Film Daten

Titel:
El Topo
Originaltitel:
El Topo
Land & Jahr:
Mexico 1970
Laufzeit ca.: ?
120 Min.
Regie:
Alejandro Jodorowsky
Darsteller:
Alejandro Jodorowsky
Brontis Jodorowsky
Mara Lorenzio
Paula Romo
Jacqueline Luis
Robert John
Alfonso Arau
David Silva
Héctor Martínez
Juan José Gurrola
Víctor Fosado
Agustín Isunza
Julián de Meriche
José Luis Fernández
Alf Junco
Alternativtitel:
• The Mole
• The Gopher
Weitere Infos:
IMDB  OFDB

DVD Daten

DVD Cover - Raro Video
Label:
Raro Video
Regionalcode / Norm:
0 / PAL
Bild / Zeit:
1.33:1 / 119:47
Sprachen/Ton:
Spanisch - DD 2.0
Untertitel:
Englisch, Italienisch
Extras:
  • Interview mit Kritiker Massimo Monteleone
  • Antologia Critica (Ausschnitt aus "El Topo: A Book of the Film)
  • Biographie von Alejandro Jodorowsky
  • Filmographie von Alejandro Jodorowsky
  • Booklet mit Liner Notes (10 Seiten)

DVD Daten

DVD Cover - Raro Video
Label:
Raro Video
Regionalcode / Norm:
0 / PAL
Bild / Zeit:
1.33:1 / 119:47
Sprachen/Ton:
Spanisch - DD 2.0
Untertitel:
Englisch, Italienisch
Extras:
  • Interview mit Kritiker Massimo Monteleone
  • Antologia Critica (Ausschnitt aus "El Topo: A Book of the Film)
  • Biographie von Alejandro Jodorowsky
  • Filmographie von Alejandro Jodorowsky
  • Booklet mit Liner Notes zu El Topo und The Holy Mountain (ca. 60 Seiten)

El Topo

(Ein Review von Frank Meyer)

Den Regenschirm aufgespannt reitet El Topo, ein ganz in schwarzes Leder gehüllter Desperado, mit seinem nackten Sohn auf einem Pferd durch die Wüste. Irgendwo steigen sie ab und als Zeichen seines Erwachsenwerdens fordert er den Jungen auf, das Bild seiner Mutter und sein erstes Spielzeug im Sand zu vergraben. Auf dem Rückweg kommen sie in ein Dorf, in dem der Tod regiert. Alle Einwohner und Tiere wurden abgeschlachtet, auf den Straßen stehen Pfützen von Blut. El Topo stellt die Schuldigen, tötet ihren Anführer und befreit eine Mission der Franziskaner aus den Fängen der Banditen.

Als sich die zuvor dem Befehlshaber der Bande hörige Frau El Topo anschließen will, gibt er seinen Sohn in die Obhut der Mönche und verschwindet mit seiner neuen Begleiterin in die Wüste. Doch schon bald fordert sie von ihm einen absoluten Liebesbeweis: Er soll sich mit den vier unbesiegbaren Meistern der Wüste messen...

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot

Ich geb's gern zu: El Topo gehört zu meinen persönlichen Favoriten und deshalb kann ich in diesem Fall kaum von mir behaupten, objektiv zu sein. Habt also Verständnis, falls ich im Verlauf des Reviews allzu sehr ins Schwärmen geraten sollte. Bei einem derart außergewöhnlichen und einzigartigen Leinwanderlebnis fällt es eben schwer, sich nicht in Superlativen zu verlieren.

Aber um hier andererseits keine falschen Erwartungen zu wecken, sollte man ehrlicherweise sagen, dass El Topo ebenso eigenwillig wie absolut nicht massenkompatibel ist. D.h. schätzungsweise 99-100% aller Durchschnittskinogänger werden kopfschüttelnd das Weite suchen, wenn der namenlose Pistolero in immer enger werdenden Kreisen durch die Wüste zieht. Da, wo andere Filmemacher sich Gedanken machen, ob man ihnen auch ja folgen kann, schert sich Jodorowsky wirklich einen Dreck darum, ob der eine oder andere Zuschauer irgendwo auf der Strecke bleibt. El Topo ist Kino, das entdeckt und erobert werden will, ein wahres Ungeheuer von einem Film. Man muss das Ergebnis nicht mögen, aber selbst der schärfste Kritiker würde lügen, wenn er behauptet, jemals zuvor etwas Vergleichbares gesehen zu haben.

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot

Stilistisch könnte man den Film vielleicht am ehesten als eine wüste Mischung aus Italowestern, Autorenfilm und surrealistischem Kino a la Bunuel beschreiben. Jodorowsky verarbeitet visuelle Einflüsse italienischer Wildwest-Epen, allen voran Sergio Leones Dollar-Trilogie und Corbuccis Django (die optische Anlehnung war durchaus beabsichtigt!), um sie mit der überladenen Symbolik von Kunstfilmen wie Das goldene Zeitalter (L'age d'or, 1930) oder Ein andalusischer Hund (Un chien andalou, 1929) zu kreuzen. Das Resultat ist ein Sinnstück, eine Allegorie auf den Sündenfall, die Suche nach Erleuchtung und den Zyklus des Lebens - Liebe, Tod und Wiedergeburt.

