es zur wundersamen Django-Vermehrung und was hat es mit der deutschen Titelinvasion auf sich? Interessante Infos zu den verschiedenen Django-Darstellern, Umbenennung, gekürzten Fassungen sowie der Entwicklung des Italowesterns vom harten Realismus bis zur Parodie. Und natürlich auch Erläuterungen zu den in der Box befindlichen Filmen, wobei der Focus auch hier auf die beiden Garko-Titel gelegt wurde. Nun erfährt der Genre-Kenner hier zwar vermutlich nichts Neues, aber die Zusammenstellung ist gelungen und liefert im Grunde endlich das angemessene Booklet nach, das der in dieser Hinsicht extrem dürftig ausgestatteten Django-Box von Kinowelt gefehlt hat. Nicht zuletzt findet sich im Text der Hinweis auf eine Langfassung des Artikels von Wolfgang Luley mit vollständiger Liste aller Django-Titel - auch der umgedichteten Kuckuckseier - auf der KochMedia-Website. Da wünscht man sich doch, jede Veröffentlichung würde derart sorgfältig ausgearbeitet!

Und wo wir vorhin schon den Vergleich zur Sollima-Box hatten, im Hinblick auf die Menügestaltung hat die Django-Box eindeutig die Nase vorn. Die Menüs sind überaus stimmig animiert ohne optisch zu überladen und im Vergleich zum Vorgänger wurde hier sorgfältiger auf Lesbarkeit und Übersicht geachtet. Der Look ist für alle drei Filme einheitlich, gliedert sich im Hauptmenü in Filmstart, Kapitel, Setup und Extras, allesamt stimmungsvoll untermalt mit einem musikalischen Thema aus dem jeweiligen Soundtrack. In den Untermenüs wurde auf Animationen verzichtet, der Ton allerdings varriert. Das gestalterische Konzept passt und wirkt durchdacht. Sehr schön.

Django - Die Bibel ist kein Kartenspiel - ScreenshotDjango - Die Bibel ist kein Kartenspiel - Screenshot

Kommen wir nun zur DVD selbst. Die Bildqualität von Django - Die Bibel ist kein Kartenspiel kann man angesichts des Alters und der Produktionsgröße wirklich nur noch als großartig beschreiben. Sofern man nicht zu den Menschen gehört, die prinzipiell nichts mit betagteren Filmen, deren Bild nun mal nie so lupenrein und hochauflösend wie bei einer neuen Produktion sein wird, anfangen können, lässt diese digitale Aufbereitung keine Wünsche offen. Farben, Helligkeit, Kontrast. Sogar die Bildschärfe sorgt für ein um einige Jährchen jugendlicheres Aussehen als man es von einem fast 40 Jahre alten Film erwarten würde. Die DVD kommt mit einer deutschen DD 2.0-Spur plus italienischem Originalton mit optionalen deutschen wie englischen Untertiteln. Beide Tonspuren sind gut verständlich, wobei die italienische etwas breiter und satter, dafür aber auch einen Tick dumpfer klingt. Auffallend ist auch, dass in der deutschen Version zum Teil deutlich mehr Hintergrundgeräusche dazugemischt wurden (bspw. in der Barszene zu Beginn). Unter'm Strich bleiben aber zwei solide Tonspuren, bei denen es praktisch keinerlei Knackser oder störendes Rauschen zu bemängeln gibt. Insbesondere die gute Qualität der italienischen Tonspur überrascht. Überaus lobenswert auch, dass die Untertitel (dt. und engl.) sich nicht an der ver-django-ten Synchro, sondern an der Originalversion orientieren. Eine gute Entscheidung; denn so dürfte die DVD auch für jene Originalfassungs-Puristen interessant werden, denen die doch etwas sinnentstellte deutsche Version des alten Toppic-Tapes schon ewig auf die Nerven gegangen ist.

Da Execution wie bereits angesprochen eher als Bonus-Film der Box angesehen werden kann, darf es nicht wundern, dass das Zusatzmaterial hier doch etwas sparsamer ausfällt als bei den anderen beiden Titeln. So beschränken sich die Extras hier auf den italienischen Kinotrailer sowie eine Bildergalerie - und die DVD-Credits, in denen man sich namentlich mit den guten Geistern hinter der liebevollen Veröffentlichung vertraut machen kann. In meinen Augen hat KochMedia hiermit dem Anspruch auf die Pole-Position, den sie sich mit den letzten Veröffentlichungen (Sollima, Blindman, Django - Unbarmherzig wie die Sonne) verdient haben, noch einmal Nachdruck verliehen. Wenn es um Italowestern geht, bleiben die Jungs hierzulande die erste Adresse! Man darf gespannt sein, ob die Konkurrenz nachzieht...

Autor: Frank Meyer
Film online seit: 08.10.2005
Letzte Textänderung: 07.08.2006

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