Film Daten

Titel:
Leichen pflastern seinen Weg
Originaltitel:
Grande Silenzio, Il
Land & Jahr:
Italien / Frankreich 1968
Laufzeit ca.: ?
100 Min.
Regie:
Sergio Corbucci
Darsteller:
Jean-Louis Trintignant
Klaus Kinski
Frank Wolff
Luigi Pistilli
Vonetta McGee
Mario Brega
Ralf Baldassarre
Marisa Merlini
Spartaco Conversi
Maria Mizar
Mirella Pamphili
Marisa Sally
Bruno Corazzari
Alternativtitel:
• The Big Silence
• The Great Silence
• Le Grande Silence
Weitere Infos:
IMDB  OFDB

DVD Daten

DVD Cover - Kinowelt
Label:
Kinowelt
Regionalcode / Norm:
2 / PAL
Bild / Zeit:
1.66:1 / k.A.
Sprachen/Ton:
Deutsch - DD 1.0
Italienisch - DD 1.0
Untertitel:
Deutsch
Extras:
  • Interview mit Klaus Kinski
  • Alternativende
  • Kinotrailer
  • Trailer: Bis zum letzten Mann
  • Trailer: Der Teufelshauptmann
  • Trailer: Rio Grande
  • Trailer: High Noon
  • Trailer: Der Schatz im Silbersee
  • Trailer: Winnetou 1-3

Leichen pflastern seinen Weg

(Ein Review von Carsten Henkelmann)

Der stumme Silence (Jean-Louis Trintignant) ist ein geschickter Revolverheld, der sich für die Armen und Schwachen einsetzt. Sein Weg führt ihn nach Snow Hill, wo Pauline (Vonetta McGee) ihn bittet, ihren Mann zu rächen. Der wurde von dem Kopfgeldjäger Trigrero (Klaus Kinski) erschossen, der zu der Sorte Banditen gehört, die unter dem Deckmantel der Legalität Menschen erschießen, um das auf sie ausgesetzte Kopfgeld zu kassieren. Paulines Mann wurde aber nicht nur wegen der Belohnung erschossen. Dahinter steckt auch der schmierige Ladenbesitzer und Finanzverwalter von Snow Hill, Pollicut (Luigi Pistilli), der Pauline gerne für sich haben will.

Leichen pflastern seinen Weg - ScreenshotLeichen pflastern seinen Weg - Screenshot

Ebenfalls nach Snow Hill reist Sheriff Burnett (Frank Wolff), der extra dorthin versetzt wurde, um der Kopfgeldjagd Einhalt zu gebieten. Trigero hat unterdessen noch weitere Kopfjäger nach Snow Hill gerufen, weil in den umliegenden Bergen mehrere Vogelfreie leben, auf denen alle eine Belohnung ausgesetzt ist. Da taucht auch schon Silence auf und prügelt sich zuerst mit Trigrero und erschießt schließlich die anderen in Notwehr. Dabei wird er aber verletzt und von Pauline gepflegt. Burnett nimmt Trigrero fest und will ihn in eine andere Stadt bringen, damit ihn nicht weitere Kollegen aus dem Gefängnis befreien. Den Leuten von Snow Hill ordnet er an, einen Wagen mit Lebensmitteln vor die Stadt zu bringen, damit sich die Vogelfreien satt essen können und keine weiteren Überfälle mehr unternehmen. Auf dem Weg in die andere Stadt gelingt es Trigrero aber den Sheriff zu überwältigen, holt sich weitere Kopfjäger zur Hilfe und gemeinsam reiten sie zurück nach Snow Hill um Silence und die Vogelfreien zu töten...

Sergio Corbucci, nach Sergio Leone der bekannteste Western-Regisseur Italiens, führte mit Il Grande Silenzio, bzw. Leichen pflastern seinen Weg, seinen mit Django eingeschlagenen Weg des wortkargen Revolverhelden fort, dessen Hauptantrieb die Rache ist. Zwar ist es hier mehr die Rache anderer, aber auch Silence hat ein paar persönliche Beweggründe in Snow Hill mal aufzuräumen. Denn dort lebt auch eine Person, mit der er früher schon aneinandergeraten ist. Aber im Gegensatz zu Django, der nur aus rein persönlichen Motiven handelte, ist Silence jemand, der nicht nur grundsätzlich nur an sich denkt und für Geld arbeitet, sondern den Armen auch schon mal umsonst hilft.