So handelt es sich nicht um einen Western im eigentlichen Sinne, auch wenn Jodorowsky für die Aufnahmen auf die verlassenen Kulissen des Glenn Ford-Streifens Totem (Day of the Evil Gun, 1968) zurückgriff. Diese Kategorie sprengt El Topo allein schon dadurch, dass er völlig zeitlos ist. Die Ereignisse lassen sich keiner Epoche zuordnen, sondern werden in mystisch-abstrakter Art eher wie eine Legende aufgebaut. Eine überlieferte Legende im Gewand eines Westerns. Der Ursprung dieser Mythologisierung des Wilden Westens liegt dabei, wie der italienische Filmkritiker Monteleone zu berichten weiß, in der Kindheit Jodorowskys; denn als der kleine Jodo in Chile ohne jedes Wissen um die geschichtlichen Hintergründe die amerikanischen Produktionen sah, hielt er Cowboys nicht für historische, sondern mythologische Figuren.

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot

Aber zurück zum Inhalt selbst. Allein die Eingangssequenz verfügt bereits über eine unglaubliche Intensität. Egal wie kurios der schwarze Reiter mit dem nackten Kind und dem aufgespannten Regenschirm in der Wüste auch wirken mag, die Atmosphäre ist dermaßen bedeutungsschwanger, dass man überhaupt nicht auf die Idee kommt, den Sinn hinter dem Gezeigten zu hinterfragen. In dieser Realität scheint der Initiationsritus des Vaters ebenso sinnvoll wie die Logik, mit der El Topo die Meister aufspüren will. Die Wüste ist ein Kreis, und so hat er völlig recht: Wer sich spiralförmig zum Zentrum vorarbeitet, der kann sein Ziel unmöglich verfehlen.

Im Grunde erzählt der Film die Geschichte zweier Kreuzzüge, wobei sich der religiöse Einschlag des Begriffs durch die allgegenwärtigen biblischen Bezüge und das über allem schwebende Streben nach Erleuchtung rechtfertigt. Zunächst begibt sich El Topo aus selbstsüchtigen Motiven auf einen todbringenden Kreuzzug, um die Liebe einer Frau zu gewinnen. Kann ja nicht gut gehen, sowas. Dank der Thematisierung von Geburt und Wiedergeburt liefert der Film dann aber quasi sein eigenes Sequel gleich mit, und im zweiten Abschnitt bricht El Topo erneut zu einer Mission auf; dieses Mal allerdings mit dem selbstlosen Ziel, den Ausgestoßenen die Freiheit zurückzugeben. Er selbst könnte die Höhle jederzeit für immer verlassen, stellt sein zweites Leben aber in den Dienst der eingeschlossenen Gesellschaft. Dennoch führt auch dieses Motiv nicht zum Guten, sondern bringt in der letztendlichen Konsequenz wiederum Tod und Verderben.

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot

Beide Teile der Geschichte lassen sich zum Sinnbild des Maulwurfs in Beziehung setzen, auch wenn dies erst in der zweiten Hälfte durch die Thematik des Tunnelbaus offen zu Tage tritt. Denn wie heißt es im Prolog? Der Maulwurf ist ein Tier, das auf der Suche nach der Sonne unter der Erde Tunnel gräbt, doch wenn er die Oberfläche erreicht, ist er von der Sonne geblendet. Und genau so ergeht es dem Volk der Krüppel nach ihrer Befreiung aus dem Inneren des Berges - aber eben auch El Topo selbst. Sowohl in seinem ersten wie auch in seinem zweiten Leben strebt er nach dem Erreichen eines Ziels, und beide Male bringt die Vollendung unabhängig von seiner Motivation statt der erhofften Erfüllung nur Verderben.

Erst in der eigenen Vernichtung verwirklicht er das, was ihm zuvor im ersten Leben durch die Morde (und nichts anderes sind die auf unfaire Art und Weise gewonnenen Duelle) nicht gelungen ist: Er wird selbst zum Meister, indem er die Lehren der Duellanten, insbesondere die seines vierten Gegners, verinnerlicht. Als die Dorfbewohner versuchen ihn zu erschießen, überwindet er genau wie Meister #1 die Macht der Kugeln, wie Meister #2 ist er erfüllt von der selbstlosen Liebe zu seiner Gefährtin, und wie Meister #4 findet er die Erlösung im endgültigen, weil selbstgewählten Tod. Sein Erbe: Er hinterlässt ein Kind und seinen nun erwachsenen Sohn - in der schwarzen Lederkluft des Desperados. Der Kreis ist geschlossen.

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot

Deutungsebenen für El Topo gibt es viele; egal ob biblisch, zyklisch, geometrisch, numerologisch oder tiefenpsychologisch. Was eine angesichts der Verwendung von Bibelmotiven (Zwischentitel, Johannes der Täufer, Moses, Passion Christi, Sodom & Gomorrha, etc.) naheliegende exklusiv-religiöse Interpretation angeht, möchte ich mal diplomatisch antworten: Können ja, müssen nein. Meiner Meinung nach greift Jodorowsky hier eher allgemein auf mystisch-religiöse Elemente zurück, bedient sich im Satzkasten der großen, bekannten Motive, um seine Geschichte zu erzählen. Schöpfung, Tod und Wiedergeburt/Auferstehung sind nicht nur Bestandteil des Christentums, sondern finden sich in den Erzählkreisen so ziemlich jeder Glaubensrichtung. In einem Interview bestätigte Jodorowsky eine zurückgenommenere Interpretation. El Topo beschreibe das Streben eines Mannes nach Heiligkeit, allerdings ohne ein spezielles Konzept von Gott; denn ein solches einheitliches Gotteskonzept gibt es seiner Ansicht nach nicht.

Aber keine Sorge, auch ganz ohne den Film einer großangelegten Deutung zu unterziehen, kann man sich allein von den Bildern berauschen lassen. Einer der seltenen Fälle, in denen dann die Form über den Inhalt siegt und dabei noch eine gute Figur macht. In El Topo ist nichts gekünstelt oder kalkuliert. Man kann Jodorowsky zu keinen Zeitpunkt vorwerfen, er habe seinen Film selbstzweckhaft bizarr inszenieren wollen, um nicht vorhandene Tiefe vorzutäuschen. Wer daran zweifeln sollte, der kann sich bspw. anhand einer ausführlichen Erörterung aller Szenen samt Hintergrundinfos im Buch "El Topo - A Book of the Film" eines besseren belehren lassen...

