• | Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe |
• | Bird with the Glass Feathers |
• | The Gallery Murders |
• | Phantom of Terror |
• | Point of Terror |
(Ein Review von Carsten Henkelmann)
Der amerikanische Schriftsteller Sam Dalmas (Tony Musante) wird während seines Aufenthaltes in Italien zufällig Zeuge eines versuchten Mordes in einer Kunstgalerie. Er kann der Polizei zwar keine Hinweise zur Ergreifung des Täters liefern, aber sie immerhin soweit überzeugen, dass sie ihn nicht für den möglichen Täter halten. Inspektor Morosini (Enrico Maria Salerno) läßt ihm sogar die Freiheiten auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen, solange Sam in Italien bleibt. Wäre die Tat erfolgreich gewesen, so hätte es sich bei dem Opfer um das vierte eines Serienmörders gehandelt, der gerade die Stadt verunsichert. Sam spricht mit Angehörigen der ersten Opfer und kommt dem Mörder Schritt für Schritt näher. Das bemerkt auch der Killer, denn schon bald muss Sam um sein eigenes Leben fürchten...
The Bird with the Crystal Plumage, hierzulande wohl besser bekannt als Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe, stellt in der Filmwelt der Giallos etwas besonderes dar. Schließlich ist dies das Regiedebüt von Dario Argento, der von da an mit weiteren Giallos und Horrorfilmen sehr bekannt werden sollte und auch noch heute in den Genres aktiv ist. Der Film besitzt so ziemlich alle Trademarks die man aus dem Giallo-Genre und auch aus Argentos Filmen kennt. Der Mörder bleibt bis zum Schluß unbekannt, er kleidet sich mit den obligatorischen schwarzen Lederhandschuhen und sucht sich vornehmlich hübsche weibliche Opfer, die, wenn es das Drehbuch verlangt, auch schon mal knapp bekleidet sein können. Dazu kommt noch Argentos ureigener Stil, der sich in den durchgestylten Sets und Kameraeinstellungen bemerkbar macht.
In diesem Film legte er schon mal die Grundsteine für alle nachfolgenden Filme. Eine eigentlich unbehelligte Person wird durch Zufall in einen Mordfall hineingezogen und muss größtenteils auf eigene Faust ermitteln, weil die Polizei alleine gar nicht weiterkommt. In Bird with the Crystal Plumage ist es ein Schriftsteller, in Il Gatto a nove code (Cat O' Nine Tails, Die neunschwänzige Katze) ein blinder Rentner, in Profondo Rosso (Deep Red, Rosso - Die Farbe des Todes) ein Musiker. Dies verbindet er mit künsterlischen und stilisierten Ideen, als da wären die Point-of-View Aufnahmen aus der Sicht des Killers, die helle und kalte Kunstgalerie, in der der versuchte Mord geschieht usw. Argento wurde in den ersten Kritiken zu dem Film und auch später gerne als der Hitchcock Italiens genannt. Zwar lehnt er dies stets kategorisch ab, aber gewisse Parallelen sind trotzdem vorhanden. So versetzte Hitchcock auch stets gerne völlig harmlose Personen in gefährliche Situationen und setzte auch die Point-of-View Kameraeinstellungen gerne ein.
Das sein Debüt trotzdem handwerklich noch nicht so ausgereift ist wie seine späteren Meisterwerke dürfte klar sein. Im Gegensatz zu seinen anderen Filmen fließt hier sogar noch ein wenig Humor hinein, wie z.B. die Gegenüberstellung mit möglichen Tätern ("Ursula Andress belongs to the transvestites, not the perverts") oder Mario Adorfs Kurzauftritt als schrulliger Künstler, der Katzen nicht unbedingt als Haustiere sieht. Eine weitere Parallele zu Hitchcock, der mit vorliebe gerne etwas Humor in seine Filme einbaute. Allerdings kann der Film leider nicht über die komplette Laufzeit die Spannung aufrecht erhalten, so ein paar Längen schleichen sich schon ein. Ein weiteres Problem dürfte auch die Darstellung des Sam Dalmas von Tony Musante sein. Musante wurde Argento von den Produzenten aufgezwungen, er selber wollte ihn gar nicht für den Film haben, im Gegensatz zu Suzy Kendall, die seine erste Wahl darstellte. Musante wirkt in seiner Rolle manchmal ein wenig hölzern und gibt dem Charakter ein paar Facetten, die seine Handlungen nicht ganz nachvollziehbar machen. Musante und Argento verstanden sich gar nicht und Musante zeigte sich häufig nicht einverstanden mit bestimmten Szenen.