Leichen pflastern seinen Weg - ScreenshotLeichen pflastern seinen Weg - Screenshot

Diesmal spielt sich die Handlung aber nicht in einem heruntergekommen Ort ab, sondern in der Isolation einer kleinen Stadt in den Bergen, die durch heftige Schneefälle nur schwer zugänglich geworden ist. In diesem Mikrokosmos erlebt man die volle Palette an menschlichen Emotionen und Niederträchtigkeiten. Sheriff Burnett und Silence, die beide von außerhalb in die Gemeinschaft gelangen, wirken da schon fast wie Fremdkörper. Beide sind von höheren Zielen geleitet, während sich die Menschen innerhalb des Ortes größtenteils gegeneinander arbeiten. Burnett und Silence hingegen wollen sowas wie Ordnung in das Leben bringen. Der eine durch die ihm zugeteilte Gesetzesmacht, der andere dadurch, dass er die Taten ausführt, zu denen die nicht fähig sind, die ihn um Hilfe bitten. Er erscheint zwar wie ein kaltblütiger Killer, aber er tritt nie mit dem Gesetz in Konflikt, denn seine Taktik ist es, seinen Gegner soweit zu reizen bis der zieht und ihn dann aus Notwehr erschiessen zu können.

Zitat

Was ist das für eine verrückte Zeit? Ein Schwarzer ist doppelt so viel wert wie ein Weißer...

Corbucci stellt dabei die Menschheit im Niedergang dar. Menschen werden für Geld erschossen, eine gar abgrundtief verachtenswerte Form der Jagd. Auch wenn es heißt "tot oder lebendig", so machen sich die Kopfjäger gar nicht erst die Arbeit und versuchen die Leute gefangen zu nehmen. Ohne viele Worte werden die gleich über den Haufen geschossen und bis zum Abtransport im kalten Schnee tiefgefroren, damit man sie die auch Tage später noch identifizieren kann. Trigrero (oder Loco in der deutschen Synchronisation) behandelt seine Opfer wie Tiere. Erst läßt er sie tagelang im Schnee liegen, dann werden sie auf dem Dach der Postkutsche nach Shnow Hill transportiert. Der trauernden Witwe Pauline gibt er sogar den Befehl ihren Mann nicht zu begraben, damit er ihn später abholen und das Kopfgeld kassieren kann. Der Mensch, herabgestuft als reine Fleischware.

Leichen pflastern seinen Weg - ScreenshotLeichen pflastern seinen Weg - Screenshot

Leichen pflastern seinen Weg unterscheidet sich von den typischen Italowestern in vielerlei Hinsicht. Als erstes wäre hier der ungewöhnliche Schauplatz einer Stadt in den Bergen, die von Schneemassen eingekesselt ist. Hier handelt es sich also mal nicht um eine Stadt an der mexikanischen Grenze in der die Sonne unbarmherzig glüht und die Helden schwitzen. Stattdessen hat der Sheriff schon mal mit einem zugefroreren Gewehr zu kämpfen und alle laufen in dicker Kleidung durch die Gegend. Durch die schneebedeckten Berge sind aber Kameramann Silvano Ippoliti einige schöne Bilder gelungen, die in diesem Genre wohl einzigartig sein dürften. Auch der Held Silence ist ein eher untypischer Vertreter seiner Zunft. Durch seine Notwehrtaktik gibt er seinen Taten einen guten Deckmantel und schießt die Leute nicht mal eben so die Lichter aus. Außerdem wird dem Zuschauer schon ziemlich schnell klar, dass die eigentlich auf der Seite des Gesetzes stehenden Kopfjäger die Bösen, und die Gejagten die Guten sind, die nur aufgrund ihrer Lage zu Überfällen gezwungen sind um zu überleben.