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot

So außergewöhnlich der Film, so ungewöhnlich die Umstände der Entstehung. Jodorowsky und sein Team haben sich in eine Art kreativen Rausch gesteigert (da es die späten 60er waren, wohl nicht nur unter dem Einfluss körpereigener Opiate) und den Film im Stil einer spirituellen Erfahrung inszeniert. So hatte Jodorowsky niemals zuvor auf einem Pferd gesessen, aber sobald die Kamera lief, lenkte er seinen Gaul mit einer der Figur des El Topo angemessenen Gelassenheit.

Arbeiten im Rausch meint in diesem Zusammenhang allerdings nicht, dass es kein Drehbuch gegeben hätte. Anders als bei Fando y Lis (1967), den er praktisch nur aus seiner Erinnerung an Arrabals Theaterstück drehte, gab es in diesem Fall durchaus ein in allen Einzelheiten ausformuliertes Skript. Jede Szene ist gewollt mit Symbolen überladen. Jede Zahl, die im Film vorkommt, ist bewusst gewählt. So liegen zu Beginn des Films im toten Dorf die Leichen von genau 100 Frauen in weißen (Braut-)Kleidern. Keine mehr, keine weniger. Diese Detailbesessenheit muss man natürlich wiederum im Zusammenhang mit der Symbolik deuten. Nehmen wir z.B. die vier Meister, bei denen die umgekehrte Gleichung gilt, je mächtiger sie sind, desto weniger besitzen sie. Der erste verfügt über einen gemauerten Turm und zwei Pistolen, der zweite über einen hölzernen Wagen und nur mehr eine Pistole. Der dritte Meister lebt unter einem Strohverschlag und hat nur noch eine Kugel im Lauf, während der mächtigste der Vier völlig unbewaffnet auf einem Stein in der Wüste sitzt. Alles garantiert kein Zufall.

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot

Spannend auch die Geschichte hinter der Frau, die El Topo in Versuchung führt. Die Darstellerin, die auch im wirklichen Leben Mara hieß, kam zu Jodorowsky nachdem exzessiver LSD-Konsum sie in die Psychiatrie gebracht hatte und war in entsprechend schlechter Verfassung, als er sie bei sich aufnahm. Sie lebte sechs Monate in der Wohnung, die Alejandro für seine Kinder gemietet hatte und aus irgendeinem Grund versprach er, einen Film mit ihr in der Hauptrolle zu drehen. Jodorowsky hielt Wort. Nachdem die Dreharbeiten abgeschlossen waren verschwand sie, und anscheinend ist bis heute nicht klar, ob sie den fertigen Film jemals gesehen hat.

Die zweite weibliche Hauptdarstellerin, die den weiblichen Desperado spielt, tauchte übrigens ebenfalls direkt nach der Fertigstellung unter. Jodorowsky hatte die Stewardess praktisch von der Stange weg engagiert: Sie war Tänzerin in einem Go-Go Club.

Zitat

Ich weiß nicht, ob El Topo gut ist oder nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Ich hatte das Glück, dass John Lennon den Film mochte. - Alejandro Jodorowsky.

Man mag das Wort "Kultfilm" ja kaum noch in den Mund neben, und selbst der Satz "das hier verdient jetzt wirklich mal das Prädikat Kult" dürfte mittlerweile schon genauso abgegriffen sein, wie der Begriff an sich, aber bei El Topo hat man es dann tatsächlich mit einem der ursprünglichsten Vertreter dieser seltenen Gattung zu tun. Visionär. Meinungsspaltend. Und eben einfach völlig anders.

Der Bedeutung des Beatles-Frontmanns für die Popularität des Films ist sicherlich enorm, allerdings ist er zumindest indirekt auch dafür mitverantwortlicht, dass es die letzten 30 Jahre und eigentlich bis heute immer noch schwierig ist, El Topo (und auch The Holy Mountain) zu sehen zu bekommen. Die Rolle John Lennons war dabei folgende: Aus Wertschätzung gegenüber dem Künstler Jodorowsky erzählte er den anlässlich der Premiere eines seiner Kurzfilme zahlreich versammelten Kritikern von El Topo und lud die Anwesenden ein, sich diesen seiner Ansicht nach absolut unglaublichen Film in einer anschließenden Mitternachtsvorstellung anzusehen. Die Werbung war ein voller Erfolg und Jodorowskys Film lief 7 Monate lang jede Nacht in eben jenem Kino.

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot

Jedoch war es auch John Lennon, der die unglückliche Verbindung zu jenem Mann herstellte, der bis heute die breite Veröffentlichung von Jodorowskys Filmen nach Kräften sabotiert: Allen Klein. Klein war zu dieser Zeit der Manager der Beatles und hatte eine Produktionsfirma namens ABKCO gegründet. Lennon überzeugte ihn, die Rechte an El Topo zu kaufen und Jodorowskys nächsten Film zu finanzieren. Leider lagen die Vorstellungen des Geldgebers Klein und des Künstlers Jodorowsky weit, weit auseinander. Während Klein einen zwar bildgewaltigen, aber inhaltlich herkömmlicheren Italowestern erwartete, drehte Jodorowsky mit The Holy Mountain einen Film, der den Vorgänger in seiner Abstraktheit noch um Längen überbot. Man überwarf sich, und in der Folge kam es zu einem solchen Hass zwischen den beiden, dass Klein jede Auswertung, sowohl von The Holy Mountain wie auch von El Topo untersagte. Und wo er sie rechtlich nicht untersagen konnte, sabotierte er die Verbreitung, in dem er die Filmkopien schlicht nicht mehr herausgab und seine Anwälte ins Rennen schickte. Jodorowsky äußerte immer wieder die Vermutung, sämtliche Original Negative beider Filme seien längst vernichtet - dem scheint aber wohl doch nicht so zu sein (siehe Review zu The Holy Mountain).

