• | Komödie des Grauens |
• | Graveside Story, The |
(Ein Review von Carsten Henkelmann)
Der abgehalfterte und dem Alkohol verfallene Leichenbestatter Waldo Trumbull (Vincent Price) steht vor einem Problem: keine "Kundschaft" und Mietschulden bei Mr. Black (Basil Rathbone). In seiner Not kommt er auf die Idee, selber dafür zu sorgen, dass es Nachschub an neuen Leichen gibt, und so macht er sich mit seinem Assistenten und ehemaligen Bankräuber Felix Gillie (Peter Lorre) auf den Weg zum Landsitz eines wohlhabenden alten Herrn. Dort brechen sie ein und Mr. Trumbull sorgt dafür, dass der gute alte Mann seine letzte Nacht erlebt. Zu seinem Nachteil ist die Witwe mit dem Erbvermögen schneller verschwunden, als der alte Herr in der Erde liegt. Das hilft nur noch eins: das nächste Opfer muss Mr. Black sein. Zu dumm nur, dass der an Katalepsie leidet und mindestens genauso oft wieder aufersteht, wie er für tot erklärt wird...
Ruhe Sanft GmbH, bzw. The Comedy of Terrors wie es im Original heißt, bietet ein schwarzhumoriges Vergnügen der ganz besonderen Art. Gleich vier legendäre Schauspieler aus dem Thriller- und Horrorgenre wurden hier vereint um eine stellenweise schon an Slapstick anmutende Komödie abzuliefern, die kaum ein Auge trocken läßt. Vincent Price, der Star vieler Edgar Allan Poe Verfilmungen von Roger Corman, spielt hier den ständig alkoholisierten Leichenbestatter Trumbull, der sich nicht nur mit einem schlechten Geschäft, sondern auch noch mit seiner Ehefrau Amaryllis (Joyce Jameson) herumplagen muss, die viel lieber Opernsängerin wäre und auch mehrere Male während des Films beweist, dass sie durchaus das Zeug dazu hätte - wenns nur nicht ganz so schief wäre. Peter Lorre als Felix Gillie hat nicht viel mit den sinistren Bösewichtern gemeinsam, die er vor allem zu Beginn seiner Karriere des öfteren spielen durfte. Er stellt hier einen Mann dar, der einfach nur seine Arbeit machen möchte, aber von seinem Chef nur herumgeschubst und nieder gemacht wird. Basil Rathbone, der Sherlock Holmes aus den klassischen Verfilmungen der 40er Jahre, ist hier das Steh-auf-Männchen, dass Trumbull und Gillie schwer zu schaffen macht und nebenbei auch noch dauernd Shakespeare zitiert. Zuguterletzt ist niemand geringerer als Boris Karloff in der Rolle von Amaryllis Vater zu sehen, den Trumbull am liebsten eher heute als morgen durch die Verabreichung einer speziellen "Medizin", nämlich Gift, unter der Erde haben möchte. Zu dumm nur, dass Amaryllis gut auf ihn aufpasst.
Der Film ist gespickt von zitierungswürdigen Dialogen und einer speziellen Situationskomik. Zwar ist das Thema und die Absichten der Hauptpersonen eher düsterer Natur, aber alle spielen ihre Rollen so grandios, dass der schwarze Humor und der leichte Slapstick mit maximaler Wirkung zum tragen kommt. Allein schon die Gesichtsausdrücke von Vincent Price sorgen für mehr Amüsement als jeder Dialog. Zwar läßt sich ein leichter Hang zum Overacting nicht verleugnen, aber dies verstärkt nur den comichaften Ton des Films. Neben dem ebenfalls grandiosen The Raven (Der Rabe), in dem sich Vincent Price und Boris Karloff ein Zauberduell liefern (Peter Lorre war auch dabei), dürfte dies die einzige Gothic-Horror-Komödie überhaupt sein. Schon sobald der Film beginnt, merkt man sofort das man es hier nicht mit einem handelsüblichen Gruselfilm zu tun hat. Trumbull und Gillie wohnen schweigend einer Beerdigung bei und warten seltsamerweise bis alle Trauergäste um die Ecke verschwunden sind - nur um die Leiche aus dem Sarg ins Grab zu kippen, das Grab zuzuschütten und den Sarg wieder mitzunehmen für den nächsten Kunden! Eine erprobte Methode Kosten zu sparen, die schon seit 13 Jahren funktioniert. Bereits an dieser Stelle hat der Film gewonnen oder verloren für den Zuschauer.