Dieser Western ist ein durch und durch ernsthafter Western. Selbst die zaghaften Versuche der deutschen Synchro, dem Film mit einen leichten Hauch von Humor zu versehen, können nichts daran ändern. Corbucci hat alles sehr konsequent umgesetzt und damit den Western zu einem der besten seiner Art gemacht, der mindestens auf der gleich Stufe wie das frühere Meisterwerk Django steht. Die Idee zu dem stummen Titelhelden Silence entstand eigentlich aus dem Fakt, dass Hauptdarsteller Jean-Louis Trintignant kein Wort Englisch sprach, was für eine internationale Auswertung des Films aber unumgänglich war. Trintignant spielt aber fabulös den stummen Titelhelden, dem als Kind die Kehle durchgeschnitten wurde, damit er nichts über den Mord an seinen Eltern weitererzählen kann. Kräftig unterstützt wird der Film dann noch von der wundervollen Musik von Ennio Morricone.

Leichen pflastern seinen Weg - ScreenshotLeichen pflastern seinen Weg - Screenshot

Sergio Corbucci begann dann nach Leichen pflastern seinen Weg mit Il Mercenario (Die gefürchteten Zwei) mehr politische Aspekte in seine Western einfließen zu lassen. Dem folgte noch der ebenfalls empfehlenswerte Vamos a matar, compañeros! (Zwei Compañeros), bis er sich Mitte der 70er Jahre langsam wieder anderen Genres zuwandte. Kameramann Silvano Ippoliti blieb den italienischem Genrekino treu und fing unter anderem die Filme Salon Kitty, L' Umanoide (Kampf um die 5. Galaxis) und diverse Bud Spencer Filme wie z. B. Piedone lo sbirro (Sie nannten ihn Plattfuß) oder Cane e gatto (Bud, der Ganovenschreck) ein.

Jean-Louis Trintignant begann seine Karriere 1956 mit Si tous les gars du monde (TKX antwortet nicht) und Roger Vadims Et Dieu... créa la femme (...und immer lockt das Weib), wo er mit Brigitte Bardot zusammengearbeitet hat und mit der ihm eine Affäre nachgesagt wurde. Bis heute hat er in unzähligen Filmen aus Frankreich und Italien mitgespielt, auch wenn er seinen Schwerpunkt in der Zwischenzeit mehr aufs Theater verlegt hat. Zu Klaus Kinski muss ich ja eigentlich nicht mehr viel schreiben, oder? Sein Spiel als Kopfgeldjäger Trigrero ist phänomenal und sticht dabei fast alle anderen im Film aus. Der deutsche Charakterdarsteller, der vor allem durch seine Film mit Werner Herzog international bekannt wurde (Aguirre - Der Zorn Gottes, Fitzcarraldo), und in den deutschen Edgar Wallace Filmen stets höchst zwielichtige Personen spielte, war auch in Italowestern ein oft gesehenes Gesicht. Neben Leones Per qualche dollaro in più (Für ein paar Dollar mehr) trat er auch in Quien sabe? (Töte Amigo), L' uomo, l'orgoglio, la vendetta (Mit Django kam der Tod) oder Sono Sartana, il vostro becchino (Sartana - Töten war sein täglich Brot) auf.

Leichen pflastern seinen Weg - ScreenshotLeichen pflastern seinen Weg - Screenshot

Auch Frank Wolff war ein oft gesehener Gast in den italienischen Western. Er spielte im glorreichen C'era una volta il West (Spiel mir das Lied vom Tod) mit sowie in Dio perdona... Io no! (Gott vergibt... Django nie!). Daneben war er auch in anderen Produktionen wie Radley Metzgers Erotikstreifen The Lickerish Quartet oder dem Giallo Gli occhi freddi della paura (Cold Eyes of Fear) zu sehen. Luigi Pistilli begann seine Karriere gleich mit Per qualche dollaro in più (Für ein paar Dollar mehr), Il buono, il brutto, il cattivo (Zwei glorreiche Halunken) und Texas, addio (Django, der Rächer). Später arbeite er sogar für den Großmeister Mario Bava in Reazione a catena (Bay of Blood / Im Blutrausch des Satans). 1996 beendete er sein Leben durch Selbstmord, eine Tat die ihn irgendwie mit Frank Wolff verbindet, der sich bereits 1971 das Leben nahm.