Wie die Rechtslage derzeit aussieht ist schwierig zu ergründen. Laut Jodorowsky liegen die Rechte nicht (mehr) bei Klein. Dennoch gestaltet sich die Publikation aus den genannten Gründen schwierig und die weltweiten Veröffentlichungen des Films kann man nach wie vor an einer Hand abzählen. Abgesehen von kurzzeitigen Videoveröffentlichungen in England, Frankreich und Deutschland sowie einer hinsichtlich der Nacktheit zensierten japanischen Laserdisc gab es bis vor wenigen Jahren keine Chance, El Topo zu Gesicht zu bekommen - die Stückzahl der Auflagen jeweils sehr begrenzt, die Preise entsprechend hoch.

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot

Besonderes Augenmerk sollte man hier auf die deutsche Veröffentlichung (VCL/Screentime) legen; denn abgesehen davon, dass unverständlicherweise im Schnitt einige kaum nachvollziehbare Änderungen vorgenommen wurden (Zwischentitel & Handlung), hat El Topo im Gegensatz zu England, Frankreich oder Japan hierzulande sogar eine kommerzielle Synchronisation bekommen. Verantwortlich für die Eindeutschung waren die Profis von Hermes Synchron, so dass das Ergebnis sich wirklich hören lassen kann. Titelheld El Topo wird bspw. von keinem geringeren als Klaus Kindler, der deutschen Stimme von Clint Eastwood gesprochen, dessen markanter Klang natürlich die Italowestern-Assoziation und speziell die Nähe zu Sergio Leone nochmals unterstreicht. Toll auch die Warnung auf dem Cover: "Dieser ungewöhnliche Film beinhaltet Exzesse, Anomalien und Brutalitäten, die wie ein Drogen-Trip in die Tiefe des Bewusstseins dringen." Holla!

Wie gesagt, einige Passagen fielen in der deutschen Fassung der Schere zum Opfer, so dass die Laufzeit im Endeffekt um einige Minuten differiert. Die zum Teil recht blutigen Duelle blieben davon allerdings unberührt und sorgten dann auch dafür, dass der Film auf der Liste jugendgefährdender Schriften landete. Stattdessen scheint irgendjemand sich vor allem an den verfremdeten Bilder des Maulwurfs und der grabenden Hände gestört zu haben; denn sowohl in Form der Zwischentitel wie auch in Vor- und Abspann wurden diese Graphiken entfernt. Da für die Eindeutschung der Credits einfach der Frame mit dem eingegrabenen Bild der Mutter eingefroren wurde, macht das beim Vorspann ja noch halbwegs Sinn, aber im Fall der Zwischentitel und des Abspanns erscheint es einfach nur überflüssig. Auffällig ist auch, dass im deutschen Vorspann nicht mehr Jodorowskys "Producciones Panic", sondern Kleins ABKCO als Produktionfirma angegeben wird (schludriger Weise wird Klein dort sogar "Alan" statt "Allen" genannt, und aus dem j in Alejandro wurde ein x). Dadurch erscheint die Rechtslage, unter der dieses Tape in Deutschland veröffentlicht wurde, noch undurchsichtiger, und mir ist bis heute nicht ganz klar, welchem glücklichen Umstand wir die Existenz dieser Kassette überhaupt zu verdanken haben.

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot

Anlass für Diskussionen unterschiedlichster Art liefern seit einigen Jahren Gerüchte um ein Sequel namens The Sons of El Topo/Los Hijos del Topo (aka Abelcain), insbesondere nach dem im Internet recht konkrete Artworkentwürfe zum Film aufgetaucht sind und immer wieder prominente & finanzkräftige Namen wie bspw. Schockrocker Marilyn Manson als in das Projekt involviert genannt werden. Dass es sich dabei um mehr als ein bloßes Gedankenspiel handelt, hat mittlerweile auch Jodorowsky selbst bestätigt. Während einer Podiumsdiskussion 2002 auf das Thema angesprochen, antwortete er mit der Gegenfrage "Warum nicht?" und stellte dann scherzhaft fest, dass Fortsetzungen ja prinzipiell keine schlechte Sache wären; schließlich sei Evil Dead 2 definitiv besser als Evil Dead 1 - und das aus dem Mund eines 74 Jahre alten Mannes!

Er erläuterte aber auch, dass es weniger um eine inhaltliche Fortsetzung des Films gehen würde, da The Sons of El Topo nicht mehr in einer Wildwest-Landschaft, sondern in der Zeit nach der atomaren Apokalypse spielen soll. Der namentliche Bezug sei lediglich ein probates Mittel, um amerikanische Investoren zu finden. Andererseits denke ich, sollte man sich darüber auch nicht zu viele Gedanken machen; denn genau genommen war das Original natürlich auch alles andere als ein waschechter Western mit Schauplatz Nordamerika, sondern wie der italienische Kritiker und Jodorowsky-Freund Monteleone es treffend formuliert hat, eher ein metaphysisches Abenteuer, das in der postapokalyptischen Wüste spielt. Womit die Brücke zu den geplanten Söhnen des Maulwurfs schon geschlagen wäre...