Der Film basiert sehr lose auf dem Roman "The Screaming Mimi" von Frederic Brown, der bereits 1958 von Gerd Oswald unter diesem Namen verfilmt wurde (deutscher Titel: Die blonde Venus). Da sich Argento aber nicht die offiziellen Rechte an der Verfilmung leisten konnte, nahm er sich nur einige Grundideen aus dem Roman und verfasste sein eigenes Drehbuch. Eine deutsche Gesellschaft beteiligte sich an der Produktion und schielte auf eine Vermarktung des Filmes unter dem Edgar Wallace Namen, waren allerdings etwas entsetzt als sie dann Argentos Werk bewundern durften, das um einiges drastischer ausfiel als alle vorherigen deutschen Wallace-Verfilmungen. Der große Erfolg in Italien ließ sie aber schnell verstummen. Ganz im Gegenteil, durch den Erfolg waren sie sogar sehr an einem Nachfolgefilm interessiert, der dann schließlich ein Jahr später mit Il Gatto a nove code folgte. Zusammen mit dem darauf folgenden 4 mosche di velluto grigio (Four Flies on Green Velvet, Vier Fliegen auf grauem Samt) bilden seine ersten drei Filme eine lose Trilogie, da in allen Titeln der Film ein Tier genannt wird. Inhaltlich haben sie aber nichts miteinander zu tun.
Tony Musante kommt ursprünglich aus den USA. Seine ersten Schritte vollzog er noch fürs Fernsehen, bevor er im Italo-Western Il Mercenario (Die gefürchteten Zwei) auch auf dem europäischen Kontinent gecastet wurde. Später tauchte er dann in weiteren TV-Serien und -Filmen auf, sowie Genreproduktionen wie Damiano Damianis Geiseldrama Goodbye e amen (Goodbye und Amen). Suzy Kendall wird dem Giallo-Fan sicherlich aus Sergio Martinos I corpi presentano tracce di violenza carnale (Torso) oder dem eher unbekannteren Nonnenfilm Storia di una monaca di clausura (Der Nonnenspiegel) bekannt sein. Ihre Filmkarriere war leider recht kurz, bereits 1977 kehrte sie der Industrie dem Rücken zu. Umberto Raho, der hier den Galeriebesitzer spielt, taucht in Argentos Nachfolgewerk Il Gatto a nove code einmal kurz in einer Szene auf, in der er der Hauptperson einen entscheidenden Hinweis gibt. Der deutsche Werner Peters, bekannt aus deutschen Krimis und den Dr. Mabuse Filmen, hat hier noch einen Kurzauftritt als schwuler Antiquitätenhändler.
Die US-DVD kommt von VCI Entertainment. Auch wenn man insgesamt mit der Bildqualität noch zufrieden sein kann, so hat die Scheibe doch ihre deutlichen Schwächen. 99% des Transfers sind von dem gleichen Ursprungsmaterial gemastert worden. Viele Defekte des Materials wurden nicht digital entfernt, so dass ständig irgendwelche kleinen Schmutzpartikel oder kleine Beschädigungen zu sehen sind. Zwar ist das Bild recht rauscharm, was aber leider auf Kosten der Schärfe geht. Außerdem machen sich auch leider leichte Bewegungsunschärfen bemerkbar. Dagegen ist die Kompression ganz okay, wenn man mal von der Blockbildung in der ohnehin problematischen Nebelsequenz zu Beginn des Filmes absieht. Zwei kurze Szenen fallen allerdings in der Bildqualität deutlich ab. Und zwar handelt es sich dabei um die Szenen, die sonst aus vielen Fassungen des Filmes herausgekürzt wurden. Die erste dieser Szenen taucht ca. bei Zeitindex 32:10 auf, als der Mörder seinem weiblichen Opfer die Unterwäsche vom Leibe reißt, und bei 51:18, wenn die letzte Einstellung des blutenden Opfers gezeigt wird. Die Szenen wirken wie aus einer VHS-Quelle gezogen. Sie haben eine völlig unzureichende Schärfe und sind sehr dunkel. An Tonformaten gibt es nur die englische Synchronisation, die allerdings einen Dolby Surround Remix spendiert bekommen hat. Als Fazit kann man sagen, dass die VCI DVD zwar keine Qualität bietet wie man es von Anchor Bay oder Blue Underground kennt, aber solange es keine ernsthaften Alternativen gibt, kann (muss) man mit ihr leben.
Das Bonusmaterial ist leider auch nicht recht umfangreich hat aber ein echtes Highlight zu bieten. Neben dem Trailer (nicht anamorph) gibt es noch Biographien von Tony Masante, Suzy Kendall und Dario Argento und einen Hinweis auf die Dark Dreams Webseite. Der letzte Punkt ist allerdings auch der interessanteste, denn dort verbirgt sich der komplette Soundtrack des Films. Die 11 Stücke kann man entweder sich komplett durchhören oder auch einzeln anwählen. Eine sehr nette Dreingabe, so spart man sich den Kauf der Soundtrack-CD oder LP.
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01.10.2004, 17:38:05 Lars Hellmann ( )
Diese erste Übung Argentos in dem Genre des ?Giallo?, in dem es um Kriminalfälle geht, gibt die Linie des Regisseurs schon vor ? genüßlich werden die Bedrohungen ausgemalt, effektvoll mit Musik arrangiert und uns ästhetisiert und mit raffinierten Kameratricks serviert ? Mord als Kunst. Und die Kunst ist tödlich (wie z.B. in TENEBRAE): Für Sam wird am Ende eine von Monicas überdimensionalen Skulpturen fast zur Todesfalle.