Die deutsche DVD von Kinowelt präsentiert den Film mit einem sehr guten Transfer im Originalformat. Zwar lassen sich des öfteren Mal kleine Störpartikel ausmachen, aber das hält sich noch in Grenzen. Insgesamt ist das Bild gut restauriert worden, aber leider nicht im anamorphen Format, was Besitzer eines 16:9 Fernsehers etwas verärgern dürfte. Nichtsdestotrotz sind die weiteren Belange was Kontrast, Schärfe und Farbe angeht zufriedenstellend. Neben der deutschen Synchronisation gibt es erfreulicherweise auch den italienischen Originalton dabei plus ausblendbare deutsche Untertitel. Sehr löblich! Schade, dass das nicht immer gemacht wird.

Leichen pflastern seinen Weg - ScreenshotLeichen pflastern seinen Weg - Screenshot

Das Bonusmaterial ist zwar nicht sehr umfangreich, aber dafür interessant. Als erstes muss das alternative Ende genannt werden, dass eigens für einige spezielle Länder gedreht wurde. Seltsamerweise ist das im Gegensatz zum Hauptfilm anamorph abgetastet worden. Ebenso der Trailer. Da frage ich mich doch, warum der Film selber nicht-anamorph drauf ist. Das Highlight des Bonusbereichs ist aber ein fast 9-minütiges Interview mit Klaus Kinski, dass damals in Bezug auf seine "Jesus Christus Erlöser" Tour geführt wurde. Zuerst ist er noch recht ruhig, steigert sich aber in eine gewisse Wut, bis er am Ende völlig durchdreht. Herrlich. Dann gibt es noch Trailer zu weiteren Western aus dem Kinowelt Programm.

Autor: Carsten Henkelmann
Film online seit: 30.03.2003
Letzte Textänderung: 03.08.2006

Leser-Kommentare

25.03.2006, 19:19:24 Christian

Ein toller Film und eine gute Kritik!
Das einzige, was fehlt ist der Zeitbezug!
Dieser wurde in der Wikipedia Kritik sehr gut dargestellt!
(schon verwunderlich wieviel Leute sich Gedanken über diesen Film selbst heute noch machen!)

22.02.2006, 12:49:42 uwe piske ( Email schreiben )

....Kinski at the Top !

Nach der Mitwirkung in vielen durchwachsenen Italo-Western , die häufig nur aufgrund seiner Darstellung sehenswert sind, spielt er hier in einem absoluten Meisterwerk, das zusammen mit Leones ´The Good, the Bad & the Ugly` sowie Robert Hosseins `Friedhof ohne Kreuze` die absolute Spitze des Genres darstellt....

(Nichts gegen Leones ´Spiel mir das Lied vom Tod`, Corbuccis `Django`, die ersten beiden Dollar-Western u. viele anderen ansprechende Leistungen - aber die kommen allesamt erst im Verfolgerfeld...)

17.06.2005, 23:59:07 Gerry

ich glaube ja eher, ihm wurden die stimmbänder, nicht die kehle durchgeschnitten, wäre sonst ein wenig ungesund... ;-)

ansonsten - absolut fantastischer film. diese trostlose winterszenerie hätte ich gerne noch öfters gesehen.

22.07.2004, 16:16:16 moviefreak ( Email schreiben )

Dieser Film ist neben Leones "C'era una volta il West" der beste Western den ich kenne. Vom Thema her vergleichbar mit Penn's "Missouri-Breaks" und Ciminos "Heavens Gate". Besonders hervorzuheben ist die Dramatik, die durch E.M.s Musik hervor gezaubert wird.

Dieser Film kann seinem ganzen Aufbau und seiner Dramaturgie zufolge nur dieses Ende haben. Ich glaube deshalb auch, daß dieses sogenannte Alternativ-Ende ein Spaß der Beteiligten nach Abschluß der Dreharbeiten, möglicherweise auch ein Seitenhieb auf Holywood und den US-amerikanischen Geschmack war. Man kann nicht 95 Minuten lang ein Drama machen und dann in einer Komödie enden. Ich kenne nicht den Geschmack des jap. Filmpublikums, aber das würde ich ihm doch nicht zutrauen. Zumal ich vor 3 Jahrzehnten "Barfuß durch die Hölle" gesehen hatte.

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