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot

Regisseur Jodorowsky wurde 1929 als Sohn russischer Einwanderer in Chile geboren. Seine Karriere als Künstler, Schauspieler und Regisseur startet er in Santiago, wo er beim Circus als Clown auftritt und sich während seiner Zeit an der Universität dem Theater zuwendet. 1955 zieht er nach Paris und studiert Pantomime, die in seinen Augen höchste Kunst des Schauspiels, weil der Darsteller sich nur noch auf seine eigene Klasse und nicht mehr auf die der für ihn geschriebenen Worte verlassen muss. Jodorowsky beherrscht diese Kunst zweifelsohne ziemlich gut; denn er arbeitete mit dem bekanntesten Meister des Ausdrucksschauspiels, Marcel Marceau, zusammen. Für ihn schrieb Jodorowsky u.a. die weltberühmte Pantomimen-Nummer "Der Käfig", von der wahrscheinlich jeder schon mal einen Ausschnitt in der Performance eines Straßenkünstlers gesehen hat. In Paris macht Jodorowsky auch seinen ersten Gehversuch im Medium Film, und zwar in Form der heute verschollenen Kurzfilmadaption Les Tetes interverties (1957) des Stücks "Die vertauschten Köpfe" von Thomas Mann, für die er bereits den großen Jean Cocteau (Orphée, Es war einmal) für ein Vorwort gewinnen konnte.

1962 gründete er zusammen mit seinen Künstlerfreunden Roland Topor (Fantastic Planet) und Fernando Arrabal (Viva la muerte, I Will Walk Like A Crazy Horse) in Anlehnung an Pan, den Gott des Chaos, das Panic Movement. In grenzüberschreitenden Performance-Darbietungen realisierten sie eine Form des Theaters, deren Anspruch es sein sollte, jeweils für sich einmalig und nicht wiederholbar zu sein. Somit wurden die sog. Panics zu einem Vorläufer des absoluten Freiheitsgedankens der sich Ende der 60er in Kunst und Jugendkultur ausbreitete.

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot

1967 gründet Jodorowsky seine eigene Produktionsfirma Producciones Panicas, um seinen ersten richtigen Film zu drehen. Mit Fando y Lis, einer eigenwilligen Adaption des gleichnamigen surrealistischen Theaterstücks von Arrabal, das er bereits Anfang der 60er auf der Bühne inszeniert hatte, sorgte er prompt für einen Skandal. Bei der Aufführung im Rahmen des Acapulco Film Fest kam es zu derartigen Ausschreitungen, dass Jodorowsky heimlich in einem Wagen vom Gelände geschmuggelt werden musste, um der Lynchjustiz des entrüsteten Publikum zu entkommen. Noch heute scherzt er darüber, dass man in damals in Mexico habe töten wollen und er nun bei Auftritten von mexikanischen Landesvertretern als Vorzeigekünstler präsentiert werde. Wie die Dinge sich doch ändern können.

1970/71 legte er mit El Topo den Grundstein für sein internationales Ansehen als außergewöhnlicher Filmemacher, dem zwei Jahre später als Produkt der bereits erwähnten unglücklichen Zusammenarbeit mit Allen Klein The Holy Mountain (1973) folgte. Wiederum zwei Jahre später initiierte Jodorowsky sein ehrgeizigstes Filmprojekt, das allerdings niemals Realität werden sollte: die Verfilmung von Frank Herberts Dune. Für das Projekt scharrte er Künstlergrößen wie Salvador Dali, Orson Welles, H.R. Giger, Dan O'Bannon, Jean "Moebius" Giraud und Pink Floyd um sich, um den ultimativen SciFi-Film zu drehen, scheiterte dann aber am Rückzug des Geldgebers Dino de Laurentiis vor Abschluss der Produktionsvorbereitungen. Der realisierte Dune dann 1983 mit David Lynch auf dem Regiestuhl. Ob man das Resultat nun wie Jodorowsky als eine Katastrophe ansieht oder nicht, ich für meinen Teil habe keinen Zweifel daran, dass seine Version die spannendere gewesen wäre. Ein Teil der Vorarbeiten von Giger und O'Bannon ging übrigens 4 Jahre später in ihre Arbeit an Ridley Scotts Alien (1979) ein und bewiesen so zumindest im Nachhinein die visuelle Kraft von Jodorowskys SciFi-Vision. Und viele Genre-Spezialisten attestieren dem gescheiterten Dune-Projekt einen entscheidenden Einfluss auf den modernen Science Fiction-Film.

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot

Die Probleme mit gescheiterten Finanzierungen setzten sich mit Tusk (1979) fort. Der als bildgewaltiger Kinderfilm geplante Streifen über die Freundschaft zwischen einem Mädchen und einem indischen Elefanten musste bspw. am Ende mit einer Handvoll statt der versprochenen Hundertschaften von Dickhäutern auskommen. In der Folge wandte sich Jodorowsky verstärkt der Comic-Kunst zu und arbeitete insbesondere mit Kultzeichner Moebius zusammen. Zu seinen bekanntesten Serien gehört L'Incal, in der er wiederum Elemente seines Dune-Projekts verarbeitete und die später in gewisser Weise als Quell der Inspiration für Luc Bessons The 5th Element diente.

Sein überraschendes Kino-Comeback feierte er Ende der 80er mit dem von Darios Bruder Claudio Argento produzierten Santa Sangre (1989), einem Film der den Stil Jodorowskys mit der für Argento typischen Giallo-Thematik zusammenbrachte. Das Ergebnis heimste überragende Kritiken ein und stellt bis heute das zugänglichste Werk des cineastischen Extremisten dar. Seinen bisher letzter Film drehte er ein Jahr später mit den Altstars Omar Sharif und Peter O'Toole, aber der Kinostart von The Rainbow Thief (1990) wurde ewig verschoben und schließlich landete er Direct-to-Video in den amerikanischen Videotheken.