Die Regie führte bei dieser AIP Produktion aber ausnahmsweise nicht Roger Corman, der arbeitete zu dem Zeitpunkt in Jugoslawien an dem Film The Secret Invasion, sondern Jacques Tourneur, eine Empfehlung von Richard Matheson [2]. Der gebürtig aus Paris stammende Filmemacher drehte im Jahre 1942 den Klassiker Cat People (Katzenmenschen), der 1982 ein Remake mit Nastassja Kinski und Malcom McDowell erfuhr. Außerdem gab es von ihm auch einen der ersten Zombiefilme überhaupt, den 1943er I walked with a Zombie und den 1957er Night of the Demon (Der Fluch des Dämonen). Ruhe Sanft GmbH war Tourneurs letztes Werk in den USA, danach drehte er nur noch City under the Sea (Stadt unter dem Meer). Auch für Peter Lorre sollte es einer seiner letzten Filme sein, er verstarb noch im gleichen Jahr. Schon bei den Dreharbeiten zu dem Film hatte er unter den Folgen seines Alters und seiner Gesundheit zu leiden und sank nach jeder Aufnahme schnaufend in seinen Stuhl. Als er verstarb, sprach Vincent Price die Todesrede an seinem Grab [1].
Technisch liegt der Film auch auf der Höhe der Roger Corman Filme. Das Drehbuch, ursprünglich "The Graveyard Story" betitelt [2], schrieb Richard Matheson, der unter anderem die literarische Vorlage "I am Legend" für Der Omega Mann schrieb, aber auch für die Skripte von Filmen wie House of Usher (Die Verfluchten), Pit and the Pendulum (Das Pendel des Todes) oder The Raven verfasste. Hinter der Kamera saß Floyd Crosby, der schon The Haunted Palace (Die Folterkammer des Hexenjägers) oder Premature Burial (Lebendig begraben) einfing. Die markante Musik schrieb Les Baxter, dessen Kompositionen ebenfalls in Pit and the Pendulum, House of Usher und The Raven zu hören waren. Gedreht wurde genau wie auch die Corman Filme komplett im Studio. In die amerikanischen Kinos kam der Film ungeschickterweise einen Monat nachdem John F. Kennedy ermordet wurde. Zu dem Zeitpunkt war das Publikum nicht wirklich bereit über zwei morbide Leichenbestatter zu lachen, was zu einem eher enttäuschenden Ergebnis für die Produzenten des Filmes führte. Auch eine spätere Wiederaufführung im Double Feature mit Panic in Year Zero brachte keine Verbessrung. [2]
Das Bild der DVD von Legend Films ist eine wechselhafte Angelegenheit, wobei natürlich auch das Alter und Budget des Films eine Rolle spielt. Die Pre-Credits-Sequenz zeigt eine deutliche Körnigkeit und eine eher nur durchschnittliche Schärfe. Dies ändert sich jedoch zum Besseren, nachdem die Credits vorbei sind und der eigentliche Film beginnt. Zwar hätte es durchaus noch etwas mehr Detailschärfe sein dürfen, aber die Schärfe im Allgemeinen hat doch deutlich zugenommen und bietet somit zusammen mit den ausgewogenen Farben und Kontrast ein recht gutes Bild. Analogen Defekte sind zwar des öften auszumachen, wirken aber niemals störend. Die beiden Mono-Tonspuren bieten ein klares Klangbild, vor allem der englische Originalton dringt mit ordentlichem Sound aus den Boxen. Gut lesbare Untertitel gibt es sowohl in Deutsch als auch in Englisch. Leider gibt es an Bonusmaterial rein gar nichts, nicht mal einen Trailer.
[1] Robert Zion: Die Kontinuität des Böse - Vincent Price in seinen Filmen
[2] Dennis Meikle: Vincent Price - The Art of Fear
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05.06.2005, 17:08:28 Tobias Wachendorff ( )
Ich kann mich der allgemeinen Begeisterung für diesen Film nur anschließen, trotzdem:
Für Jacques Tourneur, der ja solche Meilensteine wie "Cat People" und "I walked with a Zombie" gedreht hat, ist dies eher eine schwache Leistung.