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot

Nehmen wir uns aber auch ein bisschen Zeit für die übrigen Beteiligten. Sie haben es verdient. Und da Mexiko nicht unbedingt das größte Filmland der Welt ist, sah man sich naheliegenderweise in späteren Produktionen wieder oder kannten sich bereits von anderen Drehs.

So traf sich angefangen von Nebendarstellern über Kamera und Schnitt bis zur Musik ein großer Teil der Crewmitglieder 2 Jahre später am Set von The Mansion of Madness (La Mansión de la Locura, 1972) wieder. Darunter Bandito #6 René Alis und David Silva (Colonel) ebenso wie Komponist Nacho Méndez, der Jodorowskys Flötenmusik auf dem El Topo-Soundtrack ergänzte, und Kameramann Rafael Corkidi. Letzterer konnte aber erst ein weiteres Jahr später in The Holy Mountain so richtig zeigen, wie gut er sein Handwerk versteht.

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot

Zu den anderen Filmen, an denen mehrere Leutchen der El Topo-Crew beteiligt waren, gehören u.a. Alucarda (Agustin Isunza, David Silva) und Jodorowsky Frühwerk Fando y Lis (Pablo Leder, René Alis). Gerardo Cepeda drehte zuvor mit Mexiploitation-Spezi René Cardona Night of the Bloody Apes (La Horripilante bestia humana, 1968) und Horror-Monster schlagen zu (Las Luchadoras contra el robot asesino, 1969), in dem wiederum auch René Barrera, ein anderer der Schergen des Colonels in El Topo, auftrat. Ein weiteres Mal trafen sich die beiden am Set zu Vier gegen Tod und Teufel (High Risk, 1981). Julián de Meriche (der Priester) drehte ebenfalls mit René Cardona (Espectro del estrangulador, 1966) und sogar zwei Mal mit Schauspiellegende Boris Karloff in dessen "Spätwerken" Alien Terror (La Invasion Siniestro, 1968) und The Torture Zone (The Fear Chamber, 1969).

Im Gegensatz dazu traten weder Mara Lorenzio (Mara) noch ihr weiblicher Gegenpart Paula Romo (Schwarze Reiterin) in weiteren Filmen auf. Jacqueline Luis (El Topos kleinwüchsige Begleiterin) ist gerüchteweise für eine Rolle im ewig angekündigten Quasi-Sequel Los Hijos del Topo vorgesehen. Robert John, der hier den herangewachsenen Sohn El Topos spielt, durfte danach nur noch einmal in einer Hauptrolle in Erscheinung treten und zwar im unsäglichen Sex vor sechs Millionen Jahren (Creatures the World Forgot, 1971). Am Ende landete er in einem Sexfilmchen der Softcore-Schmiede Surrender Cinema. Was für ein Abstieg.

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot

Das Bandenmitglied mit dem beachtlichsten Werdegang dürfte wohl Alfonso Arau sein, der hier den Banditen mit dem Schuh-Fetisch spielt. So hat er bspw. eine Nebenrolle in Sam Peckinpahs seinerzeit umstrittenen Westernklassiker The Wild Bunch (1969). Später trat er auch in Filmen wie Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten (Romancing the Stone, 1984) und Drei Amigos (Three Amigos, 1986) auf. Erfolgreicher und bekannter wurde er aber vor allem als Regisseur und inszenierte bspw. mit Woody Allen und Sharon Stone Picking Up The Pieces (2000) oder fünf Jahre zuvor mit Anthonny Quinn und Keanu Reeves das Drama Dem Himmel so nah (A Walk in the Clouds, 1995), das sogar einen Golden Globe für den Soundtrack einheimsen konnte. Und apropos Globes: Nominiert in der Kategorie bester ausländischer Film war ebenfalls der von ihm gedrehte Bittersüße Schokolade (Como agua para chocolate, 1992), der dann aber im Vergleich mit Jane Campions Das Piano (1993) den Kürzeren zog. Im Zusammenhang mit Jodorowsky ist aber auch interessant, dass Arau zwischenzeitlich als Regisseur des Sequels zu El Topo im Gespräch war.

Die auch in El Topo schon recht beeindruckend ausstaffierten Bauten stammen von José Durán, und falls der nicht tatsächlich bloß ein Handwerker nach fremden Ideen gewesen sein sollte, ist es wirklich rätselhaft, wieso er lediglich hier und für The Holy Mountain engagiert wurde. Anders sieht es mit Gonzalo Gavira aus, dem Mann für die außergewöhnlichen Soundeffekte in beiden genannten Filmen. Dessen Talent erkannten zumindest die Macher von Der Exorzist (1979) und holten ihn für den Klassiker unter den Kinoschockern nach Hollywood.

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot

Der von Jodorowsky immer wieder für seine Geldbeschafferqualitäten gelobte Roberto Viskin (wofür sonst sollte man einen Produzenten schätzen?!) hatte bereits Fando y Lis (1967) betreut und agierte auch im folgenden The Holy Mountain (1973) als einer der Produzenten, wandte sich dann aber anderen Dingen zu. Zwischen den Filmen von Jodorowsky arbeitete er bspw. auch mit dem mexikanischen Filmemacher Juan López Moctezuma (Alucarda) für den bereits erwähnten schrägen Horrorstreifen The Mansion of Madness (La Mansión de la Locura, 1972) zusammen.

Aus Patricio Pereda, dem Kind, das beim Russischen Roulette in der Kirche stirbt, wurde zwar kein Schauspieler, aber er arbeitete lustigerweise später als Grip am Set von Blockbustern wie Romeo & Julia (1996), Titanic (1997) oder zuletzt Mann unter Feuer (Man on Fire, 2004).

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot

Raro Video präsentiert den Film im 1.33:1-Format in der ungeschnittene spanischen Fassung mit optionalen englischen und italienischen Untertiteln. Die Bildqualität (in beiden erhältlichen Versionen; s.u.) kann sich zwar ganz bestimmt nicht mit einer lupenreinen Veröffentlichung eines aktuellen Films messen, ist für einen Film mit einer solchen veröffentlichungsfeindlichen Unterschlagungsvergangenheit aber wirklich beeindruckend gut. Wenn man denn das berühmte Haar in der Suppe finden will, sind es minimale Helligkeitsschwankung, sehr vereinzelte Bilddefekte und hin und wieder auftauchende vertikale Streifen. Aber wie gesagt, wenn man bedenkt, mit welchem Film man es hier zu tun hat, sollte man drei Kreuze machen und sich einfach über die tolle Bildqualität freuen.

Als Bonusmaterial gibt es ein 10-minütiges Interview mit dem italienischen Kritiker und Jodorowsky-Buchautor Massimo Monteleone, das nicht wirklich in die Tiefe geht, aber zumindest ein paar interessante Punkte, den Film betreffend anreißt. Hinzu kommt eine in italienisch und spanisch vorliegende Antologica critica, wohinter sich 3 Texttafeln mit Ausschnitten aus dem Buch "El Topo: A Book of the Film by Alexandro Jodorowsky" verbergen. Da dieser längst vergriffene Out-of-Print-Text die wohl beste Informationsquelle für eine Deutung des Films ist (die einzige Alternative wäre wohl ein Audiokommentar von Jodorowsky persönlich!), sind die Informationen, so knapp sie auch sind, sehr aufschlussreich. Abschließend findet sich ebenfalls in Form zweisprachiger Texttafeln eine Biographie Jodorowskys auf knappen 3 Seiten sowie eine Übersicht über seine bisherigen Filme, die allerdings nur die Filme nennt, bei denen er Regie geführt hat (also schmale 7 Titel).

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot

Ein sehr schön gehaltenes und mit Musik aus dem Film unterlegtes Menü macht die DVD zu einer wirklich schönen Veröffentlichung, die man jedem Freund des ausgefallenen Kinos nicht ans Herz legen kann, sondern muss. Raro hat den Film sowohl einzeln als auch im Doppelpack mit The Holy Mountain herausgebracht, wobei das Bildmaterial für das Double-Feature noch einmal überarbeitet wurde. Aber wer nun die Einzel-DVD sein Eigen nennt, muss sich nicht wirklich ärgern - auch wenn die schicke Digi-Box einfach nur großartig ist und zudem mit einem extradicken Booklet kommt - denn wirklich riesig verändert hat sich die Qualität nicht. Die Nachbearbeitung bezieht sich vor allem auf die Reduzierung der vertikalen Balken, die aber auch schon in der ersten Veröffentlichung nicht wirklich das Sehvergnügen getrübt hat. Die Extras sind abgesehen vom optisch minimal veränderten Menü identisch. Die Liner Notes im Booklet enthalten übrigens in beiden Auflagen die Fehlinformation, dass angeblich nicht Claudio, sondern Dario Argento Santa Sangre produziert. Den Fehler hätte man in der 2ten Auflage ruhig korrigieren dürfen.

Mein kleines Fazit: Wer cineastische Herausforderungen liebt, der braucht nicht weiter zu suchen und wird in El Topo sicher einen wahren Freund finden. Wer allerdings angeheizt durch den legendären Ruf des Films als eine in jeder Hinsicht extreme Rarität einen herkömmlichen Unterhaltungsschocker erwartet, wird vermutlich bitter enttäuscht sein. Gesehen haben sollte man dieses einzigartige Stück Kinogeschichte aber auf jeden Fall!

El Topo - ScreenshotEl Topo - Screenshot
Autor: Frank Meyer
Film online seit: 18.03.2005
Letzte Textänderung: 03.08.2006

Leser-Kommentare

22.08.2005, 21:16:34 Oli

Hallo Frank,

Ich selbst habe El Topo noch nicht gesehen (was ich aber bald nachholen werde). Was ich aber hier an Bildern gesehen habe erinnert mich sehr stark an Sergei Eisensteins "Que Viva Mexico". Vor allem die Bildkompositionen. Obwohl der Film nie beendet wurde, ist er nun in Amerika auf DVD erhältlich. Unbedingt ansehen!

(Hier gibt es Infos und Bilder: http://www.quevivamexico.com/)

19.06.2005, 16:48:03 Gast ( Email schreiben )

Danke für die ausführliche Kritik. Ich fand sie sehr informativ. Hinzuzufügen wäre, dass der Musiker Buckethead http://www.bucketheadland.com einige Textsequenzen der englischen Version von El Topo auf seinem Album Cobra Strike 2 http://www.tdrsmusic.com verwendet hat. Ähnlich wie beim Film handelt es sich bei der CD nicht um einen Massenartikel, ist aber sehr empfehlenswert wie alles von Buckethead. Mehr auch bei bt.etree.org und www.dimeadozen.org sowie www.bingeandgrab.com Buckethead hat sich ausser von El Topo auch durch andere Filme inspirieren lassen, insbes. Texas Chain Saw Massacre und andere Horror-Filme. Beiträge mit Filmmusik gibt's auch, teilweise kommerziell recht erfolgreiche, ausführlich dazu auf den angegebenen WebSites.

29.03.2005, 06:04:04 Dune

"Der realisierte Dune dann 1983 mit David Lynch auf dem Regiestuhl. Ob man das Resultat nun wie Jodorowsky als eine Katastrophe ansieht oder nicht, ich für meinen Teil habe keinen Zweifel daran, dass seine Version die spannendere gewesen wäre."
"Und viele Genre-Spezialisten attestieren dem gescheiterten Dune-Projekt einen entscheidenden Einfluss auf den modernen Science Fiction-Film."

Dem kann ich in keinster Weise zustimmen. Teils wegen Unstimmigkeit, teils als Fan des Dune-Universums. Man kann froh sein dass Alejandro Jodorowsky die Mittel für Dune gestrichen wurden, denn er hätte mit an 100% grenzender Wahrscheinlichkeit das Meisterwerk von Frank Herbert ins absolute Abseits gestellt.
Das zweite angeführte Zitat des Autors dieses Reviews ist so in der Form falsch. Es stimmt, dass Dune "einen entscheidenden Einfluss auf den modernen Science Fiction-Film" hat, doch dieses Projekt im selben Satz als ein gescheitertes Projekt zu nennen ist erstens ein Widerspruch und zweitens unwahr. Man muss den Erfolg und Misserfolg nur zeitlich richtig einordnen. So kann man zwar behaupten, dass der Film damals bei Erscheinen nur wenig Anklang gefunden hat, jedoch ist der Film wie das dazugehörige Buch ein verkanntes, spät entdecktes hoch anspruchsvolles Werk. Das Buch muss hierbei ganz klar als Meisterwerk bezeichnet werden. Zu belegen ist dies in einer Hinsicht klar an den (erst sehr späten) hohen Verkaufszahlen. Auch wird Herberts Werk nicht unauffällig häufig in Zusammenhang mit Kritiken zu Sci-Fi Titel erwähnt. Ergo ist im großem Maße Frank Herbert der vom Preview-Autor gennante "Einfluss auf den modernen Science Fiction-Film" zuzuschreiben.

Meine, ich betone SUBJEKTIVE, kurze Bewertung zu El Topo:
El Topo zeigt in hoch perverser Form wie man philosophische Aspekte und biblische Elemente hochgradig "misshandeln" und (miss)-interpretieren kann.
So gehört dieser Film eher in die Kategorie "abschreckende Beispiele" "Keine macht den Drogen"-Werbefilm.
Sehr wohl verlangt der Film die Aufmerksamkeit des Zuschauers, macht es ihm aber nicht leicht und nicht wirklich schmackhaft. So ist Leben ist in diesem Film nicht viel wert. Wenn es eine Rangliste mit "Leichen-, Kadaveranzahl pro Film-Minute" geben würde, dann ist dieser Film sicher auf den obersten Plätzen zu finden. Das ist auch der eigentliche Kritikpunkt an dem Film. Manchmal ist weniger mehr und nicht immer hilft viel auch viel... Für meinen Geschmack ging es der Regie doch auch stark um die Skandalwirkung. Ist sie es nicht, die häufig die Massen anlockt, obwohl das gezeigte / beschriebene gesellschaftlich verpönt ist?
Manchmal geht dies schief, genau dann, wenn man sich zu weit aus dem Fenster wagt und das Publikum regelrecht mit visueller Abartigkeit erschlägt. Oder man wählt einfach nur die "falsche Sprache" für das, was man darstellen möchte. In dem Fall ist es meißt unmöglich ein geeignetes mittleres bis breites Publikum zu finden, wenn man überhaupt einen kleinen Kreis, der sich dafür begeistert. Wenn das aber auch noch tatsächlich so gewollt ist, wie man dem vierten Absatz des Reviews entnehmen kann, dann muss man sich nach dem Sinn fragen.

Die Kulissen, insgesamt die Settings, die Bauwerke in Verbindung mit den gezeigten Landschaften sind sehr gut gelungen.

Müsste ich den Film eine Wertung in Form von Sternen geben, wobei 5 "ausgezeichnet" bedeuten und 0 "schade um den Filmdatenträger", so würde ich hier einen knappen Stern vergeben.

Antwort von Frank Meyer:
Was den Vorwurf des falschen Zitats betrifft: Der Begriff "gescheitertes Dune-Projekt" bezieht sich speziell auf Jodorowskys Dune. Da der Film letzendlich nun mal nicht gedreht wurde, ist es sehr wohl legitim von einem gescheiterten Projekt zu sprechen. Dass Jodorowskys Dune (unabhängig der unbestreitbaren Verdienste von Herbert & Lynch, die hier nie zur Debatte standen) bspw. durch die Weiterverwendung von Gigers Entwürfen trotzdem seine Spuren im SciFi hinterlassen hat, steht dazu sicher auch nicht im Widerspruch.

Falls ansonsten nicht nur die vermeintlich verletzte Fan-Seele zum Gegenschlag ausgeholt haben sollte, noch mal ein paar Anmerkungen zu Deiner Kritik: Deine subjektive Meinung in allen Ehren, aber El Topo ist weder das cineastische Blutbad, das Du hier ausmalst, noch würde der Film in irgendeiner "Kadaver-Statistik" oben mitmischen. Dir gefällt der Film nicht? Ok. Wer allerdings gleich mit Begriffen wie "hoch pervers" oder "visueller Abartigkeit" um sich wirft, der sollte sich vielleicht doch mal fragen, wo die Grenze zwischen subjektiver & geschmackloser Kritik liegt. Und nur mal nebenbei bemerkt, so etwas wie eine Fehlinterpretation philosophischer Aspekte (?!) könnte es nur dann geben, wenn es auch eine "richtige" Interpretation gäbe. Dass sich die Philosophie mit absoluten Wahrheiten allerdings bekanntermaßen schwer tut, ist mindestens so sicher, wie die Tatsache, dass Jodorowsky sich hier ganz bestimmt nicht wie Du behauptest an einer (Um-)deutung der Bibel versucht hat.

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